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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes
Autoren: Patrick Rothfuss
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etwas mehr zu tun zu haben.« Er tunkte den Löffel wieder in den Eintopf.
    Sie saßen eine Weile schweigend da. Kote blickte finster und gedankenverloren in die Schale in seinen Händen. »Es muss hier schrecklich für dich sein, Bast«, sagte er schließlich. »Du langweilst dich doch bestimmt fast zu Tode.«
    Bast zuckte die Achseln. »Es gibt hier ein paar junge Eheweiber und auch die eine oder andere Tochter.« Er grinste spitzbübisch. »Ich sorge schon dafür, dass keine Langeweile aufkommt.«
    »Das ist gut, Bast.« Wieder herrschte Schweigen. Kote nahm noch einen Löffel, kaute, schluckte. »Sie glaubten, es wäre ein Dämon.«
    Bast zuckte die Achseln. »Das könnte es genausogut sein, Reshi. Und es ist wahrscheinlich am Besten so, dass sie das glauben.«
    »Ja, das sehe ich auch so. Und ich habe sie in dem Glauben bestärkt. Aber du weißt, was das bedeutet.« Er sah Bast in die Augen. »Der Schmied wird in den nächsten Tagen viel zu tun bekommen.«
    Bast setzte eine ausdruckslose Miene auf. »Oh.«
    Kote nickte. »Ich würde es dir nicht übel nehmen, wenn du lieber von hier verschwinden willst, Bast. Es gibt für dich angenehmere Orte als diesen hier.«
    Bast sah ihn entgeistert an. »Ich kann hier doch nicht weg, Reshi.« Er öffnete und schloss den Mund ein paar Mal, ihm fehlten die Worte. »Wer sollte mich denn dann unterrichten?«
    Kote grinste, und einen Moment lang war seinem Gesicht anzusehen, wie jung er in Wirklichkeit war. Jenseits der müden Falten und der bedächtigen Gastwirtsmiene sah er kaum älter aus als sein dunkelhaariger Gefährte. »Tja, wer?« Er wies mit dem Löffel zur Tür. »Dann geh jetzt deine Lektüre nachholen, oder belästige irgendjemandes Tochter. Du hast doch sicherlich Besseres zu tun, als mir beim Essen zuzusehen.«
    »Also, eigentlich …«
    »Hebe dich hinweg, Dämon!«, sagte Kote und verfiel dann, den Mund halb voll Eintopf, ins Temische. »Tehus antausa eha!«
    Bast lachte verblüfft auf und konterte mit einer obszönen Handbewegung.
    Kote schluckte und wechselte die Sprache. »Aroi te denna-leyan!«
    »Also bitte«, tadelte Bast, und sein Lächeln schwand. »Das ist eine Beleidigung.«
    »Bei der Erde und dem Stein – ich beschwöre dich!« Kote tunkte seine Fingerspitzen in den Becher an seiner Seite und schnippte ein paar Tropfen in Basts Richtung. »Gebannt seist du!«
    »Mit Apfelwein?« Bast gelang es, zugleich belustigt und verärgert auszusehen, und er wischte sich einen Tropfen von der Hemdbrust. »Wenn das mal keine Flecken gibt.«
    Kote nahm noch einen Löffel Eintopf. »Weich es ein. Im Notfall rate ich, von einer der zahlreichen Reinigungsformeln Gebrauch zu machen, die im Celum Tinture enthalten sind. Kapitel dreizehn, wenn mich nicht alles täuscht.«
    »Also gut.« Bast erhob sich und ging zur Tür, bewegte sich dabei mit der ihm eigenen seltsamen, beiläufigen Anmut. »Ruf mich, wenn du irgendetwas brauchst.« Er schloss die Tür hinter sich.
    Kote aß langsam und tunkte den letzten Eintopfrest mit einem Stück Brot auf. Beim Essen schaute er aus dem Fenster oder versuchte es zumindest, denn der Lampenschein verwandelte das Fenster in einen Spiegel vor der Dunkelheit.
    Sein Blick streifte ruhelos im Zimmer umher. Der Kamin war aus dem gleichen schwarzen Stein gefertigt wie der im Erdgeschoß. Er stand mitten im Raum, eine beachtliche technische Leistung, auf die Kote recht stolz war. Das Bett war schmal, nicht viel mehr als eine Pritsche, und wenn man es berührt hätte, hätte man festgestellt, dass die Matratze sehr dünn war.
    Ein guter Beobachter hätte vielleicht bemerkt, dass es etwas gab, dem Kotes Blick auswich. Wie man bei einem festlichen Essen dem Blick einer Verflossenen ausweicht oder spätabends in einer vollenBierschenke dem eines alten Feindes, der am anderen Ende des Raumes sitzt.
    Kote versuchte sich zu entspannen, doch es gelang ihm nicht, und er nestelte, seufzte, rutschte auf seinem Sitz hin und her, und ohne dass er es wollte, fiel sein Blick auf die Truhe am Fußende des Betts.
    Sie war aus Roah gefertigt, einer seltenen, schweren Holzart, kohlrabenschwarz und glatt wie poliertes Glas. Von Parfümeuren und Alchemisten war dieses Holz hochgeschätzt, und ein daumengroßes Stück war schon Gold wert. Es war äußerst ungewöhnlich, dass sich jemand eine Truhe aus diesem Holz tischlern ließ.
    Die Truhe war dreifach verschlossen. Sie hatte ein Schloss aus Eisen, eines aus Kupfer und eines, das nicht zu sehen war. An diesem
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