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Der Mitternachtsdieb: Roman

Der Mitternachtsdieb: Roman

Titel: Der Mitternachtsdieb: Roman
Autoren: Sidney Sheldon
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überhaupt nicht übersehen haben."
„Aha."
    „Vielleicht sind sie bei Schulfreunden?" meinte John Feeney scheinheilig.
    Mr. Yamada schüttelte den Kopf. „Nein, nein, das würden sie nicht tun, ohne zu Hause Bescheid gesagt zu haben. Ich weiß nicht, was ich jetzt tun soll."
    John Feeney sagte: „Ach, ich bin sicher, es liegt kein Grund zur Sorge vor. Sie wissen doch, wie spontan und gedankenlos Kinder manchmal sind."
    „Nicht meine", erklärte Mr. Yamada würdevoll. „Bestimmt kommen sie bald", sagte Feeney.
    „Ja, wahrscheinlich haben Sie recht... Na, dann will ich mal nach oben und auf sie warten."
    Es wurde sieben Uhr und acht Uhr, und dann hielten es Takesh und Keiko Yamada nicht länger aus.
    „Irgend etwas ist ihnen zugestoßen", sagte Keiko. „Ich spüre es. Wir müssen zur Polizei gehen."
    Mr. Yamada war einverstanden. „Sie würden niemals so lange wegbleiben, ohne uns zu verständigen. Komm, wir gehen zusammen zur Polizei."

    Eine Viertelstunde danach saßen sie im Büro von Polizeilieutenant Brown im Polizeipräsidium.
    „Worum handelt es sich?" fragte Lieutenant Brown.
    „Unsere Kinder sind verschwunden", sagte Keiko. „Sie müssen sie suchen."
    Lieutenant Brown griff nach einem Schreibstift. „Die Namen?"
„Meine Tochter heißt Mitsue Yamada und mein Sohn Kenji."
„Wie schreibt man das?"
„K-e-n-j-i-."
„Gut, und das Alter?"
„Mitsue ist elf, Kenji vierzehn."
„Seit wann werden sie vermißt?"
„Seit etwa drei Stunden", sagte Takesh Yamada. Lieutenant
Brown sah überrascht hoch und legte seinen Schreibstift weg.
„Da kann ich leider nichts für Sie tun."
„Wieso?" fragte Mr. Yamada.
    Der Lieutenant seufzte. „Schauen Sie, drei Stunden bedeutet noch nicht, vermißt zu sein. Das bedeutet, sie sind vermutlich bei irgendwelchen Schulfreunden oder im Kino, oder sonst irgendwas von einem Dutzend Dingen, die Jugendliche nun mal so machen. Sie werden schon wieder auftauchen." Takesh Yamada richtete sich würdevoll auf und erklärte: „Sie kennen unsere Kinder nicht. Sie sind immer rechtzeitig zu Hause. Sie müssen mir schon glauben, irgend etwas ist ihnen zugestoßen."
    Aber Lieutenant Brown wehrte kopfschüttelnd ab. „Sicher beunruhigen Sie sich ganz umsonst."
    „Wir sind aber beunruhigt wegen unserer Kinder", sagte Keiko unter Tränen.
    „Sie sind doch schließlich die Polizei!" erklärte Mr. Yamada. „Sie müssen unsere Kinder finden!"
    „Ich kann im Moment leider gar nichts für Sie tun", sagte der Lieutenant. „Eine Vermißtenanzeige ist offiziell frühestens nach vierundzwanzig Stunden möglich."
    „Was soll das heißen?" fragte Keiko. „Das verstehe ich nicht." „Das soll heißen", erläuterte der Lieutenant, „daß ein voller Tag vergangen sein muß, ehe man von >vermißt< sprechen kann. Was meinen Sie, sonst hätten wir kaum noch etwas anderes zu tun, als jeden Ehemann zu suchen, der nicht nach Hause kommt, weil er noch in einer Bar sitzt, bevor er heimgeht. Ich würde Ihnen ja gerne helfen, aber es geht nicht. Sie müssen schon die vorgeschriebenen vierundzwanzig Stunden warten. Kommen Sie also, falls es dann noch nötig ist, morgen abend wieder und geben Sie dann Ihre Vermißtenanzeige auf."
    Keiko war am Rande der Panik. „Aber ich fühle es genau, die Kinder sind in schrecklicher Gefahr."
    Mr. Yamada ergänzte: „Sie sind aus der Schule weggegangen, aber nicht zu Hause angekommen."
    Lieutenant Brown versuchte zu begütigen. „Bewahren Sie die Ruhe. Ich wette, sie sind längst zu Hause, wenn Sie jetzt zurückkommen. Seien Sie so nett, und rufen Sie mich gleich an, ja? Ich fühle mich dann auch besser, wenn ich weiß, die Sache hat sich erledigt. Ich habe selbst Kinder, wissen Sie." Mr. und Mrs. Yamada standen auf. Es gab nichts weiter zu sagen. „Na gut, Lieutenant. Vielen Dank."
    Auf dem Heimweg sagte Mr. Yamada: „Vielleicht hat er ja recht. Vielleicht sind Kenji und Mitsue inzwischen schon zu Hause und warten auf uns."
    Aber Keiko wußte es instinktiv besser. Sie hatte eine schreckliche Vorahnung, daß etwas Schlimmes mit ihren Kindern geschehen war.

    Im Untergeschoß ihres Mietshauses versuchten Kenji und Mitsue verzweifelt, sich zu befreien. Aber es war hoffnungslos. Ihre Hände waren ihnen so streng auf den Rücken gefesselt, daß sie nichts machen konnten, und außerdem waren sie hinter dem Gitter der Abstellkammern eingesperrt, wo niemand sie hören konnte. „Was hat er mit uns vor?" fragte Mitsue.
    Kenji antwortete ihr nicht. Er wußte schon,
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