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Der Name Der Dunkelheit

Titel: Der Name Der Dunkelheit
Autoren: Daniel Scholten
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eilte aus dem Raum.
    Nachdem die Tür zugefallen war, sprang auch Theresa auf und ging zur dritten Vitrine, öffnete die Tür, nahm den Ordner mit dem Vermerk »Mord an Ministerpräsident Olof Palme« heraus, blätterte den Ordner in Windeseile durch und überflog die Zusammenfassung, staunte, stellte den Ordner wieder ins Regal, schloss die Vitrine und setzte sich wieder auf ihren Stuhl. Dann begann sie, den ganzen Stapel noch einmal durchzusehen. Kurz darauf kehrte Gregersiö zurück.
    »Und?«, fragte er.
    »Nichts.«
    »Er hat sie nicht wiedererkannt.«
    »Doch.«
    »Hier sind alle Frauen dabei, die er in den letzten vier Jahren beruflich kennengelernt hat.«
    »Dann muss es davor gewesen sein. Vor seiner Zeit als Säpo-Chef.« Gregersiö schwieg. »Ich habe eine Idee.« Sie wechselte
zu Kullgrens Schreibtisch. »Nils telefoniert manchmal mit einem Mann namens Ben«, erklärte Theresa. »Sie sprechen Englisch miteinander. Er ist ein Freund aus alten Tagen, vermute ich. Sieh in seinem Kalender nach, ob ein Ben darinsteht.«
    Gregersiö nahm den Kalender, den er bereits am Nachmittag geprüft hatte, und schlug das Namensverzeichnis am Ende auf. Die Vorwahl lautete +972.
    »Das muss sein Kontakt in Israel sein«, sagte Theresa. »Wir rufen an.«
    »Um diese Zeit?«
    »Sie telefonieren immer am Abend.«
    »Wenn du meinst, bitte.«
    Theresa tippte die lange Nummer ab. Es tutete, dreimal und weit entfernt klingend, dann klickte es leise.
    »Hello?«, fragte sie. Die Männerstimme am anderen Ende der Leitung grunzte knapp. »I am searching for Ben. My name is Theresa Julander. I am assistant to Nils Kullgren. From Sweden.«
    Gregersiö grinste zum allerersten Mal und rieb sich weiter nervös am Kinn. Er konnte über den Lautsprecher alles mit anhören. Am anderen Ende wurde aufgelegt.
    »Der hat einfach aufgelegt!«, sagte Theresa. Sie verglich noch einmal die Nummer auf der Anzeige mit der im Kalender. Sie stimmten überein.
    Das Telefon klingelte. Theresa nahm ab.
    »What’s up?«, fragte dieselbe Stimme wie zuvor.
    Theresa begriff, dass der Rückruf eine Sicherheitsmaßnahme war. Im Stil eines Telegramms berichtete sie, was Kullgren zugestoßen war und was sie vom Mossad wollte. Dann wurde wieder aufgelegt.
    Theresa zuckte mit den Schultern.
    »War er vom Mossad?«, fragte Gregersiö.

    »Er fragt sich bestimmt, was für ein Schwachkopf da aus Schweden anruft. Jedenfalls klang er so.«
    »Was hat er gesagt?«
    » Okay, we’ll see. Das würde er doch nicht sagen, wenn er ein Eisverkäufer in Tel Aviv wäre.« Theresa legte die Hände in den Schoß. »Was hat Nils eigentlich beim Mossad gemacht?«
    »Offiziell war er dort nicht. Er war Mitglied eines Forschungsinstituts, das sich mit Terrorismus beschäftigt. Deshalb wurde ihm 2003 die Leitung der Säpo angetragen.«
    »Und das Institut hatte Verbindung zum Mossad?«
    »Sagen wir es so: Mossad ist das hebräische Wort für Institut. «
    Im Hintergrund waren Straßengeräusche zu hören gewesen. Vielleicht war Ben wirklich Eisverkäufer. Ihr kamen Zweifel. Wenn Ben nicht half, wusste sie nicht mehr weiter. Nicht weiterzuwissen, war eine völlig neue Erfahrung für Theresa Julander.

92
    Ida hatte sich mit ihrer Tochter Lilly in ihrem Arbeitszimmer verschanzt. Das Mädchen lag in eine Decke gehüllt auf dem Sofa und wartete darauf, für das Feuerwerk geweckt zu werden. Aber bis dahin blieb noch Zeit. Ida war verärgert darüber, dass sie wegen Kjell einen ganzen Tag mit der falschen Fassung vertan hatte, und spürte keine Lust zu feiern. Aus dem Flur drangen seit Stunden Musik und Gelächter. Linda hatte alte Freunde eingeladen. Auch Kjell und Barbro wollten vor zwölf zum Anstoßen eintreffen.
    Es klopfte an der Tür, und Linda steckte den Kopf herein. Ihre Wangen waren rot, ihr Haar zerzaust und voll Schnee.
»Wir können nicht aufs Dach«, sagte sie atemlos. »Man hält es kaum aus da draußen.«
    »Hat Kjell sich gemeldet?«
    »Nein. Aber Barbro ist da. Sie zieht gerade die Stiefel aus und trinkt ein Glas Champagner, um sich aufzuwärmen.«
    Hinter Linda erschien Barbros rotblonde Mähne. Sie drängelte sich an Linda vorbei und drückte mit dem Hintern die Tür zu. »Kennst du einen Peter Damian Deasy?«, fragte sie ohne Begrüßung.
    Ida nickte zögerlich. »Das ist ein Mathematiker.«
    »Ist er berühmt?«
    »Berühmt nicht. Aber der Name ist einem geläufig, wenn man sich mit Mathematik beschäftigt. Er macht irgendetwas mit Knotentheorie.«
    »Er leitet das
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