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Der Minister und das Mädchen - Kriminalroman

Der Minister und das Mädchen - Kriminalroman

Titel: Der Minister und das Mädchen - Kriminalroman
Autoren: Grafit
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nicht, dass er rein zufällig vorbeigekommen war, weil er das Bedürfnis nach einem kleinen Plausch verspürte. Jemand wie Geskamp tat nichts ohne Absicht und Hintergedanken, und schon gar nicht in der Hochphase des Wahlkampfs. Wenn er sich die Zeit nahm, einen so unwichtigen alten Bekannten wie mich zu besuchen, dann lag mindestens ein mittelgroßer Auftrag im Busch. Aber noch hatte er mit keinem Wort angedeutet, was er von mir wollte.
    Meinerseits sah ich keinen Grund, ihn zu drängen. Mein Arbeitsplan für diesen Tag war überschaubar und ohne jeden Zeitdruck: die Kontoauszüge der letzten Woche verbuchen, mit Franka unseren zurzeit einzigen Fall besprechen, ein paar Lebensmittel einkaufen und, wenn ich dann noch dazu kam, das Badezimmer putzen. Es sei denn, der unbekannte, den Umsatz des Detektivbüros in schwindelerregende Höhen treibende Auftraggeber platzte herein. Oder saß mir bereits gegenüber.
    »Du hast dich überhaupt nicht verändert«, sagte Till Geskamp.
    Dafür du dich um so mehr, und nicht zu deinem Vorteil, dachte ich.
    »Treibst du Sport?«
    »No sports«, antwortete ich wahrheitsgemäß. »Es wäre zu deprimierend, meinen joggenden Nachbarn zu begegnen. All diese erfolgreichen Studienräte, Anwälte, Ärzte und ihre weiblichen Entsprechungen, die gegen das Alter ankämpfen. Morgens und abends laufen und ab Freitagnachmittag im knallbunten, hautengen Leibchen die Pedale des dreitausend Mark teuren Rennrads treten, nein, das tue ich mir nicht an.«
    »Kann ich verstehen«, grinste Geskamp. Er klopfte sich auf den von einem weinroten Pulli bedeckten Bauch. »Obwohl mir ein bisschen Bewegung guttäte. Und wie läuft das Geschäft?«
    »Könnte besser laufen«, erwiderte ich. »Aber ich will nicht klagen. Es gibt Leute, die für weniger Geld mehr schuften müssen.«
    »Verstehe.« Er schaute sich um und begutachtete meine aufs Wesentliche konzentrierte Büroeinrichtung. »Du machst das doch schon ziemlich lange, oder?«
    »Ja, und die Sonne scheint für alle, ob arm oder reich.«
    »Mit anderen Worten: Du hättest gegen eine Auffrischung deines Kontos nichts einzuwenden?«
    »Wir nehmen alle Aufträge an, solange sie halbwegs legal sind.«
    Geskamp griff in die Hosentasche und legte fünf Tausendmarkscheine auf den Schreibtisch. »Wie sieht das für dich aus?«
    Ich nahm einen Tausendmarkschein und hielt ihn gegen das Fenster. »Sieht echt aus.«
    Der zukünftige Ministerialdirektor gluckste. »Natürlich sind die echt. Und da, wo sie herkommen, liegen noch mehr herum.«
    Ich lehnte mich zurück. »Ich glaube, es ist an der Zeit, dass du mir sagst, was du willst.«
    »Ja.« Er nahm die Brille ab und rieb sich mit dem Handrücken das rechte Auge. »Die Sache mit dem Ministerposten für Schwarz hängt an einem Haken. Und dieser Haken heißt Christian.« Er machte eine Pause. »Christian ist der Sohn von Schwarz.«
    Ich wartete.
    »Vielleicht hast du’s in der Zeitung gelesen?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Es stand nicht in der seriösen Presse, nur in einigen Boulevardblättern.«
    Geskamp beugte sich über seine Aktentasche und zog eine zusammengefaltete Zeitung heraus, bei der die Drucker nicht mit Rot und Schwarz gegeizt hatten. »Noch bringen sie es mit Fragezeichen auf der dritten Seite. Aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Bluthunde zum Angriff übergehen.« Er schlug das Blatt auf und deutete auf einen kleinen Artikel, über dem eine fette, augenfreundliche Überschrift prangte: Politikersohn in Sexskandal verwickelt?
    Ich überflog den kurzen Text. Anscheinend verfügte der Schreiber über keine gesicherte Quelle, denn er kleidete seine Sätze in die Möglichkeitsform, auch vergaß er nicht zu erwähnen, dass es sich um Vermutungen und Gerüchte handelte. Danach ermittelte die Staatsanwaltschaft Münster gegen Christian Schwarz, Sohn des als Ministerkandidaten gehandelten Wolfgang Schwarz, wegen Vergewaltigung. Opfer sei die »bildhübsche Studentin Gudrun B. (25)«, die Christian in ihrem Studentenwohnheimzimmer überfallen habe. Weder die Staatsanwaltschaft noch Wolfgang Schwarz hatten dazu eine Stellungnahme abgegeben.
    »Woher haben sie die Information?«, fragte ich.
    »Entweder ist bei der Staatsanwaltschaft etwas durchgesickert, oder die Schlampe versucht, mit der Geschichte Kohle zu machen.«
    Ich hob eine Augenbraue. »Mit Schlampe meinst du vermutlich das Opfer?«
    »Christian schwört Stein und Bein, dass sie ihn abgeschleppt hat und dass die kleine Nummer ihre Idee
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