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Der Monstrumologe - Der Monstrumologe - The Monstrumologist

Der Monstrumologe - Der Monstrumologe - The Monstrumologist

Titel: Der Monstrumologe - Der Monstrumologe - The Monstrumologist
Autoren: Rick Yancey
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hin murmelte. Als er mich in der Tür bemerkte, blieb er stehen und sah schweigend zu, wie ich ins Zimmer huschte, um den kleinen Tisch, den er in seiner Bestürzung zu Boden geschleudert hatte, wieder aufzustellen. Neben dem Tisch lag der vordere Teil der Londoner Times . Die Schlagzeile unter dem Impressum lautete: SCHLITZER SCHLÄGT WIEDER ZU / WHITECHAPEL-KILLER FORDERT VIERTES OPFER.
    Whitechapel . Ich hatte diesen Namen schon einmal gehört, im Sprechzimmer des Hauses auf Motley Hill sechs Monate zuvor: Dr.   John J.   J. Schmidt aus Whitechapel.
    Der Doktor sagte nichts, während ich den schauerlichen Artikel las, und blieb auch noch ein paar Sekunden stumm, als ich zu ihm hochsah, bis schließlich ich dieses schreckliche Schweigen brach.
    »Denken Sie …?«, fragte ich. Es war nicht nötig, die Frage zu beenden.
    »Was ich denke?«, fragte er rhetorisch. »Ich denke, Malachi hätte sein Angebot annehmen sollen.«

    Nachdem er sich angezogen und in den völlig enttäuschenden Reibekuchen herumgestochert hatte (die Wurst ließ er unberührt), zitierte der Doktor mich in den Keller. Es war Zeit für meine zweimonatliche Vorsorgeuntersuchung.
    Ich saß auf dem hohen Metallstuhl. Er leuchtete mir mit einem hellen Licht in die Augen, maß mir Blutdruck, Puls und Temperatur, untersuchte den hinteren Rachenraum. Er zapfte mir aus dem Arm Blut in ein Reagenzglas ab. Ich sah ihm zu, bis hierhin völlig vertraut mit dem Ritual, wie er eine kleine Menge Jodlösung in das Röhrchen spritzte und das Gemisch ein paar Sekunden herumwirbelte. Du wirst wissen müssen, wie das hier gemacht wird , Will Henry, hatte er zu mir gesagt. Wir werden nicht ewig zusammen sein.
    »Augentropfer!«, sagte er, und ich legte ihm das Instrument auf den ausgestreckten Handteller. Er drückte einen Tropfen der blutigen Mixtur auf einen Objektträger, legte einen zweiten Objektträger auf den ersten und schob die Probe dann unter die Linse des Mikroskops. Ich hielt den Atem an, als er sich herabbeugte, um das Ergebnis zu untersuchen. Er brummte und forderte mich mit einer Handbewegung auf, es mir anzusehen.
    »Siehst du diese länglichen schwarzen Flecke?«, fragte er.
    »Ja, Sir, ich glaube schon.«
    »Ja du siehst sie, oder ja du glaubst schon? Sei präzise, Will Henry!«
    »Ich sehe sie. Ja, Sir.«
    »Das sind die Larven.«
    Ich schluckte. Die Formen ähnelten winzigen Obsidiankugeln, Tausende toter, kleiner Augen, die in einem einzigen Tropfen meines Bluts schwammen.
    Der Doktor zog die Handschuhe aus und sagte sachlich: »Nun, es hat den Anschein, als sei die Population mehr oder weniger konstant geblieben.« Er schlug den Ordner neben dem Mikroskop auf, der den Vermerk Patient: W.   J. Henry / Diag: Befall B. arawakus trug, und kritzelte eine schludrige Bemerkung unter das Datum.
    »Ist das etwas Gutes, Sir?«, fragte ich.
    »Hm? Ja, das ist etwas Gutes. Niemand weiß, warum in manchen Fällen der Arawakus eine perfekte Symbiose mit seinem Säugetierwirt eingeht und dem Wirt dadurch ein unnatürlich langes Leben verleiht und in anderen Fällen den Körper durch die schiere Masse seiner Zahl überwältigt. Einzigartig kurios ist dein Fall, Will Henry, denn er gehört zur ersten Kategorie, wohingegen dies auf den deines Vaters eindeutig nicht zutraf. Es gibt eine Theorie, die viel zu komplex ist, als dass ich sie angemessen in jedem eleganten Detail erklären könnte, aus einer exzellenten Abhandlung, die von einem meiner Kollegen bei der Gesellschaft verfasst wurde, die, in kurzen Worten, besagt, dass das, was mit deinem Vater passiert ist, ein Mittel der Vermehrung war, ein Weg für den Parasiten, einen neuen Wirt zu finden.«
    »Einen neuen Wirt«, echote ich. »Mich.«
    Er zuckte die Schultern. »Ich bezweifle, dass es in der Nacht des Brandes passiert ist. Du warst nicht in seiner Nähe, als sie zur unrechten Zeit von der Bühne abtraten. Es ist nur eine Theorie; die Art und Weise, auf die sie einen Wirt befallen, ist nicht bekannt.«
    »Aber es war doch ein Zufall, oder?«
    »Na ja, ich bezweifle doch, dass dein Vater dich absichtlich angesteckt hat!«
    »Nein, das meine ich nicht … Ich meine, Sir, was mit meinem Vater passiert ist. Es war ein Zufall, oder?«
    Er runzelte die Stirn. »Was fragst du da, Will Henry? Willst du etwa andeuten, dein Vater sei absichtlich infiziert worden?«
    Ich gab darauf keine Antwort, denn es war keine Antwort nötig. Der Doktor legte mir eine Hand auf die Schulter und sagte: »Sieh mich an,
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