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Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Titel: Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)
Autoren: Alexander Röder
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möglich, eine der aufregenderen Passagen auch ebenso aufregend zu schildern.
    „Von Leipzig fuhren wir über Naumburg, wo ich mich an das kaum der Erinnerung werte Posthaus erinnern kann.“ Er machte eine Pause, um das dezente Wortspiel wirken zu lassen und nippte an seinem Glas. „Am Salztor, das allerdings keineswegs aus diesem Material bestand, kehrte ich in den Goldenen Scheffel ein, wo mir ein Mahl serviert wurde, das diesem hier nicht ausreichend nahe kam, wie ich bedauern muss. Doch weiter auf meinem Weg: Er führte durch lauter Hügel aus grauweißem Kalk, in die abscheuliche Hohlwege geschnitten sind, die sich winden und winden und kein Ende zu nehmen scheinen. Dort hindurch preschte unsere Kutsche. Der Fahrer konnte kaum den Weg erkennen, aber nicht allein, da die überhängenden Kalkfelsen, die sich dort so sonderbar geschichtet auftürmen, das Licht minderten. Nein, auch das Wetter sandte seine Unbilden. Der Himmel, nur noch als schmales Band über unseren Köpfen zu erkennen, bewölkte sich zunehmend, und die Nacht war nicht mehr fern. Ich hatte zuvor erfahren, dass ebenjene Felsen infolge starker Verwitterung leicht Gefahr liefen, von Regenwasser hinabgeschwemmt zu werden, und so trieb der Kutscher die Pferde an, um ja den Hohlweg hinter sich gebracht zu haben, bevor das Gewitter losbrechen mochte. Plötzlich ...“
    Lewis hob die Hände ein wenig und blickte befriedigt in die Gesichter der beiden Böttigers, die leicht vorgebeugt auf ihren Stühlen saßen und voll Spannung lauschten.
    „... hallte ein Donnerschlag in der Schlucht wider!“
    Eleonore Böttiger entfuhr ein leiser Schreckenslaut, und ihr Gatte sah sehr selbstzufrieden drein: Dieser junge Mann war begabt, und er, Karl August Böttiger, würde ihn formen und begeistern und zu einem wertvollen Instrument für das Orchester der deutschen Literatur machen. Er wollte sich zufrieden zurücklehnen, als ihm bewusst wurde, dass die Geschichte noch nicht zu Ende war. Lewis erzählte weiter, in raschen Sätzen, die ihm flüssiger aus dem Munde kamen, als er es selbst glauben mochte. Er trank mehr Wein und dankte insgeheim seinem deutschsprachigen Lesestoff. „Der Regen begann herniederzurauschen. In Rinnsalen, dann in Sturzbächen floss das Wasser über die Kanten der Felsen. Im schwachen Licht undeutlich, während des Blitzflackerns erschreckend deutlich konnte ich sehen, wie die Ströme des Wassers trüber und trüber wurden vom ausgewaschenen Kalk. Schon mischten sich erste Steinchen hinein, die ich immer lauter aufs Wagendach prasseln hörte. Sie übertönten schon die Hufschläge der tapferen Rösser, die der kühne Kutscher immer heftiger antrieb. Donner grollte. Es schien, als wolle er mich persönlich verfluchen. Immer schneller fiel der kalkige Hagel, schneller und schneller trommelten die Hufe, der Hohlweg wollte kein Ende nehmen. Mein Ende hingegen schien kurz bevorzustehen. Ich wurde im Inneren der Kutsche hin- und hergeschleudert und erwartete das Schlimmste. Der Lärm schwoll an, und dann – war es still!“ Lewis machte eine ausdrucksvolle Pause. Die Böttigers verharrten atemlos.
    „Wir hatten glücklich das Gebirge hinter uns gelassen und schauten ins anmutige Tal eines Flusses, der sich tief unten durch breite Wiesengründe wand. Die Wolken waren aufgebrochen, und die letzten Strahlen der Abendsonne tauchten das Buschwerk in goldenes Licht.“ Damit hob er sein Glas und fing gekonnt etwas vom Schein, der durch die Fenster fiel, darin ein. Dann trank er.
    Eleonore Böttiger klatschte in die Hände. „Wie ergreifend! Ich bin froh, dass es gut ausgegangen ist.“ Dann legte sie den Finger ans Kinn. „Aber das musste es ja, schließlich sind Sie wohlbehalten hier angekommen, Herr ... Lewis.“
    Lewis nickte anerkennend und dankbar. Böttiger war noch angetaner als zuvor. „Master Lewis, Sie erzählen hervorragend. Geradezu galvanisch. Jeder Satz verursacht einen Schock, als berühre man die Glasscheibe einer Elektrisiermaschine.“ Er klopfte in studentischem Applaus kurz auf die Tischplatte.
    „Vielen Dank“, sagte Lewis. „Aber nachdem ich diesen Vergleich genießen durfte, will ich vorerst davon Abstand nehmen, meine Erlebnisse in der alten Burgruine zu berichten, die auf einem Hügel über Camburg dräut, dem nachfolgenden Ort meiner Reise. Allzu viele Schocks dürften den Nerven nicht förderlich sein ...“
    „Zuvorkommend Ihrem Publikum gegenüber sind Sie zudem, sehr lobenswert!“ Eleonore Böttiger blickte von
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