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Der neutrale Planet

Der neutrale Planet

Titel: Der neutrale Planet
Autoren: Robert Silverberg
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Sorge.«
    »Die mache ich mir auch nicht.« Leitfried besichtigte mit den Kameras die ganze Plantage, während Holbrook die Roboter kommandierte und die erforderliche Ausrüstung holen ließ. Nach zehn Minuten war er abmarschbereit.
    »Im infizierten Sektor ist ein Mädchen«, sagte Leitfried. »Ihre Nichte, was?«
    »Naomi, ja.«
    »Wunderschön. Wie alt ist sie, achtzehn, neunzehn?«
    »Fünfzehn.«
    »Tolle Figur, Zen.«
    »Was macht sie? Füttert sie die Bäume noch?«
    »Nein, sie liegt unter einem. Ich glaube, sie redet mit ihnen. Vielleicht erzählt sie ihnen eine Geschichte. Soll ich die Lautsprecher – ?«
    »Nein. Sie spielt gern mit den Bäumen. Sie gibt ihnen Namen und bildet sich ein, daß sie Persönlichkeiten hätten. Kindliches Zeug.«
    »Sicher«, sagte Holbrook. Ihre Blicke begegneten sich unsicher. Arme Naomi, dachte Holbrook. Er ließ Leitfried im Info-Zentrum zurück und ging hinten hinaus. Die Roboter hatten alles besorgt. Der Sprühwagen mit der Fusionskanone anstelle des Chemikalienbehälters stand da. Zwei oder drei von den kleinen Robotern standen herum und warteten auf den Befehl mitzufahren, aber er schüttelte sie ab und stieg ein. Er schaltete das Datenterminal ein, und der Bildschirm wurde hell; Leitfried grüßte vom Info-Zentrum herab und übermittelte die simulierte Struktur der Infektionszone mit den drei konzentrischen Kreisen.
    Der Lastwagen rollte zu den Hainen.
    Nach fünfzehn Minuten hatte er den Nordrand seines Besitztums erreicht, am Sektor C. Er stellte den Sprühwagen über dem Hain ab; von dort aus konnte er jeden Baum im Umkreis mit der Fusionskanone erreichen. Aber noch war es nicht soweit.
    Er betrat den zum Untergang verurteilten Hain.
    Naomi war nirgends zu sehen. Er mußte sie finden, bevor er anfangen konnte. Und vorher mußte er noch Abschied nehmen. Wie kühl es hier war, selbst um die Mittagszeit! Wie süß die Luft roch! Der Boden des Hains war mit Früchten übersät; in den letzten zwei Stunden wären Dutzende heruntergefallen. Er hob eine auf. Reif. Er riß sie auseinander und kostete die Flüssigkeit. Erstklassig. Es war durchaus keine halluzinogene Dosis, aber die Menge würde ihn in eine sanfte Euphorie versetzen, in der er das Schlimmste überstehen konnte.
    Er schaute zu den Bäumen hinauf. Sie hatten sich schmal gemacht, argwöhnisch, unsicher.
    »Wir haben Probleme, Burschen«, sagte er. »Du weißt es, Hektor. Hier herrscht eine Krankheit. Du spürst sie in dir. Ihr seid nicht zu retten. Ich kann nur hoffen, die anderen Bäume zu retten, die noch nicht vom Rost befallen sind. Okay? Versteht ihr? Plato? Caesar? Ich muß das tun. Es kostet Euch nur ein paar Wochen Leben, aber ich rette damit vielleicht Tausende von Bäumen.«
    Ein zorniges Rascheln in den Zweigen. Alkibiades hatte seine Äste verächtlich zurückgezogen. Hektor stand aufrecht und fest, bereit, sein Schicksal auf sich zu nehmen. Sokrates, knotig und verformt, schien ebenfalls vorbereitet zu sein. Schierling oder Feuer, wo war der Unterschied? Kritias, ich schulde dem Asklepios einen Hahn. Caesar schien empört zu sein; Plato wand sich. Sie wußten alle Bescheid. Er ging umher, tätschelte sie, tröstete sie. Er hatte seine Plantage mit diesem Hain begonnen. Er hatte erwartet, daß diese Bäume ihn überleben würden.
    »Ich halte keine lange Rede«, sagte er. »Ich kann nur Lebwohl sagen. Ihr seid brav gewesen, ihr habt ein nützliches Dasein geführt, jetzt ist eure Zeit vorbei, und es tut mir verdammt leid. Das ist alles. Ich hätte mir nur gewünscht, daß das nicht nötig sein würde. Ende der Rede. Lebt wohl.« Er drehte sich um und ging langsam zum Sprühwagen zurück. Er drückte die Taste für das Info-Zentrum und sagte zu Leitfried: »Wissen Sie, wo das Mädchen ist?«
    »Einen Sektor südlich von Ihnen. Sie füttert die Bäume.« Er brachte das Bild auf Holbrooks Schirm.
    »Geben Sie mir eine Sprechleitung, ja?« Holbrook sagte ins Mikrofon: »Naomi? Ich bin’s, Zen.«
    Sie schaute sich um und blieb stehen.
    »Augenblick«, sagte sie. »Katharina die Große ist hungrig und erinnert mich immer wieder daran.« Das Fleischstück flog hoch und verschwand im Maul eines Baumes. »Okay«, sagte Naomi. »Was gibt es?«
    »Es ist besser, du gehst ins Haus zurück.«
    »Ich habe noch viele Bäume zu füttern.«
    »Mach das am Nachmittag.«
    »Zen, was ist los?«
    »Ich habe zu arbeiten und möchte dich lieber nicht in den Hainen haben.«
    »Wo bist du jetzt?«
    » C.«
    »Vielleicht
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