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Der Neid eines Fremden

Der Neid eines Fremden

Titel: Der Neid eines Fremden
Autoren: Caroline Graham
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gegangen, daß ihr Schock und Entsetzen ihm einen Augenblick Zeit ließen. Er rammte ihr die Faust in den Mund und kam.
      Er wollte nicht mehr daran denken, was als nächstes geschehen war. An all die Dinge, die sein Messer getan hatte. So dumm von ihm, seine Flucht hinauszuzögern. Wenn er sich gleich danach umgezogen hätte,und hinausgegangen wäre, hätte ihn der schmierige Grieche unten nicht gesehen. Nicht, daß er Verdacht geschöpft hätte oder das Mädchen gefunden worden wäre. Er bemühte sich sehr, seine Gedanken in eine andere Richtung zu lenken. Es hatte keinen Zweck, über Dinge nachzudenken, die vorbei und erledigt waren. Er hörte das Scheppern der Milchkisten vor dem Gebäude. Obwohl es noch dunkel war, schätzte er die Zeit auf sieben Uhr. Jetzt könnte er sich unten eine Schale mit diesem schmutzigen, grauen Schleim holen, den sie als Porridge bezeichneten. Er hoffte, daß außer dem Küchenpersonal niemand anwesend sei. Auf den Unsinn, den die für diese Organisation verantwortlichen Leute Beratung nannten, konnte er heute morgen durchaus verzichten. Am Abend seiner Ankunft hatte ein bärtiger Freak mit zugekifftem Lächeln und festem Händedruck versucht, etwas über seinen Hintergrund herauszufinden. Ob er wegen eines Streits von zu Hause weggelaufen sei, ob sich seine Eltern Sorgen machen würden, ob er in London Freunde habe. Als ob er ohne diese Weltverbesserer nicht schon genug am Hals hätte.
      Doch er hatte Glück. Abgesehen von einem indischen Mädchen, das das klebrige Zeug in irgendwelche Steinschalen löffelte, war die Küche leer. Er nahm eine Schale und setzte sich in die hinterste Ecke, wo er gegen seinen Willen in Gedanken zu seinem Zimmer am Lucy Place zurückkehrte. Sobald Sonia entdeckt worden wäre, würden sogar die beschränkten Cops zwei und zwei zusammenzählen können. Natürlich würden sie für die Identifikation einige Zeit brauchen (er hatte ihre Handtasche in der U-Bahn liegen lassen), doch er konnte nicht abstreiten, daß die Entdeckung von Sonias Leiche mit jeder Minute wahrscheinlicher wurde. Er würde sich beeilen müssen.
      Er ließ den Rest der Brühe stehen und ging einen Stock höher in den sogenannten Aufenthaltsraum. Er war in einem abscheulichen Grünton gehalten, und an den Wänden hingen kindische Zeichnungen und Briefe von dankbaren Insassen. Das Radio war mit einer Kette am Tisch befestigt. So sah also das gegenseitige Vertrauen aus, von dem der bärtige Kerl gesprochen hatte. Fenn stellte Capital ein und wartete auf die Kurznachrichten, die um diese Tageszeit nicht lange auf sich warten ließen. Nichts über Sonia. Er beschloß, nach draußen zu gehen und sich sicherheitshalber eine Zeitung zu kaufen. Er hob seine Tragetasche auf und verließ das Gebäude.
      Das nächste Kiosk war gleich vor der Kings Cross Station. Er kaufte eine Sun und setzte sich zum Aufwärmen in den Erfrischungsraum der U-Bahn-Station. Es war angenehm, ins Land der Lebenden zurückzukehren, mit den Pennern nichts mehr zu tun zu haben. Er kaufte sich einen Tee und ein klebriges Stück Gebäck. Das würde den Geschmack der Porridge-Brühe schon vertreiben. Aus der Kaffeemaschine kam ein fröhliches Zischen, und der Raum füllte sich mit den ersten Reisenden. Er begann mit der Titelseite der Zeitung und ging sorgfältig jeden einzelnen Absatz durch. Nichts.
      Das Überraschungsmoment war also noch auf seiner Seite. Rosa konnte immer noch nicht wissen, ob er seine Drohungen ernst meinte. Sie würde nicht mehr auf der Hut sein als gewöhnlich. Wahrscheinlich hatte ihre Aufmerksamkeit sogar ein wenig nachgelassen, da er sich seit ein oder zwei Tagen nicht mehr gemeldet hatte. Und heute wurde das Karussell nicht ausgestrahlt. Heute würden sie zuhause bleiben. Durch Beobachten des Hauses hatte er herausgefunden, daß ihr Mann (der zukünftige Witwer) und seine rotznäsigen Kinder gegen halb neun losgingen und die Putzfrau erst eine Stunde später kam.
      Im letzten Moment würde er seine Uniform anziehen. Es bestand kein Grund, unnötige Risiken einzugehen. Vielleicht in der Herrentoilette in Camden Town. Er würde nur darauf warten müssen, daß alle, die bei seinem Eintreten anwesend waren, die Toilette verlassen hatten. Dann wäre alles in Ordnung. Ein Polizist, der aus einer öffentlichen Bedürfnisanstalt kommt, ist nichts Ungewöhnliches. Selbst die Cops mußten sich ab und zu erleichtern. Er würde seine Tragetasche in der Toilette zurücklassen.
      Er hatte
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