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Der Musentempel

Der Musentempel

Titel: Der Musentempel
Autoren: John Maddox Roberts
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schon nicht mehr so stoßhaft. »Es ist viel zu kompliziert, um es zu erklären, aber es hat alles mit einer Verschwörung zu tun, die Ägypter gegen die Römer auf zu hetzen. Ich muß zum Palast, kann aber nicht warten, bis die Straßen wieder sicher sind.« »Ich werde rausgehen«, sagte Simeon, »und verbreiten, daß man dich jenseits des Kanopis-Tores und des Hippodroms gesehen hat. Wir wollen den Pöbel nicht in unserem Viertel haben.«
    »Eine überaus vernünftige Haltung«, erklärte ich. »Laß mich ein wenig ausruhen und wieder zu Atem kommen. Dann kann ich mir vielleicht ein paar Kleider von dir leihen. Du wirst großzügig belohnt werden.«
    Er zuckte die Achseln. »Es hat keinen Sinn über Belohnungen nach zu denken, solange dein Leben in Gefahr ist. Darüber können wir uns später Sorgen machen.« Mit diesen Worten ging er. Zum ersten Mal seit, so kam es mir vor, Ewigkeiten hatte ich nichts zu tun. Also stieg ich die Treppe hoch und kam in einen Raum, der dem im Erdgeschoß ziemlich ähnlich war. Keine Anzeichen von Frau oder Kindern. Eine weitere Treppe führte aufs Dach, und ich stieg hinauf. Ich hielt mich ein gutes Stück von der Brüstung entfernt und lauschte. Das Getöse des Mobs und Waffengeklirr schienen von allen Seiten zu kommen. In jeder anderen Stadt wäre ein Volksaufstand dieser Größenordnung mit Rauchwolken einhergegangen, wenn Gebäude um Gebäude Feuer fing, bis hin zu einer ausgewachsenen Feuersbrunst. Gewöhnlich sterben die meisten Aufständischen in den Flammen.
    Nicht so in Alexandria, der feuersicheren Stadt. Anhand der Geräusche konnte ich den Weg der größeren Menschenansammlungen durch die Straßen verfolgen. Sie schienen sich zum Kanopis-Tor hin zu verlieren. Dann hörte ich, wie Soldaten in diese Richtung marschierten. Nach ein paar Stunden kam die ganze Kakophonie wieder in meine Richtung und verlor sich dann erneut im Westen. Offenbar hatten die Soldaten Ketten quer über die Straße gebildet und trieben die Aufständischen zurück nach Rhakotis.
    Ich fragte mich, was in dieser Stadt wohl los wäre, wenn jemand es wagen sollte, zwei Katzen zu töten. Es war weit nach Mittag, als die Stadt sich wieder halbwegs beruhigt zu haben schien. Das bedeutete keineswegs, daß ich außer Gefahr war. Selbst ohne aufständische Massen lief irgendwo dort draußen noch immer Achillas herum. Ich hörte unten im Haus Geräusche.
    »Römer? Senator Decius? Bist du da oben?«
    »Simeon?« rief ich. »Sind die Straßen wieder frei?«
    Er kam aufs Dach. »Der Pöbel wurde zurück gedrängt.
    Schwer bewaffnete Einheiten der Armee patrouillieren die Straßen, aber es war eine blutige Angelegenheit. Wenn der Mob sich erst gegen eine Gruppe Ausländer erhebt, werden bald alle Ausländer zu Opfern. Wir leben hier schon seit den Gründungstagen Alexandrias, aber die Ägypter betrachten uns noch immer als Ausländer.«
    »Ihnen mangelt es an der aufgeklärten römischen Haltung in Sachen Bürgerrecht«, erklärte ich ihm. »Und jetzt muß ich zum Palast. Kannst du mir etwas zum Anziehen leihen?«
    »Kein Problem, aber kein Jude rasiert sich den Bart ab oder läßt sich das Haar so kurz schneiden wie du. Laß mich sehen, was ich finde.«
    Wir stiegen ins Haus hinab, und er durchkramte seine Schränke, bis er mit einem groben Umhang und einem dieser ägyptischen Kopftücher in Form einer Perücke wiederkam.
    »Das hat mal einem Sklaven gehört, den ich nach sieben Jahren freigelassen habe«, erklärte Simeon. »Mal sehen, wie du darin aussiehst.«
    »Sieben Jahre?« fragte ich, während ich den kratzigen Umhang und das alberne Tuch anlegte.
    »Meine Religion verbietet lebenslange Leibeigenschaft«, sagte er. »Nur ein siebenjähriger Dienst ist erlaubt, danach muß man dem Sklaven die Freiheit geben.«
    »So eine Sitte könnten wir auch gebrauchen«, sagte ich. »Würde uns wahrscheinlich eine Menge Ärger ersparen. Aber der Senat würde dem nie zustimmen.«
    Er lieh mir eine Tasche aus grobem Sackleinen, um die Schriftrolle zu verbergen, und ich fühlte mich so gut verkleidet, wie es sich unter den gegebenen Umständen machen ließ. Mir kam der Gedanke, daß es in den Straßen wahrscheinlich von Achillas' Männern wimmelte, die zweifelsohne Order hatten, mich in kleinen Stücken im Palast abzuliefern.
    »Was ist von hier aus der direkte Weg zum Meer?« fragte ich.
    »Wenn du bis zur Stadtmauer gehst und ihr in nördlicher Richtung folgst, kommst du zum Tor der Fischer.«
    »Ich glaube, das ist
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