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Der Name Der Dunkelheit

Titel: Der Name Der Dunkelheit
Autoren: Daniel Scholten
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Hocker zu einer ergonomischen Einheit verschmolzen. Niemand in La Rochelle konnte sich Madame Lacroix oder den Hocker einzeln vorstellen. Von ihrer Stelle aus blickte sie geradewegs auf den januargrauen Parkplatz vor dem Geschäft. Der Januar dauerte schon ganz schön lange, obwohl heute erst der Zweite war.
    Am besten rauche ich noch eine, sagte sie sich.
    Da geschah etwas. Ein alter Fiat bog von der Straße auf den Parkplatz und steuerte geradewegs auf den Eingang zu. Der Hocker wankte sanft vor und zurück. Madame Lacroix setzte ihre Brille auf und versuchte, das Departement aus dem Nummernschild abzulesen. Doch daraus wurde nichts.

    Die junge Frau, die aus dem Wagen stieg und die breite Fassade des Ladens von links nach rechts musterte, stammte aus der Ferne. Das kann ja heiter werden, murmelte Madame Lacroix.
    »Guten Tag! Haben Sie zufällig CDs von Jean Ferrat?«
    »Aber natürlich, Mademoiselle. Franc, komm her und bring die Mademoiselle in die Jean-Ferrat-Abteilung.«
    »Abteilung?«
    »Gewiss.«
    Franc kam angetrottet und führte die Kundin nach hinten.
    »Vielen Dank«, sagte sie noch.
    »Ich bitte Sie, Mademoiselle.«
    Es dauerte nicht lange, da kehrte sie zurück. Mit einem Stapel CDs. Sie wirkte jetzt weniger zielstrebig als zuvor. Beinahe erleichtert.
    »Machen Sie Urlaub hier?«, fragte Madame Lacroix deshalb.
    »Hm.«
    Das wäre ohnehin unwahrscheinlich gewesen, bei dem Wetter fuhr niemand an den Atlantik.
    »Dann sind Sie geschäftlich hier?«
    Die Frau schüttelte den Kopf. Ausländer hatten selten Lust auf ein Schwätzchen. Die Frau lächelte zum Abschied. Oder auch aus Freude. Dann ging sie zu ihrem Wagen.
    Madame Lacroix sah dem Wagen hinterher, bis er nach rechts auf die Hauptstraße abbog. Sehr verwunderlich, dachte sie.

97
    Bæjarins besta
    Westfjordische Nachrichten, 19. April - Am Morgen wurde bei Jökuldalir die Leiche einer Frau geborgen. Þórgeir Hávarson von der Polizei in Ísafjörður hatte in einer ersten Stellungnahme noch keine Erklärung, wie die Frau, die etwa dreißig Jahre alt gewesen sein muss, einen Meter achtundsechzig groß ist und eine schlanke Figur und lockiges Haar hat, zu Tode gekommen sein könnte. Kreditkarten und unterschiedliche Devisen, die die Frau bei sich trug, deuten jedoch darauf hin, dass sie keine isländische Reichsangehörige ist. Wegen des Zustands ihrer Leiche könnte sie bereits seit der letzten Saison dort gelegen haben, denn der Körper wurde nach der Schneeschmelze der letzten Woche entdeckt. Þórmóður Bessason vom Fremdenverkehrsbüro Ísafjörður wies darauf hin, dass ausländische Wanderer bei ihrer Ankunft in den Westfjorden stärker vor den Gefahren gewarnt werden sollten, die in den Hornstränden und am Djúp lauern können. Ohne die empfohlenen Sicherheitsmaßnahmen und Ortskenntnisse sei es in der menschenleeren Gegend leicht, sich zu verirren.

 
     
     
    1. Auflage
Originalausgabe Oktober 2009
    Copyright © 2009 by Wilhelm Goldmann Verlag, München,
    in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Umschlagfoto: Anna Lena Sjölin
KA · Herstellung: Str.
    eISBN : 978-3-641-03520-4
     
    www.goldmann-verlag.de
    www.randomhouse.de
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