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Der Mond im See

Titel: Der Mond im See
Autoren: Danella Utta
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sanft, geradezu wohlschmeckend, wie ich mit der Zungenspitze feststellte. Herrlich!
    Darüber fuhr der Bus weg, und ich mußte ein Taxi nehmen. Der Taxichauffeur, als er mein nasses Gesicht und mein tropfendes Haar sah, meinte kummervoll: »So a Sauwetter, so a greisliches!«
    »Das Wetter ist einfach großartig«, sagte ich, »könnte gar nicht schöner sein.«
    Er warf mir einige mißtrauische Blicke zu, während er mein Gepäck verstaute. Also beeilte ich mich, nachdem ich mich neben ihn gesetzt hatte, ihm zu erläutern, daß ich aus den Tropen käme, daß es dort entweder irrsinnig heiß sei, oder wenn es regnete, sich um Monsun handle, der auch warm sei, wild und wütend, und keine Erholung und Erfrischung biete.
    »Mei«, sagte er, »dös is arg. Dös siech i ein. Ja, wanns so is, nachher kemmans hier grad recht. Bei uns regnets seit acht Tag. Und koit is grad gnua. Grad heizen muaß ma no.«
    Dann wollte er wissen, wo ich hin wolle.
    »In ein erstklassiges Hotel«, sagte ich und nannte einige Namen, denn schließlich hatte ich in München studiert und kannte mich aus. Und ich hatte beschlossen, in diesem Urlaub nicht auf die Kopeken zu sehen. Das Beste war mir gerade teuer genug.
    Aber mein Fahrer schüttelte zweifelnd den Kopf. »Da siech i schwarz. Wanns net bestellt ham – wissens, in München is immer was los. Zur Zeit hammer – wartens, ob i's zsammbring – also wir ham erschtens die Nahrungsmittelexperten hier, dann eine Delegation aus dem Sudan, dann die Chirurgen und – was war jetzt dös no – ah ja, richtig, den Unternehmerfachverband. Und a Ausstellung hams a eröffnet.«
    »Was heißt das, sie haben die hier?«
    »Mei, die tagen halt. In München tagen's alleweil. Zwei oder drei mindestens. Und drum sind a unsere Hotels alleweil besetzt. Da müssen's Eahna anmelden. Lang vorher scho.«
    »München hat schließlich Hotels genug. So schlimm wird's schon nicht sein«, meinte ich leichtsinnig.
    Jedoch, es war so schlimm. Nachdem wir ›Bayerischer Hof‹, ›Königshof‹, ›Excelsior‹, ›Deutscher Kaiser‹, ›Continental‹ und schließlich noch die ›Vier Jahreszeiten‹ abgeklappert hatten, auf der Suche nach einem Bett für mich, sehr zum Entzücken meines Fahrers, denn es war mittlerweile später Nachmittag, die Straßen brodelnd von Verkehr, wir kamen langsam vorwärts, und die Taxameteruhr stieg in astronomische Höhen, hielten wir ratlos vor der Anfahrt der ›Vier Jahreszeiten‹.
    »Ja mei«, sagte mein Fahrer. »Was dean ma jetzt?« Ich hätte ja bloß meine Firma anzurufen brauchen. Erstens hatten die, soviel ich wußte, ein Gästehaus. Zweitens würden sie vielleicht auch ein Hotelzimmer für mich auftreiben. Aber erstens war es schon ziemlich spät und vielleicht schon Büroschluß, und zweitens wollte ich nicht schon am ersten Abend Bibiana in die Hände fallen.
    Ja, sie hieß wirklich so, war ein prächtiges Mädchen, die Sekretärin meines ehemaligen Chefs in der Firma und ehe ich nach Indien gegangen war, längere Zeit meine große Liebe. Oder ich die ihre, wie man's nimmt. Nur mit Millimeterbreite war ich am Standesamt vorbeigekommen, und was Bibiana mir auf die Reise mitgab, war alles andere als ein Segenswunsch. Es war mir nie ganz begreiflich gewesen, warum sie mich partout heiraten wollte. Sie war viel zu schade für mich, das hatte ich ihr immer wieder klarzumachen versucht, so hübsch und so tüchtig, groß und kräftig gewachsen, mit schönen Beinen und einem gutentwickelten Busen, ungemein energisch, sehr selbstbewußt und außerordentlich tonangebend, wo immer sie sich auch befand. Sei es in ihrem Bereich in der Firma, sei es in unserem gemeinsamen Freundeskreis oder auch im Zusammenleben mit mir. Vor einer Ehe mit Bibiana hatte ich mich, ehrlich gestanden, gefürchtet. Sie war mir zu tüchtig, zu selbstbewußt, zu tonangebend. Ich kam mir neben ihr immer wie ein kleiner dummer Junge vor, dem man gleich auf die Finger klopfen würde. Das war ungerecht von mir gewesen. Sie hatte mich geliebt, ganz bestimmt, und sie war eine ebenso leidenschaftliche wie sorgsam auf mein Wohl bedachte Geliebte gewesen. Und hätte zweifellos eine großartige Ehefrau abgegeben. Neben ihr konnte ein Mann gar nichts anderes machen als Karriere, soviel war sicher. Aber ich hatte immer schon etwas gegen allzuviel Perfektion gehabt. So ein Mädchen wie Annabelle zum Beispiel, gar nicht tüchtig, verspielt, wechselnd in Stimmung und Laune, unberechenbar, also das war … Hinter uns
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