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Der Mörder mit dem grünen Daumen: Ein Kriminalroman mit vielen Gartentipps

Der Mörder mit dem grünen Daumen: Ein Kriminalroman mit vielen Gartentipps

Titel: Der Mörder mit dem grünen Daumen: Ein Kriminalroman mit vielen Gartentipps
Autoren: Evelyn Düll
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ihm. Während alle anderen Angehörigen noch
Trauer trugen, zeigte Herrmann seinen wahren Charakter. Das neue
Testament war bei keinem Notar oder Rechtsanwalt hinterlegt worden.
Herrmann wusste, wo es sich befand, und kaum dass sein Vater unter
der Erde lag, ließ er es verschwinden. Damit blieb der ältere
‚letzte Wille’, der hinterlegt worden war, gültig,
und darin wurde Albert enterbt.“
    „ Das glaube ich
nicht“, sagte Elfi verzweifelt, „du lügst.“
    Christoph redete
unbeirrt weiter: „Natürlich wusste mein Vater von dem
neuen Testament, doch er konnte nicht beweisen, dass es existiert
hatte. Vor Gericht wäre er chancenlos gewesen. Also fügte
er sich in das Unvermeidbare und ließ sich seinen Pflichtteil
auszahlen. Freilich wollte er danach nichts mehr mit seinem Bruder
zu tun haben. Er nahm Mutter und mich, der ich gar nicht wusste, wie
mir geschah, und zog nach Norddeutschland, um dort mit dem Geld eine
eigene Gärtnerei zu gründen.
    Schau der Wahrheit ins
Gesicht, Elfi: Dein Vater hat seinen Bruder nach Strich und Faden
betrogen. Wie sehr muss er ihn dafür gehasst haben, dass ihm so
vieles zuflog, wofür er selbst hart kämpfen musste: die
Baumschule, das Verständnis für Pflanzen, die Frauen. Ja,
die Frauen, denn im Gegensatz zu Herrmann war Albert groß,
schlank, gutaussehend und charmant. Dafür wollte er ihn
fertigmachen.“
    Elfi war fassungslos.
    „ Es kam für
meinen Vater sogar noch schlimmer, als Herrmann es sich wohl hätte
träumen lassen. Albert eröffnete in Nordrhein-Westfalen
eine Gärtnerei. Im Gartenbau machte ihm niemand etwas vor. Aber
er war eben kein skrupelloser Geschäftemacher wie sein Bruder.
Mein Vater war ein gütiger, großzügiger Mensch.
Mitarbeiter und Kunden nutzten das schamlos aus. Nach fünf
Jahren war der Betrieb am Ende und vom Erbe nichts mehr übrig.
Albert hatte zu trinken begonnen, mit seiner Ehe ging es bergab und
dann bekam er zu allem Unglück mit noch nicht einmal 50 Jahren
einen Schlaganfall.
    Meine Mutter ertrug
das alles nicht mehr. Sie verließ ihn und kehrte nach
Brasilien zurück. Sie wollte mich mitnehmen, aber damals war
ich schon alt genug, um mich erfolgreich zu widersetzen. Sollten
doch alle meinen Vater hereinlegen und dann wie eine heiße
Kartoffel fallenlassen, ich nicht!“ Christophs Miene hatte
einen trotzigen Ausdruck angenommen. Während er sprach,
wechselten seine Stimmungen immer schneller.
    „ Nach seinem
zweiten Schlaganfall war Albert ein Pflegefall. Er war halbseitig
gelähmt und konnte nicht mehr sprechen. Für eine
menschenwürdige Behandlung brauchten wir dringend Geld. Also
schmiss ich mit 16 die Schule und begann als einfacher Gärtner
zu arbeiten.
    Wie gerne hätte
ich Landschaftsarchitektur studiert oder Gartenbau. So wie du.
Stattdessen konnte ich nicht einmal eine Lehre abschließen.
Ich schuftete wie ein Pferd, um meinem Vater eine angemessene Pflege
zu finanzieren und mich selbst über Wasser zu halten. Herrmann
hatte nicht nur das Leben meiner Eltern zerstört, sondern auch
mein eigenes.
    Manchmal vertrieb ich
mir die Zeit damit, Rachepläne zu schmieden. Tausendmal habe
ich ihn im Geiste umgebracht. Wie wäre es, fragte ich mich,
wenn ich eines Nachts zur Baumschule führe, einbräche,
mich von ihm ,überraschen’ ließe und ihn erschlüge?
Niemand würde mir auf die Schliche kommen. Immerhin hatte ich
ihn als Zehnjähriger das letzte Mal gesehen, zwischen meinen
Eltern und ihm hatte seit vielen Jahren kein Kontakt mehr bestanden.
Leider brachte ich nicht den Mut auf, es wirklich zu tun.
    Wahrscheinlich hätte
ich niemals etwas unternommen, wenn nicht das Schicksal eingegriffen
hätte. Das war am Freitag vor einer Woche. Gott, was für
ein beschissener Tag! Ich kam schon am frühen Nachmittag nach
Hause. Hatte einen mordsmäßigen Krach mit meinem Chef
gehabt und stand kurz davor, ihm die Brocken vor die Füße
zu werfen. Ich war einfach nicht länger bereit, mich knechten
zu lassen. I-c-h h-a-b-e e-t-w-a-s B-e-s-s-e-r-e-s v-e-r-d-i-e-n-t!
    Und was lag just an
diesem Tag im Briefkasten? Ein Schreiben vom lieben Onkel Herrmann!
Es war an Albert adressiert, der seit Jahren nicht mehr lesen kann!
Dein Vater hatte sich nie einen feuchten Kehricht für uns
interessiert, Elfi, überhaupt nicht.
    Der Inhalt des Briefes
war eine einzige Unverschämtheit. Nach mehr als 20 Jahren des
kalten Krieges solle es eine Versöhnung geben, schrieb
Herrmann, und zwar zu seinen Bedingungen. In seiner Großzügigkeit
sei er
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