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Der Monstrumologe - Der Monstrumologe - The Monstrumologist

Der Monstrumologe - Der Monstrumologe - The Monstrumologist

Titel: Der Monstrumologe - Der Monstrumologe - The Monstrumologist
Autoren: Rick Yancey
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Paarungspartner, den ich hingeschickt habe, haben sie einfach in Stücke gerissen.«
    Kearns lachte. »Gar nicht so unterschiedlich von menschlichen Vermählungsbräuchen.«
    Warthrop nickte, aber nicht wegen Kearns’ zynischem Kommentar. »Das erklärt alles, oder fast alles. Es gab keinen Grund, die Sicherheit ihrer von Menschenhand geschaffenen Höhlen zu verlassen, bis ihre Nahrungsversorgung gekappt wurde und der Hunger sie an die Oberfläche trieb. Ich hatte angenommen, der Angriff auf die Stinnets sei eine territoriale Reaktion auf unseren Übergriff auf ihr Gebiet gewesen …« Der Monstrumologe seufzte, eine Exhalation sowohl der Erleichterung als auch des schmerzhaften Eingeständnisses. »Ich hatte unrecht. Unrecht mit meiner Annahme und unrecht mitmeiner Reaktion. Aber es sind nicht alle Fragen beantwortet worden, Starr. Warum ließen Sie Varner am Leben? Wäre es nicht sicherer gewesen, ihn zusammen mit dem anderen ›Müll‹ in der Grube zu entsorgen?«
    »Lieber Gott, Warthrop, wofür halten Sie mich? Ich mag ja habgierig sein, aber ich bin nicht völlig verderbt!«
    Ich dachte an Fliegen, die unerträglich an einer Fensterscheibe summen, an ihre widerwärtige Brut, die sich in offenen Wunden windet, an Stiefel, die mit sich verflüssigendem Fleisch gefüllt sind. Ich bin nicht völlig verderbt.
    »O nein!«, stimmte Kearns ihm zu. Er durchquerte das Zimmer, um sich vor den welken, keuchenden alten Mann zu stellen. Mit großer Sensibilität sagte er: »Ganz im Gegenteil, Sie sind ein Menschenfreund. Lassen Sie sich von niemandem etwas anderes erzählen! Ein anthropologischer Alchemist, der Blei in Gold verwandelt! Die Ketten, die die meisten Menschen fesseln, fesseln Sie nicht, und darin sind Sie und ich Brüder, lieber Jeremiah. Wir sind die neuen Menschen eines neuen und glorreichen Zeitalters, frei von Lügen und nicht an irgendeine lächerliche Rechtschaffenheit gebunden.«
    Er legte die Hände zu beiden Seiten auf Starrs verwitterte Glatze und wölbte sie um sein Gesicht, während er sich hinabbeugte, um ihm ins übergroße Ohr zu säuseln: »Die einzige Wahrheit ist die Wahrheit des Jetzt. ›Denn an sich ist nichts weder gut noch böse, das Denken macht es erst dazu.‹ Es gibt keine Moral, nicht wahr, Jeremiah, außer der Moral des Moments.«
    Und mit diesen Worten versetzte John Kearns, Student der menschlichen Anatomie und Jäger von Monstern, dem Kopf seines Opfers mit bloßen Händen einen scharfen Ruck, brach ihm das Genick, durchtrennte sein Rückgrat, tötete ihn auf der Stelle.
    Dann, indem er sich auf seinem Weg aus dem Zimmer an einem wie betäubt und sprachlos dastehenden Warthrop vorbeischob, sagte er ohne eine Spur von Ironie: »Man wird ihn nicht vermissen.«
    Der Doktor konnte seine Wut kaum bezähmen, wenngleich er allem äußeren Anschein nach vollkommen gefasst war; aber ich kannte ihn zu gut. Er hielt den Mund, bis wir das schmale Sträßchen zu dem Haus auf Motley Hill verlassen hatten, und wandte sich dann an Kearns.
    »Das ist Mord, Kearns, schlicht und ergreifend.«
    »Es war eine Tötung aus Barmherzigkeit, Warthrop, ergreifend und schlicht.«
    »Sie lassen mir keine Wahl.«
    »Die hat man immer, Pellinore. Darf ich eine Frage stellen? Was wäre passiert, wenn das Herz des alten Trottels plötzlich zum Leben erwacht wäre und er am Totenbett ein Geständnis seiner Verbrechen abgelegt hätte? Würden Sie nicht gern Ihr Lebenswerk fortführen? … Entschuldigung, das waren zwei Fragen.«
    »Ich habe eine bessere Frage«, erwiderte Warthrop scharf. »Was ist meine Wahl, wenn Schweigen zu bewahren Ihnen erlaubt, Ihr Lebenswerk fortzuführen?«
    »Aber, aber, Pellinore, Sie verletzen meine Gefühle. Wer kann schon sagen, wessen Werk des Beifalls würdiger ist? ›Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet.‹«
    »Es heißt, niemand kennt die Bibel besser als der Teufel.«
    Kearns lachte heiter, zügelte sein Pferd und lenkte es wieder auf die Stadt zu.
    »Wo wollen Sie jetzt hin?«, verlangte der Doktor zu wissen.
    »Ich durchstreife die Erde, mein lieber Monstrumologe, und wandere auf ihr umher! Erwarten Sie mich, wenn der Mond aufgeht; ich werde zurückkommen!«
    Er gab seinem Pferd die Sporen und ritt in gestrecktem Galopp davon. Warthrop und ich verfolgten ihn mit den Blicken, bis er hinter der Kuppe des letzten Hügels verschwand. Der Doktor nagte besorgt an der Unterlippe.
    »Wissen Sie, wo er hinreitet, Sir?«, fragte ich.
    Er nickte. »Ich glaube schon.« Er
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