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Der Musentempel

Der Musentempel

Titel: Der Musentempel
Autoren: John Maddox Roberts
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gereist, die sich in der Masse des Personals in der Botschaft mühelos verlieren würden.
    »Ist Alexandria wirklich so fabelhaft, wie ich immer gehört habe?« fragte Julia, trotz ihrer recht mitgenommenen und abgespannten Erscheinung aufgeregt.
    »Es wird deine kühnsten Erwartungen übertreffen«, versprach ich ihr. »Ich werde es auch mit dem größten Vergnügen zeigen.«
    Fausta lächelte schräg. »Auch die heruntergekommenen Schuppen, in denen du dich zweifelsohne ergötzt hast?«
    »Nicht nötig«, erwiderte ich. »Selbst die niedersten Vergnügungen stehen einem im Palast zur Verfügung.« Darob sah selbst die berüchtigte Fausta ein wenig verblüfft aus.
    »Nun, mich interessieren die eher gehobenen Sehenswürdigkeiten«, verkündete Julia und kletterte müde in ihre Sänfte, wobei ich einen Moment lang die weißesten Schenkel zu Gesicht bekam, die ich je in meinem Leben gesehen hatte. »Ich möchte das Museum besuchen, mit den Gelehrten plaudern und die Vorlesungen all der berühmten und belesenen Männer besuchen.« Julia verfügte über jenes ermüdende Interesse an Kultur und Bildung, von dem alle römischen Damen befallen sind.
    »Ich werde dich ihnen nur zu gerne vorstellen«, sagte ich.
    »Ich bin bestens vertraut mit der Fakultät.« In Wirklichkeit war ich nur einmal dort gewesen, um einen alten Freund zu besuchen. Wer möchte schon mit einem Haufen lästiger alter Pedanten vorlieb nehmen, wenn gleichzeitig die prachtvollsten Rennpferde der Welt im Hippodrom trainierten?
    »Wirklich?« sagte sie und hob ihre Brauen. »Dann mußt du mich unbedingt mit dem Logiker Eumenes bekannt machen, und mit Sosigenes, dem Astronom, und natürlich mit dem Mathematiker Iphikrates von Chios. Und ich muß die Bibliothek besichtigen!«
    »Die Bibliotheken«, verbesserte ich sie. »Es gibt zwei, mußt du wissen.« Ich suchte nach einer Gelegenheit, das Thema zu wechseln, und wandte mich an Fausta. »Und wie geht es meinem guten Freund Milo?«
    »Beschäftigt wie immer«, sagte sie. »Er kämpft ständig gegen Clodius. Er hat sich ein Quaestorenamt gesichert, weißt du.«
    »Das hörte ich«, sagte ich lachend. »Irgendwie kann ich mir Milo nicht so recht im Getreideversorgungsamt oder im Staatsschatz bei der Arbeit vorstellen.« Milo war der erfolgreichste Gangster, den Rom je gesehen hatte.
    »Streng dich nicht an. Er arbeitet von seinem Hauptquartier aus wie immer. Ich glaube, er hat jemanden engagiert, der seinen Quaestorenpflichten nachkommt. Er läßt dich übrigens ganz herzlich grüßen. Er meint, du wirst es nie zu etwas bringen, wenn du die ganze Zeit über in fernen Ländern faulenzt, anstatt in Rom zu arbeiten.«
    »Nun, der gute Titus hat stets die Vorteile der harten Arbeit und des Fleißes vertreten. Ich hingegen habe diese Tugenden immer angemessener für Sklaven und Freigelassene gehalten.
    Seht euch nur an, wie hart diese Sänftenträger arbeiten. Und bringt es ihnen irgend etwas ein?«
    »Ich wußte, daß du so etwas sagen würdest«, meinte Julia, während sie ihren Hals reckte, um sich nichts von all der Herrlichkeit entgehen zu lassen, durch die wir getragen wurden. »Die zur Größe bestimmten Männer tragen zur Zeit in Rom einen Machtkampf aus«, sagte Fausta.
    »Und jeder einzelne von ihnen wird auf dem Schlachtfeld sterben oder durch Gift oder den Dolch eines Attentäters«, beharrte ich tapfer. »Ich hingegen habe vor, im Rang eines verdienten Senators an Altersschwäche zu sterben.«
    »Vermutlich muß jeder Mann seine eigenen Ambitionen haben«, schnaubte sie verächtlich.
    »Oh, seht nur!« rief Julia. »Ist das das Paneion?« Der merkwürdige künstliche Hügel mit dem spiralförmigen Pfad und dem kreisrunden Tempel war in der Ferne eben noch sichtbar.
    »So ist es«, bestätigte ich. »Es beherbergt ein wirklich außergewöhnliches Standbild. Aber wir sind da, dies ist die Botschaft.«
    »Gehört das alles noch zum Palast?« fragte Julia, während ich ihr aus der Sänfte half. Ich mußte einen Sklaven zur Seite drücken, um diese angenehme Aufgabe selbst zu erledigen.
    »Ja. Wenn es um reale Macht geht, ist die römische Botschaft praktisch der Palast. Kommt mit, ich werde euch zu euren Gemächern begleiten.«
    Doch nicht einmal das war mir vergönnt. Wir hatten das Atrium noch nicht ganz betreten, als eine Heerschar von Höflingen samt lärmenden Musikern und eingeölten Nubiern herein kam, die ihrerseits angeleinte Geparden, einen zahmen Löwen und eine Horde livrierter Paviane
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