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Der Minister und das Mädchen - Kriminalroman

Der Minister und das Mädchen - Kriminalroman

Titel: Der Minister und das Mädchen - Kriminalroman
Autoren: Grafit
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öffnete, verkündete ein Schild: Conver Art .
    Dreitagebart lag auf einer Miniatur-Fluglandebahn und umklammerte sein linkes Bein, aus dem das Blut spritzte. Die Landebahn färbte sich rot. Ich behielt ihn im Auge und vor der Pistolenmündung. In seinem Gesicht stand blanke Todesangst. Als er mich sah, stieß er zwischen den Zähnen ein paar Worte hervor, die sich russisch anhörten.
    Fünf Meter weiter eine russische Landkarte von Europa, im Nebenraum marschierten Soldaten auf Videomonitoren, dazu Hymnen in der Endlosschleife.
    »Geben Sie auf! Sie haben keine Chance!« Stürzenbechers Stimme im Befehlston, ganz in der Nähe.
    Ein lautes Klicken, jemand hatte keine Munition mehr. Ich ließ es darauf ankommen und trat aus der Deckung. »Nicht schießen! Ich bin’s.«
    Gangster Nummer eins, den Arm um Gudruns Hals gelegt, kauerte hinter einer Skulptur, die wie ein überdimensionales Holzspielzeug aussah. Stürzenbecher grinste.
    Der Gangster warf die Pistole weg und richtete sich auf.
    »Kommen Sie her!«, rief Stürzenbecher Gudrun zu.
    Gudrun torkelte quer durch den Raum. Ich fing sie auf, und sie sackte in meinen Armen zusammen. Vorsichtig ließ ich sie zu Boden gleiten, sie war noch bei Bewusstsein und griff nach meiner Hand.
    Stürzenbecher legte Gangster Nummer eins Handschellen an.
    »Der Typ da hinten verblutet«, sagte ich zu Stürzenbecher.
    Der Hauptkommissar griff zu seinem Funkgerät.
    Gudrun öffnete den Mund. »Schwarz.«
    Ich beugte mich über sie. »Christian Schwarz? Hat Christian Schwarz Katarina Plistor umgebracht?«
    »Nicht Christian. Wolfgang Schwarz.«

XV
     
     
    Mit einem Sixpack alkoholfreiem Bier und einer gebratenen Ente mit Bambus und Pilzen vom Chinesen machte ich es mir vor dem Fernseher gemütlich. Eines der großen Rätsel der Menschheit bleibt für mich die Frage, wie sämtliche chinesischen Restaurants in Deutschland es schaffen, ihre gebratenen Entenstücke absolut gleich aussehen und gleich schmecken zu lassen. Vielleicht gibt es ja irgendwo eine geheime chinesische Großküche, die Norm-Entenstücke herstellt.
    Die Prognose um achtzehn Uhr sah die SPD weit vor der CDU, für Grüne und FDP schien die Sache gelaufen, bei der PDS war es noch unklar. Pfarrer Hintze sagte ein Interview ab und hielt stattdessen mit tränenerstickter Konfirmandenstimme eine Rede vor der eigenen Anhängerschaft, in der er versicherte, man habe bis zuletzt für die gute Sache gekämpft. Den Handtuchhalter des Großen Schwarzen Riesen erschütterte ganz offensichtlich die Aussicht, bald in den aktiven Kirchendienst zurückkehren zu müssen.
    Stürzenbecher und ich hatten Gudrun Benningdorf zum Krankenhaus begleitet. Trotz der schrecklichen Gefahr, in der sie sich befunden hatte, war sie in der Lage, die Geschichte einer verrückten Erpressung zu erzählen. Der Wunsch, Wolfgang Schwarz ins Gefängnis zu bringen, gab ihr die nötige Kraft.
    Katarina Plistor hatte ihre Affäre mit Wolfgang Schwarz geheim gehalten, weder ihre Eltern noch ihre Freunde wussten etwas davon. Mit einer Ausnahme. Am Ende einer alkohol- und dezibelgeschwängerten Studentenparty, nachdem sie wieder einmal allein geblieben war, weil sie die Baggerversuche der männlichen Studentenschaft ins Leere laufen ließ, hatte sie Gudrun Benningdorf gegenüber eine Andeutung gemacht. Keinen Vergleich würden diese Milchbubis aushalten mit dem wahnsinnig interessanten und erfahrenen Mann, den sie liebe. Leider sei der Mann verheiratet und in der Öffentlichkeit bekannt, deshalb könnten sie sich nur selten und unter besonderen Vorsichtsmaßnahmen treffen.
    Gudrun hatte ein bisschen nachgebohrt, und Katarina hatte noch mehr verraten: Ihr Freund sei Politiker und habe gute Chancen, nach der Wahl Minister zu werden. Darauf hatte Katarina über die sexuellen Vorlieben ihres geheimnisvollen Freundes geredet, zuerst stockend, dann immer selbstbewusster werdend. Am Anfang sei sie irritiert, ja geradezu schockiert gewesen, doch inzwischen habe sie Gefallen an den sadomasochistischen Spielen gefunden, die sie beide in einen rauschhaften Zustand zwischen Schmerz und Lust brächten. Eine Welt, hatte Katarina überheblich gesagt, von der die Normalos um sie herum keine Ahnung hätten.
    Eine Woche später hatte Gudrun Benningdorf vom gewaltsamen Tod der Katarina P. in der Zeitung gelesen. Die Meldung hatte sie elektrisiert, sie konnte sich denken, wer und was für den Tod Katarinas verantwortlich war, aber sie wusste nicht, was sie mit ihrem Wissen anfangen
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