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Der Mitternachtsdieb: Roman

Der Mitternachtsdieb: Roman

Titel: Der Mitternachtsdieb: Roman
Autoren: Sidney Sheldon
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warum. John Feeney hatte Susan Boardman ermordet und jetzt Angst, daß ihr Geist seinen Namen nennen würde. Und weil wir die einzigen sind, die das wissen, dachte er, muß er auch uns töten. Aber davon sagte er seiner Schwester nichts. Er wollte ihr nicht mehr angst machen, als ihr sowieso schon war. Ich bringe uns hier raus, dachte er. Irgendwie. Er versuchte erneut, den fesselnden Strick zu lockern, aber dieser schnitt dadurch nur noch tiefer in seine Handgelenke ein.
    „Vielleicht macht er ja nur Spaß?" meinte Mitsue. „Vielleicht will er uns tüchtig erschrecken und läßt uns danach wieder frei?"
    „So könnte es sein", pflichtete ihr Kenji bei. Aber er wußte es in Wirklichkeit natürlich besser. Wenn ich uns nicht hier herauskriege, dachte er, dann müssen wir sterben.

    John Feeney machte inzwischen in seiner Wohnung Pläne, wie er sich der Kinder entledigen konnte. Ich warte, beschloß er bei sich, bis alles im Haus schläft, und dann gehe ich hinunter zu ihnen. Er holte sich dasselbe lange und scharfe Messer aus einer Schublade, mit dem er Susan Boardman getötet hatte. Das verwende ich auch für die Kinder. Dann schaffe ich sie heimlich in den Kofferraum meines Autos und werfe sie in den East River. Niemand erfährt jemals, was wirklich geschehen ist.
    John Feeney hatte eigentlich gar keine Absicht gehabt, Susan Boardman zu ermorden. Alles kam nur wegen des Schmucks. Mr. Boardman hatte seiner Frau einmal zum Geburtstag oder Hochzeitstag eine wunderschöne Diamanthalskette und dazu passende. Diamantohrringe geschenkt. Und als sie eines Abends zu einer Party ausging, hatte Mrs. Boardman sie dem Hausverwalter stolz gezeigt.
    „Sind sie nicht wunderschön?" hatte sie gefragt.
    „O ja, wirklich, Mrs. Boardman." Im stillen aber hatte er gedacht: Das muß ja mindestens hunderttausend Dollar wert sein. Wenn man so was in die Hand kriegte und verkaufte... da hätte ich für den Rest meines Lebens ausgesorgt. Ich könnte irgendwohin in die Südsee reisen und dort leben wie ein König. Dieser Gedanke ging John Feeney dann nicht mehr aus dem Kopf. Es war nicht gerecht, daß die Boardmans so reich waren und er nicht und für armseligen Lohn arbeiten mußte. Und er dachte: So schwer kann das nicht sein, sich diesen Schmuck zu verschaffen. Wenn sie mal fort sind. Er kannte ja die Wohnung der Boardmans gut. Als Hausverwalter war das normal. Außer- dem war er oft oben gewesen, um dies oder jenes zu reparieren oder nachzusehen. Und so wußte er auch, daß Mrs. Boardman ihren Schmuck in einer Schatulle auf ihrem Frisiertisch verwahrte.
    Und was als bloßes Gedankenspiel begonnen hatte, wurde eine fixe Idee. John Feeney konnte nur noch an diese Juwelen denken und daß er sie unbedingt haben mußte. Er dachte sich einen Plan aus, bei dem er niemals in Verdacht geraten könnte.

    Jeden Freitag gingen Mr. und Mrs. Boardman mit ihrer Tochter Susan zum Essen und ins Kino aus. Dann war niemand in der Wohnung. An diesem Freitag wartete John Feeney, bis sie aus dem Haus waren. Daß Mrs. Boardman ihren kostbaren Schmuck nicht tragen würde, wenn sie ins Kino ging, konnte man annehmen.
    Er nahm ein scharfes Messer mit, mit dem er Mrs. Boardmans Schmuckschatulle aufschlitzen wollte. Er spähte hinaus in die Halle, vergewisserte sich, daß auch wirklich niemand da war, und fuhr dann mit dem Aufzug hinauf in den zwölften Stock. Der Flur oben war ebenfalls menschenleer. Er hatte einen Schlüssel zu der Wohnung und hätte sich damit leicht Einlaß verschaffen können, aber er wollte natürlich, daß es so aussah, als seien richtige Einbrecher am Werk gewesen, so daß niemand ihn verdächtigen konnte. Er fuhr mit seinem Messer in die Türspalte und sprengte die Tür so auf. Dann ging er in die Wohnung hinein. Er wußte genau, wo der Schmuck war. Der ganze Diebstahl würde nur ein paar Minuten dauern, dann war er auch schon wieder unten in seiner eigenen Wohnung, aber mit einem Vermögen in der Hand.
    Er ging durch den Wohnraum in das Schlafzimmer. Da stand richtig die Schmuckschatulle, wo sie immer war. Er hob sie hoch. Sie war schwerer, als er gedacht hatte. Er nahm sein Messer und sprengte sie auf. In der Schatulle lagen nicht nur die Diamanthalskette mit den Ohrringen dazu, sondern noch weitere wertvolle Ketten und Ringe. Ich bin reich, dachte John Feeney.
    Noch mit der Schatulle in der Hand drehte er sich um zum Gehen - und sah sich Susan Boardman gegenüber. Sie hatte ein weißes Kleid an.
    Er blieb wie angewurzelt stehen.
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