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Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Titel: Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)
Autoren: Alexander Röder
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der dunklen Tür, vor dem sie standen, und nickte. Lewis senkte ergeben den Kopf, strich sich das Haar aus der Stirn und rückte den Kragen zurecht. Dann stieg er aus und setzte zum ersten Mal einen Fuß auf Weimarer Boden, genauer, auf das Pflaster der Jakobstraße. Kaum hatte er den Dreispitz auf den Kopf gedrückt und seinen Rock gerichtet, rief ihn auch schon der Postillion an, er möge sein Gepäck in Empfang nehmen. Die beiden großen, ledernen Koffer rutschten ihm schwer entgegen, und er ging keuchend in die Knie. Der Kutscher sah belustigt zu, hob dann den Kopf und blickte über Lewis hinweg.
    „Darf ich Ihnen helfen?“, fragte eine Englisch sprechende Stimme. Lewis drehte sich halb um, so gut es ihm mit seiner Last gelang. Dort stand ein etwa dreißigjähriger Mann mit hellem Haar, freundlichen Augen und rötlichen Wangen und streckte ihm die Hand entgegen. „Master Lewis, nehme ich an.“
    Lewis nickte, runzelte die Stirn und sah verwundert auf die dargebotene Hand. Der Mann lächelte und griff beherzt nach dem Gepäck. „Karl August Böttiger, Ihr Gastgeber für die nächsten Monate ...“ Dann spürte er das Gewicht der beiden Koffer und hob die Brauen.
    Jetzt erlaubte sich Lewis ein Lächeln. „Erfreut, Sie zu treffen, mein Herr, und Dank Ihnen, mir eine Hand zu leihen“, sagte er auf Deutsch.
    Gemeinsam setzten sie das Gepäck auf dem Pflaster ab. Böttiger schüttelte seine Hand aus. „Sie haben nicht gerade leichtes Gepäck.“ Er sprach nun auch wieder Deutsch, wenn auch langsam und deutlich.
    „Garderobe“, sagte Lewis. Dann fischte er die Reisetasche aus dem Wageninneren. „Und Bücher, in der Tat.“
    „Sprachwerke, wie es scheint, denn Sie sprechen recht gut unsere Sprache.“ Böttiger nickte lobend. „Ich ging davon aus, dass Sie sie hier erlernen wollten ...“
    Lewis zuckte ein wenig die Achseln. „Ich lernte von meiner Reise nach Frankreich, ein wenig mehr vorbereitet zu sein ...“ Er kramte in seiner Börse nach dem Entgelt für den Postillion. Der dankte, indem er den Finger an den Hut legte und flott anfuhr. Lewis sah ärgerlich hinterdrein.
    Böttiger zupfte seine hochgerutschten Rüschenmanschetten wieder aus den Rockärmeln. „Ihr wart in Frankreich?“ Sein Tonfall war neugierig und hatte doch den Anflug eines Vorwurfs. „Vor kurzem?“
    Als Lewis den Mund öffnete, um zu antworten, ertönte plötzlich eine helle Frauenstimme aus Richtung des Eingangs. „Karl! Frag unseren Gast doch nicht aus, bevor er sich erfrischt hat!“
    Die beiden wandten sich um. Unter dem Türsturz stand eine junge Frau in hellblauem Kleid mit halblangen Ärmeln, einen zwei Jahre alten Jungen an der Hand. „Vor allem solltest du uns einander vorstellen.“ Sie lächelte gewinnend.
    Böttiger konnte nicht umhin zurückzulächeln. Er zeigte auf den jungen Engländer. „Master Matthew Lewis aus England – meine Gemahlin Eleonore.“ Der Bub schaute den dunkel gekleideten und aufgrund der Reiseanstrengungen verwegen aussehenden Lewis mit großen Augen an. Böttiger hob einen Finger. „Mein Sohn Karl.“
    Lewis zog den Hut und verneigte sich. „Erfreut, Sie zu treffen, meine Dame ...“ – er blickte zwischen den Haarsträhnen hervor, die ihm ins Gesicht fielen – „... und mein Herr.“
    Karlchen zog die Nase kraus und machte ein bedrücktes Gesicht, als wolle er sogleich zu weinen beginnen, und so richtete Lewis sich rasch auf und lachte so fröhlich über das ganze Gesicht, wie es seine kleinen Augen erlaubten. Es gelang ihm, das Schlimmste abzuwenden, der kleine Karl blieb brav. Eleonore Böttiger machte eine einladende Geste. „Treten Sie ein, Herr Louis, und nehmen Sie einen Schluck mit uns. Um Ihr Gepäck wird man sich kümmern.“ Sie nickte ihrem Gatten zu. „Du kümmerst dich um das Kümmern, nicht wahr?“
    Böttiger sah Lewis an, der versuchte, diesen Blick zu deuten, was ihm aufgrund seiner Unerfahrenheit nicht recht gelang. Böttiger bemerkte dies, und bevor das Tableau dieser beiden Männer, die sich verständnislos anstarrten, zu peinsam wurde, lenkte er Lewis in Richtung des Eingangs.
    Dort verneigte der sich erneut vor Eleonore Böttiger, und als er sich aufrichtete, bemerkte er leise, fast verschwörerisch: „Lewis ist der Name, Lewis.“ Er hob kurz die Brauen. Der kleine Karl schluckte. Lewis straffte rasch seinen Körper. „Gern nehme ich einen Schluck!“
    Eleonore Böttiger sah den Engländer an und leitete ihn ins Haus. Ihr Gatte schaffte es, ihr zuzuflüstern:
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