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Der Orksammler

Der Orksammler

Titel: Der Orksammler
Autoren: Jens Lossau , Jens Schumacher
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Lorgons Reich, und auch die Schlafenden starben, der eine früher, der andere später, als die Zeit ihre Körper einholte. Alle kamen um – bis auf Vomikron!« Mit in die Hüften gestemmten Fäusten baute sie sich vor dem Ghoul auf. »Ich fand ihn, kaum zwei Zenite nach Flarians Tod, auf einer meiner rastlosen Wanderungen durch die Unterwelt Torrlems. Er war mehr tot als lebendig, K’talmar schien ihn schon fest in seinen Klauen zu halten. Mithilfe meiner thaumaturgischen Fähigkeiten gelang es mir jedoch, seine Erkrankung zu kurieren.«
    Eine Gänsehaut rann Hippolits Rücken hinab, als er sich an die merkwürdig indifferenten Resultate der Signaturprüfungen erinnerte, die er an den getöteten Orksoldaten vorgenommen hatte. Eine durch massiven Einsatz von Thaumaturgie geheilte Kreatur -jetzt ergab alles einen Sinn!
    »Mit Leichen, die mir ein Mittelsmann vom Verladebahnhof regelmäßig beschaffte, päppelte ich ihn wieder auf.« Liths Lächeln wirkte stolz, voller Triumph.
    »Aber selbst wenn es diesem Geschöpf gelingen sollte, sich in jenen Flarian zu verwandeln, den sie einst kannten und liebten«, hob Hippolit erneut an. »Nach ein paar Stunden ist es auch damit vorbei! Der Ghoul wird wieder aus ihm hervorbrechen und …«
    Lith begann zu lachen, hell und voll kindlicher Freude. »Ich sehe, Sie haben meinen Plan doch nicht durchschaut, Meister! Das spricht für seine Genialität, finden Sie nicht?«
    »Was zum …?«
    »Ich nenne es ›Bewahrer‹. Wie Ihre gelehrten Bücher es bezeichnen, weiß ich nicht. Es bringt lebende Dinge dazu, unverändert in einem Zustand zu verharren: eine Blume blüht ewig, ein Fohlen bleibt endlos jung. Anders als die Stasis, die nur Totes zu konservieren vermag, wird der Bewahrer meinen treuen Diener konservieren, sein Erscheinungsbild mitsamt der zurückgekehrten Seele fixieren, sobald er seine Gestalt verändert hat. Für immer!«
    Wie aufs Stichwort stieß die Kreatur hinter ihr ein anhaltendes gurgelndes Geräusch aus. Der Leib des Ghouls begann zu zucken und zu beben. Wankend kam er auf die Beine.
    »Eine Variante des Kinetischen Erhaltungsbannes«, murmelte Hippolit vor sich hin. Und lauter: »Konsequent gedacht. Aber woher wollen Sie die Kraft nehmen, einen derart aufwendigen Spruch zu wirken – nachdem Sie gerade erst das Ritual Behemals durchgeführt und anschließend noch eine Jenseitige Zwinge über mich gewirkt haben? Nicht einmal ich würde nach solchen Anstrengungen genügend Energie dafür aufbringen.«
    Wieder lachte das Mädchen, diesmal jedoch klang es böse und hinterhältig. Hinter ihr rülpste der Ghoul, brodelnd und widerlich.
    »Was glauben Sie, warum ich mit Flarian ausgerechnet hierher gekommen bin? Zur größten Zusammenballung thaumaturgischer Energie, die es in diesem Land gibt?«
    Zum ersten Mal, seit er Lith mit ihrem Geliebten auf dem Wandelgang erblickt hatte, fehlten Hippolit die Worte. »Sie wollen … das können Sie nicht! Wenn Sie versuchen, die Energien anzuzapfen, die die Ewige Flamme speisen, gerät das Gleichgewicht der Kräfte durcheinander.« Er verspürte den Impuls, auf die Füße zu springen, unterdrückte ihn aber. »Eine thaumaturgische Entladung wäre die unausweichliche Folge, eine unfassbare Detonation, die halb Sdoom von der Landkarte tilgen würde!«
    Lith lächelte, ein unpassend wirkender Ausbruch tief empfundenen Glücks vor einer Kulisse des Todes und der Perversion. »Das denken Sie, Meister H. Doch selbst wenn Sie recht hätten, wäre es ein Risiko, das ich ohne Zögern eingehen würde. Welchen Sinn hätte ein Leben ohne Flarian für mich?«
    »Sie sind noch viel wahnsinniger, als ich dachte!« Hippolit schüttelte fassungslos den Kopf.
    Aus dem Hintergrund ertönte ein gurgelnder Schrei.
    Der Ghoul war auf die Knie gesunken und hielt mit beiden Pranken seinen hundeartigen Kopf umklammert. Knurrende, beinahe menschlich klingende Laute drangen aus seiner Kehle, während konvulsivische Zuckungen seinen Oberkörper hin und her warfen.
    Und dann wurde Hippolit Zeuge eines unglaublichen Schauspiels: Die Konturen des grobknochigen Geschöpfs begannen zu verschwimmen, als hätten sie sich von einem Moment auf den anderen in eine zähe, halbflüssige Masse verwandelt. Fleisch zerfloss, Muskeln veränderten Lage und Position, Haut riss, um an anderen Stellen neu zu verwachsen. Der riesenhafte Leib schrumpfte, die breiten Schultern wurden schmaler, blondes Haar spross aberwitzig schnell aus sich straffender Kopfhaut. Das Heulen
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