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Der Pistoleiro: Die wahre Geschichte eines Auftragsmörders

Der Pistoleiro: Die wahre Geschichte eines Auftragsmörders

Titel: Der Pistoleiro: Die wahre Geschichte eines Auftragsmörders
Autoren: Klester Cavalcanti
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Baumwipfel schienen. Da verspürte er ein heftiges Erschauern im Rückgrat, sein ganzer Körper erbebte, er packte die Hände der Freundin fest und stieß ein sonderbares Grunzen aus. Ritinha bewegte weiter kreisend ihre Hüften und hüpfte auf und ab. Dann bohrte sie ihre Nägel in seine Brust, bäumte sich auf, stieß einen langen Seufzer aus und fiel kraftlos über seinem Körper zusammen. Eng umschlungen lagen sie im schaukelnden Kanu und spürten den Windhauch aus dem Wald.
    Bald darauf sprang Ritinha in den Fluss, und Júlio folgte ihr. Sie alberten im lauen Gewässer herum, lachten und liebten sich noch einmal. Diesmal stand der Junge, seine Freundin legte die Beine um seine Hüften, die Arme um seinen Oberkörper. Es war noch herrlicher als das erste Mal, Júlio fühlte sich sicherer, und Ritinha schien es genauso zu gehen.
    Júlio ließ das Mädchen dort wieder an Land, wo er sie abgeholt hatte. Sie verabschiedeten sich mit einem langen Kuss und einer innigen Umarmung. Ich liebe sie, dachte er. Und er hatte zwar die Absicht, aber nicht den Mut, es ihr auch zu sagen. Seine Blicke folgten Ritinha bis zur Tür ihrer Hütte und sahen gerade noch, wie sie stehen blieb und ihm mit der rechten Hand auf Schulterhöhe zurückhaltend winkte, bevor er wegpaddelte. Er war so selig, dass er unermüdlich gegen die Strömung anpaddelte, bis er in nur einer Stunde bei seinem Dorf anlangte. Júlio würde Ritinha heiraten. Er würde für immer mit ihr zusammenbleiben. Er brannte darauf, es seinem Onkel zu erzählen.
    Drei Tage später war es endlich so weit. Am späten Nachmittag des 24. März 1972, einem heißen, schwülen Freitag, lag Júlio in der Hängematte und dachte an Ritinha, als er das Tuckern von Cíceros Motorboot hörte. »Der Onkel ist da!«, rief er, sprang aus der Hängematte und lief zu Cícero, der das Boot an einem Baumstamm am Ufer festband. Er schlug dem Onkel kräftig auf die Schultern.
    »Ich und Ritinha haben’s getan«, platzte er aufgeregt heraus.
    »Jetzt mal ganz ruhig, Junge, ich bin noch nicht einmal angekommen. Was ist passiert?« Cícero umarmte seinen Neffen.
    »Ich und Ritinha haben’s getan, Onkel. Du weißt schon. In dem Igarapé dort, in der Nähe von…«
    »Was, du hast Ritinha gevögelt? Na endlich, das wurde aber auch Zeit«, Cícero grinste breit.
    Júlio gefiel die derbe Art des Onkels nicht.
    »Rede bitte nicht so. Sie ist meine Freundin und ich werde sie heiraten.«
    »Darüber sprechen wir in zwei Jahren noch einmal.«
    »Aber wieso?«
    »So ist das, wenn man zum ersten Mal eine Frau hatte. Wart nur ab, es wird noch andere Frauen geben.«
    »Aber ich liebe Ritinha! Ich will sie sofort heiraten, ich muss nur noch mit ihrem Vater sprechen.«
    »Und was ist mit deinem Vater?«
    Der Junge blickte zu Boden. »Mit ihm spreche ich erst, wenn ihr Vater es abgesegnet hat. Und jetzt will ich dir unbedingt alles erzählen.«
    »Na gut. Aber später muss ich auch noch etwas mit dir besprechen.«
    Was Cícero mit Júlio zu besprechen hatte, sollte den Jungen bald ins Zentrum des größten bewaffneten Konflikts der jüngeren Geschichte Brasiliens katapultieren: den Guerillakrieg vom Araguaia.
    Vorerst aber erzählte Júlio alles, jedes Detail, an das er sich erinnern konnte, sogar davon, was das junge Mädchen an jenem Nachmittag angehabt hatte. Stolz zeigte er die Kratzer von Ritinhas Fingernägeln auf seinem Oberkörper.
    »Die ist aber verrucht«, sagte Cícero. »Ein ziemlicher Leckerbissen, nehm ich an.«
    »Onkel, du weißt, dass ich es nicht mag, wenn du so redest.«
    Endlich konnte Júlio das unvergessliche Erlebnis mit jemandem teilen, und so war er nach einer knappen Stunde immer noch nicht am Ende. Er hätte den ganzen Abend davon sprechen können, was er empfunden hatte, als er die nackte Ritinha in seinen Armen hielt: »Sie ist wunderschön, Onkel. Und sie hat keinen einzigen Makel.« Da rief Dona Marina zum Essen. Es war dunkel geworden, ohne dass Júlio oder Cícero es bemerkt hätten.
    Nachdem sie gebratenes Affenfleisch mit Reis gegessen hatten, gingen Júlio und Cícero zur Bootsanlegestelle am Flussufer zurück und setzten sich in den Sand.
    »Erinnerst du dich, was ich erzählte, als ich vor ungefähr sechs Monaten hier war?«, begann Cícero.
    »Wann, Onkel? Du kommst oft.«
    »Als ich Malaria hatte.«
    Cícero sprach vom August 1971. Augenblicklich erinnerte sich Júlio wieder daran, wie er den Fischer Amarelo getötet hatte. Er antwortete nicht, sondern stand auf, ging
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