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Der Mitternachtsdetektiv: Unter Wölfen (German Edition)

Der Mitternachtsdetektiv: Unter Wölfen (German Edition)

Titel: Der Mitternachtsdetektiv: Unter Wölfen (German Edition)
Autoren: Dane Rahlmeyer
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sagte ich.
    »Seien Sie sich dessen gewiss.« Er lächelte mit u n menschlich perfekten Zähnen. »Und womit kann ich dienen? Möchten Sie das eine Zauberwort wissen, das jeden Menschen zu Ihrem Sklaven macht? Oder soll ich Ihnen sagen, wer das Universum wirklich e r schaffen hat? Oder geht es um das genaue Datum I h res Todes?«
    Ich grinste müde. »Verlockend, aber nein. Ich brauche die Adresse einer Person, die anscheinend nicht gefu n den werden will. Elisa Prätor i us.«
    »Ah«, sagte er.
    »Sie kennen die Frau?«
    »Natürlich. Ich weiß ...«
    »Alles – ja, so steht es auf Ihrer Karte. Dann können Sie mir garantiert weiterhelfen.«
    »Hmmm«, machte er wichtig. »Mal sehen.« Die Schlösser seines Aktenkoffers sprangen klackend auf. Er zog raschelnd einen Zettel hervor. »Oh«, sagte er. »Wie es der Zufall will, habe ich ihre derzeitige A n schrift hier.«
    »Na, so ein Zufall aber auch«, sagte ich und versuc h te, einen genaueren Blick auf das Papier zu erhaschen. Leider stellte ich mich dabei nicht allzu subtil an.
    »Ah-ah-ah!« Mein Informant legte das Papier zurück in den Koffer, scheinbar gekränkt. »Diese Information ist nicht umsonst, mein junger Freund.«
    War einen Versuch wert. »Wie viel?«, fragte ich und wappnete mich gegen die Antwort.
    »Nun«, sagte er. »Information ist ein gefragtes Gut heutzutage. Trotzdem mache ich Ihnen einen Freun d schaftspreis: sechzigtausend Euro. In bar.«
    »Klar«, sagte ich. »Ich hol’ sie gleich aus meinem u n sichtbaren Safe.«
    Er lächelte sogar darüber: ein charmantes, kleines L ä cheln, so echt wie natürliche Farbstoffe in Fruchtj o ghurt. »Nun«, sagte er, »es gäbe noch eine andere Art der Bezahlung.«
    Lass mich raten : Ein Pfund von meinem Fleisch oder meine werte Seele? »Welche?«, fragte ich.
    »Oh«, sagte er beiläufig. »Nur eine Erinn e rung.«
    »Eine Erinnerung?« Ein entschieden ungutes Gefühl machte sich in meiner Magengegend breit.
    »Nur eine kleine Erinnerung«, sagte er und machte eine wegwerfende Geste. »Das ist alles. Die Erinnerung an Ihren ersten Kuss .«
    Ich starrte ihn an: Seine Augen hatten keine Farbe – jedenfalls keine, die ich beschreiben könnte – aber sie waren alt, uralt. Und er schien keine Witze zu machen.
    »Wozu?«, fragte ich.
    »Nennen Sie es ein Hobby. Ich bin Sammler von E r fahrungen, die mir selbst verschlossen bleiben.«
    »Und Sie kopieren die Erinnerung und ...?«
    »Oh nein«, sagte er amüsiert. »Nein, nein. Ich nehme sie mir und sie ist für immer mein. U n wiederbringlich.«
    Ich dachte darüber nach. »Gibt es nicht eine andere ...?«
    »Bedaure«, sagte er und machte Anstalten, seinen Koffer schließen. »Weiterhin viel Erfolg bei Ihrem U n terfangen, Herr Hellmann.«
    Scheiße. Die Adresse der Prätorius rauszukriegen konnte Tage dauern. Und Samstag, mein Stichtag, rückte mit großen Schritten näher und näher. Meine Gedanken rasten.
    »Warten Sie«, sagte ich.
    Er hielt inne.
    Unter dem Tisch ballten sich meine Hände zu Fä u sten. »Also gut«, sagte ich. »Was muss ich tun?«
    Sein Lächeln erinnerte mich an einen Hai, dem die Sardinen direkt ins Maul schwammen. »Geben Sie mir Ihre Hand.« Ich gab ihm meine Hand. Ich weiß noch, seine Finger fühlten sich an wie Plastik. So unecht wie alles andere an dem Kerl. »Nun öffnen Sie Ihren Geist«, sagte er.
    Ich schloss die Augen, stellte das Radio in meinem Kopf auf Zen . Ich dachte, ich würde die Berührung fremder Finger in meinem Hirn spüren. Einen kalten Luftzug, der durch mein Oberstübchen wehte.
    Doch ich fühlte nichts.
    Ich schlug die Augen auf.
    »Das war es schon«, sagte er und nahm die Hand z u rück. »Vielen Dank, Herr Hellmann.«
    Mein Lachen klang sogar in meinen eigenen Ohren unecht. »Wie – das war alles? Sind Sie sicher, dass es geklappt hat, Kumpel?«
    »Nun«, sagte er. »Erinnern Sie sich den noch an das fragliche Ereignis?«
    Natürlich erinnerte ich mich: Wir waren elf Jahre alt, Sina Hartwig und ich, und wir saßen auf der Schaukel auf dem Spielplatz und plötzlich beugte sie sich zu mir und ...
    Nein, Halt. Das war mein zweiter Kuss gewesen. Mein erster Kuss war ... das Mädchen hieß ...
    Ich wusste es nicht mehr. Dort, wo die Erinnerung sein sollte, wallte schwarzer Nebel. Undurchdringlich und kalt.
    Ich versuchte zu schlucken – mit staubtrockener Kehle keine leichte Übung. Ein Schauer überkam mich wie eine Eimerladung Eiswasser: Ich hatte einen Teil von mir verkauft und ich würde ihn niemals
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