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Der parfümierte Todeshauch

Der parfümierte Todeshauch

Titel: Der parfümierte Todeshauch
Autoren: Léo Malet
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nicht im Zusammenhang mit
dem Park.»
    «Mit dem Park?»
    Ich goß Cutty Sark nach. Das war nötig,
um all dieses unzusammenhängende Gerede zu ertragen. Wenn die schöne Janine
keine Wunde über der rechten Brust und kein Schießeisen in der Tasche gehabt
hätte, hätte ich sie schon längst rausgeschmissen.
    «Ja, mit dem Park», wiederholte sie. «Wir wohnen
auf dem Land, in Samois, am Rand des Forêt de Fontainebleau. Das Haus heißt
Villa Mogador. Ein weitläufiges Grundstück mit einem Park, den mein Patenonkel
vernachlässigt. Warum, weiß ich nicht. Paul hat ihm vorgeschlagen, den Park
nach seinem Geschmack zu gestalten. Ich glaube, nach vielem Hin und Her hat
mein Onkel schließlich eingewilligt, um Paul eine Chance zu geben...»
    «Nun, vielleicht hat gerade das ihn nervös
gemacht! Stellen Sie sich vor, plötzlich, in die Enge getrieben, fühlt er sich
der Sache nicht gewachsen...»
    Dieser Grillat mußte ein dreister Hochstapler
sein, ebensowenig dazu geeignet, die Nachfolge eines Lenôtre anzutreten, wie
ich die von Brigitte Bardot.
    «Paul ist der Sache sehr wohl gewachsen!»
widersprach Janine heftig. «Er hat meinem Patenonkel Pläne gezeigt, ich hab sie
mit eigenen Augen gesehen! Sie sind sehr hübsch. Unser Park wird der schönste
in der ganzen Gegend sein... wenn Paul damit anfängt.»
    «Und warum sollte er nicht damit anfangen?»
    «Aber das habe ich Ihnen doch soeben erzählt!
Seit Sonntag, nicht seit letzten Sonntag, sondern seit dem vorletzten, hat er
nichts mehr von sich hören lassen. Ich habe kein Lebenszeichen von ihm.»
    «Ach ja, das ist wahr...»
    Ich trank noch einen Schluck, klopfte meine
Pfeife aus und stopfte sie neu.
    «Und vorher, vor jenem vorletzten Sonntag, haben
Sie ihn täglich gesehen?»
    «Nein, und er hat auch nicht angerufen. Aber
wenn ich ihn treffen wollte, konnte ich ihn immer erreichen, entweder in einem
Café in Saint-Germain-des-Prés oder bei ihm zu Hause in der Rue de Rennes...
Ich komme gerade von ihm, die Concierge hat ihn seit mehreren Tagen nicht
gesehen.»
    «Ja, ja... Sagen Sie... Entschuldigen Sie meine
Direktheit... Paul und Sie waren so gut wie verlobt. Heutzutage hat das nicht
viel zu sagen. Hatten Sie sexuelle Beziehungen miteinander?»
    Sie wurde rot.
    «O nein, Monsieur!»
    «Aber hat er’s denn nicht mal versucht, so ein
ganz klein wenig?»
    Sie errötete noch mehr.
    «Doch, aber ich habe nicht nachgegeben.
Vielleicht ist das dumm von mir... ich... Oh, jetzt verstehe ich, worauf Sie
hinauswollen! Daß er mich verlassen hat wegen einer anderen, die leichter zu
haben ist, das denken Sie doch, oder?»
    «Mein Gott, diese Möglichkeit muß man in
Erwägung ziehen.»
    «Nun, ich ziehe so etwas nicht in Erwägung! Es
muß etwas anderes vorgefallen sein.»
    «Etwas anderes? Was denn, zum Beispiel?»
    «Keine Ahnung.»
    «Schön. Man verschwindet nicht einfach so, ohne
Grund. Wenn Sie wollen, können wir jetzt sofort nach Saint-Germain-des-Prés
fahren und versuchen, Ihren Paul aufzutreiben... oder wenigstens Gründe für
sein in Erfahrung zu bringen.»
    Sie nickte zustimmend. Ich fuhr fort:
    «Und nun wieder zu Ihnen: Sind Sie wegen Pauls
Verschwinden oder wegen der Sorgen Ihres Patenonkels zu mir gekommen?»
    «Wegen beidem», sagte sie. «Seit ungefähr einem
Monat oder anderthalb habe ich bemerkt, daß mein Onkel nicht mehr derselbe war.
Man könnte meinen, er habe Angst.»
    «Monsieur Buard ist Ihr Patenonkel, nicht wahr?
Und vor einem halben Jahr sind Sie aus Ihrem Internat in der Schweiz
zurückgekommen?»
    «Ja. Ich bin nach Frankreich zurückgekehrt, als
ich volljährig wurde.»
    «Manchmal kann man die Stimmung der Menschen,
mit denen man nicht ständig zusammenlebt, schlecht einschätzen, das wollte ich
damit sagen. Ihr Patenonkel ist vielleicht von Natur aus ängstlich, und Sie
haben das erst jetzt bemerkt.»
    «O nein, Monsieur!»
    «Trotzdem, Sie kennen ihn nicht so gut, wie Sie
zum Beispiel Ihren Vater und Ihre Mutter kennen.»
    Ein Schatten verdüsterte ihre Augen. Mit
ausdrucksloser Stimme sagte sie:
    «Mein Patenonkel ist gleichzeitig Vater und
Mutter für mich. Ich habe meinen Vater nie gekannt, und meine Mutter ist vor
mehreren Jahren bei einem Flugzeugunglück ums Leben gekommen. Monsieur Buard
hat sich um meine Erziehung gekümmert. Als ich fünfzehn war, hat er mich in
dieses Schweizer Internat gegeben. Ich verdanke meinem Onkel alles. Ich hatte
immer auf dem Land gelebt, und... Aber das interessiert Sie doch sicher
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