Der müde Bulle
Geheimnisse. Die Detektive hatten zwar Informanten, die sie bezahlten, aber von uns Uniformierten wurde an sich erwartet, daß wir von so etwas die Finger ließen. Nun ja, ich hatte meine Informanten auch bezahlt – allerdings nicht mit dem Geld der Steuerzahler, sondern aus meiner eigenen Tasche. Und wenn ich aufgrund eines solchen Tips eine erfolgreiche Verhaftung durchzog, stellte ich es immer so hin, als wäre alles reiner Zufall gewesen. Oder ich dachte mir für das Protokoll irgendeine schöne Geschichte aus. Auf diese Weise konnte Glenda nichts passieren, und zugleich konnte niemand sagen, Bumper Morgan wäre total verrückt, weil er seine Informanten aus eigener Tasche bezahlte.
Das erstemal hatte mir Glenda einen Kerl zugeschanzt, der aus einem Bundesgefängnis entflohen war. Er traf sich öfter mit ihr, hatte ständig eine Knarre bei sich und war auf Raubüberfälle spezialisiert. Ich wollte ihr damals zwanzig Dollar geben, aber sie nahm das Geld nicht an. Sie meinte, dieser Kerl würde nichts taugen und gehörte auf jeden Fall wieder in den Knast, und außerdem würde sie niemand für Geld verpfeifen. Schließlich hatte ich sie trotzdem so weit gebracht, das Geld für Sissy zu nehmen, die damals noch ein Baby gewesen war – ein armes vaterloses Kind. Seitdem hatte ich im Lauf der Jahre sicher einen Tausender auf Glendas Konto überwiesen. Und auf mein Konto konnte ich wahrscheinlich die meisten Verhaftungen von allen Uniformierten des Polizeihauptquartiers verbuchen.
»Wird sie auch so ein Blondschopf wie Mami werden?« fragte ich.
Glenda strahlte mich an. »Sogar blonder als ich. Und sicher zehnmal so clever. Ich glaube, sie ist sogar jetzt schon schlauer als ich. Ich bin wie eine Verrückte am Lesen, um einigermaßen mit ihr Schritt halten zu können.«
»In diesen Privatschulen wird ja auch einiges verlangt«, meinte ich. »Da lernt man wirklich was.«
»Hast du das gesehen, Bumper?« Sie kam lächelnd zu mir herüber und setzte sich auf die Lehne meines Sessels. Jetzt dachte sie an Sissy, und auf ihrem Gesicht breitete sich ein seliges Lächeln aus. »Der Hund zerrt sie an den Haaren. Sieh dir nur ihre Miene an!«
»Ja, ja«, erwiderte ich brav, obwohl ich nichts als verschwommene Farbflecken erkennen konnte. Auf meiner Schulter lastete jetzt eine von diesen schweren Melonen. Glendas Brüste waren groß und echt, nicht – wie heutzutage bei so vielen Frauen – mit einer Menge Plastik aufgepumpt.
»Auf dem ist sie ganz schön sauer.« Glenda beugte sich weiter zu mir herunter, und nun preßte sich eine gegen meine Wange. Und endlich hörte ich ein Glöckchen läuten.
»Verdammt noch mal, Glenda!« platzte ich heraus und sah zu ihr auf.
»Was ist?« erwiderte sie und wich leicht zurück. Und dann begriff sie und brach in ihr hartes, heiseres Lachen aus. Bald wurde ihr Lachen jedoch sanfter, sie lächelte, und ihre großen Augen nahmen einen zärtlichen Ausdruck an. Mir fiel auf, daß ihre Wimpern unter den Augen schwarz waren – aber nicht von Wimperntusche. Ich fand Glenda in diesem Augenblick attraktiver denn je zuvor.
»Ich mag dich sehr gern, Bumper«, flüsterte sie und küßte mich auf den Mund. »Du und Sissy, ihr seid die einzigen Menschen, an denen mir etwas liegt. Ist dir klar, was das bedeutet?«
Glenda war wie Ruthie. Sie war einer von den Menschen, die einfach zum Revier gehörten. Es gab da ein paar Grundsätze, an die ich mich unverbrüchlich hielt, und sie war jetzt fast nackt und in meinen Augen so schön wie nie zuvor.
»Warum nicht?« fragte sie sanft, wohl wissend, daß ich kaum mehr an mich halten konnte. »Du hast es nie probiert, und ich habe mir nie etwas sehnlicher gewünscht.«
»Ich muß zu meinem Wagen zurück«, stieß ich hervor. Ich sprang auf und durchquerte mit drei langen Schritten den Raum. Dann murmelte ich noch, ich könnte einen Funkspruch überhören, aber Glenda bat mich, noch einen Augenblick zu warten.
»Du hast deine Mütze vergessen«, erinnerte sie mich und reichte sie mir.
»Danke.« Ich setzte mir die Mütze mit einer zitternden Hand auf. Glenda hielt die andere, um mit ihren warmen, feuchten Lippen die Handfläche zu küssen.
»Bilde dir bloß nicht ein, du könntest uns im Stich lassen, Bumper«, ermahnte sie mich und blickte mich dabei unverwandt an.
»Da, nimm das für Sissy.« Ich fischte einen Zehner aus meiner Hosentasche.
»Heute habe ich aber keine Informationen für dich«, protestierte sie, aber ich steckte ihr den
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