Der Mörder mit dem grünen Daumen: Ein Kriminalroman mit vielen Gartentipps
die Baumschule einzubrechen. Ich vermutete die
Pflanze selbstverständlich im Rosengewächshaus. Allerdings
hätte sie auch sonst wo sein können. Aber ich musste ja
irgendwo beginnen, also überwand ich in der Nacht von
Donnerstag auf Freitag mit einer Leiter die Wand am
Mitarbeiterparkplatz, schlich mich zum Rosengewächshaus und
brach es auf. Dummerweise blühten die Dinger nicht mehr. Wie
sollte ich da die Richtige finden, falls sie überhaupt darunter
war? Ihren Namen kannte ich nicht und mitnehmen können hätte
ich nur einen Bruchteil der Pflanzen.
Zu allem Unglück
tauchte plötzlich auch noch Marius auf. Er hatte sich in der
Nähe befunden und mich gehört. Mann, war der high, total
euphorisiert. Machte einen enormen Krach. ,Sei doch ruhig’,
zischte ich, ,du weckst ja die Landgraf auf.’ Natürlich
war ihm sofort klar, dass ich eingebrochen war. Dachte wohl, ich
habe weiter ins Haus gewollt. Und wisst ihr was? Er brachte mir
volle Sympathie entgegen!“ Christoph lachte.
„ Marius hasste
Herrmann genauso wie ich. Er wollte sich mit mir verbrüdern,
zeigte mir sogar seine kleine Plantage. Ich schwitzte Blut und
Wasser. Die ganze Zeit musste ich daran denken, wie ich den Kerl
loswerden könnte. Mich auf die Verschwiegenheit eines Junkies
zu verlassen, kam nicht in Frage. Dafür stand für mich zu
viel auf dem Spiel.
Die zündende Idee
hatte ich, als wir gemeinsam durch den Wald zur Kreisstraße
gingen. Ich timte es so, dass wir den Fahrbahnrand an einer
verborgenen Stelle erreichten, und beim erstbesten Auto, das
vorbeifuhr, schubste ich ihn auf die Straße. Es ging
verblüffend einfach. Man kriegt wirklich Routine beim Töten.“
Er lachte hysterisch. „Je häufiger man es tut, desto
leichter geht es einem von der Hand. Verrückt, nicht wahr? Und
der Fahrer des Wagens tat mir sogar noch den Gefallen, sich aus dem
Staub zu machen. War wohl selber besoffen.“
„ Was ist mit
Stan“, fragte Elfi tonlos.
„ Er war zu einer
Bedrohung geworden, weil er sich an mich erinnerte. Stanislaw
Lesczynski, Beamter auf Lebenszeit in der Baumschule Landgraf, war
außer mir der einzige, der die Zeit vor 22 Jahren bewusst
miterlebt hatte. Schon bei unserer ersten Wiederbegegnung am
Mittwochmorgen spürte ich, dass ich ihm bekannt vorkam. Er
musterte mich auffallend lange. Er vermochte mich nur noch nicht
einzuordnen.“
Tom erinnerte sich an
die Szene. Auch das Gespräch zwischen Stan und Elfi im Büro,
das er belauscht hatte, fiel ihm wieder ein. Irgendetwas von dem,
was da geäußert worden war, hatte ihn noch lange
beschäftigt und jetzt wusste er, was. „Der Junge wird nie
ein richtiger Gärtner und der andere...“, hatte Stan
sinngemäß gesagt, ehe Elfi ihn unterbrach. Was war mit dem anderen,
mit „Plotzeck“, musste Toms Unterbewusstsein sich
gefragt haben.
Die zahlreichen
Parallelen zwischen Christophs Erfahrungen in den zurückliegenden
zehn Tagen und seinen eigenen verblüfften Tom. Beide hatten am
Freitag vor einer Woche einen Schock erlitten. Beide brauchten
ungefähr bis Sonntag, um sich einigermaßen davon zu
erholen. Beide bereiteten am Montag ihre Bewerbung bei der
Baumschule Landgraf vor. Am Dienstag trafen sie dort ein, um am
Mittwoch anzufangen. Beide hatten sie etwas gesucht: Christoph eine
blaue Blume und Tom den geheimnisvollen Drahtzieher einer Serie
verdächtiger Vorkommnisse. Und nun standen sie beide
gleichzeitig am Ziel.
Viele Kleinigkeiten
fügten sich auf einmal zu einem größeren Ganzen. Mit
seinem teilweise seltsamen Verhalten hatte „Plotzeck“
den Zweck verfolgt, in den Innendienst zu kommen. Das Geräusch,
das Elfi in der Nacht von Donnerstag auf Freitag gehört hatte,
war wohl von dem zugedröhnten Marius verursacht worden.
„ Stan hat bis
zuletzt nicht gerafft, wer ich wirklich bin“, fuhr Christoph
fort. „Aber je mehr passierte, desto misstrauischer wurde er.
Nachdem er von Marius’ Tod erfahren hatte, wollte er dir
mitteilen, dass er mich für verdächtig hielt. Ich konnte
das beobachten. Glücklicherweise unterbrachst du ihn, weil ein
Kunde auf dich wartete. Daraufhin kam Stan direkt zu mir und setzte
mir die Pistole auf die Brust. Er wisse, dass ich schon einmal hier
gewesen sei. Ob ich etwas mit den Unglücken zu tun habe.
Ich spielte natürlich
das Unschuldslamm, aber das kaufte er mir nicht ab. Er warnte mich,
stellte mir ein Ultimatum: Wenn ich nicht spätestens in der
Versammlung am nächsten Morgen meine Karten auf den Tisch
legte, würde er seinen
Weitere Kostenlose Bücher