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Der Minister und das Mädchen - Kriminalroman

Der Minister und das Mädchen - Kriminalroman

Titel: Der Minister und das Mädchen - Kriminalroman
Autoren: Grafit
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mich berufen. In diesem Stadium würde die Tatsache, dass wir einen Privatdetektiv engagiert haben, wie ein Schuldeingeständnis ausgelegt. Solltest du Erfolg hast, sieht die Sache natürlich anders aus. Dann werden wir dich als Held präsentieren.« Geskamp schaute auf seine Armbanduhr. »Wolfgang hat heute noch zwei Wahlkampftermine im Münsterland.«
    Ich schrieb die Quittung aus. »Als Erstes werde ich mit Christian anfangen.«
    Mein Gegenüber langte in seine Aktentasche und legte eine Karte auf den Schreibtisch. »Der Junge weiß Bescheid. Er wartet auf dich.«
    Ich brachte ihn zur Tür, und wir schüttelten uns ausgiebig die Hände. Zum Abschied sagte Till Geskamp: »Wir zählen auf dich.«
    Es klang wie ein Wahlversprechen.

II
     
     
    Ich ließ den Saab, den ich mir gekauft hatte, nachdem mein Alfa Romeo am Max-Clemens-Kanal verendet war, in der Garage stehen und nahm das Fahrrad. Christian Schwarz wohnte in der Hörsterstraße, in nahezu absoluter Innenstadtlage, einer Gegend also, in der Parkplätze überhaupt nicht oder nur zu Wucherpreisen zu haben waren. Außerdem war die Hörsterstraße lediglich wenige Fahrradminuten vom Kreuzviertel entfernt, eine machbare Angelegenheit für einen Privatdetektiv mit bescheidener Kondition.
    Unterwegs begegnete mir Wolfgang Schwarz an jedem dritten Laternenpfahl. Noch vor einer Stunde hätte ich mir nicht träumen lassen, dass ich einmal aktiv in die Bildung der neuen Bundesregierung eingreifen würde. Das galt zumindest für den Fall, dass Schwarz’ Partei die Wahl gewinnen würde, und danach sah es im Moment aus. Der Wahlkampf befand sich in einer Phase, die Journalisten gerne Höhepunkt nennen, obwohl sich die Helden auf der politischen Showbühne bemühten, ihre Gegner ein Stück tiefer zu treffen, nämlich knapp unterhalb der Gürtellinie.
    In einer solchen Atmosphäre geriet jede kriminelle Affäre, auch wenn sie nur im Umkreis eines Politikers stattfand, rasch zum Medienspektakel. Zwar gehörte Wolfgang Schwarz nicht zur ersten Reihe der Politstars, doch wegen seines smarten Aussehens und seiner Fähigkeit, auch banale Sätze irgendwie bedeutungsvoll klingen zu lassen, war er ein gesuchtes Objekt der Fernsehkameras, wenn die ganz Mächtigen mal gerade nichts sagen wollten. Till Geskamps Befürchtung, dass man Schwarz teeren und federn würde, sobald der missratene Sohn vor Gericht stünde, war deshalb alles andere als übertrieben.
    Unter dem Strich sah ich wenig Chancen für Christian. Die Beweise sprachen eindeutig gegen ihn, und sollten sich Gudrun B. und ihr nächtlicher Helfer nicht in Widersprüchen verheddern, bliebe dem Gericht keine andere Wahl, als Schwarz junior ins Gefängnis zu schicken.
    Auf der anderen Seite kamen mir und meinem Konto fünftausend Mark gerade recht. Genug Schmerzensgeld jedenfalls, um ein bisschen im Schlamm zu wühlen. Meinem Ruf konnte die Drecksarbeit ohnehin nicht schaden, der war sowieso ruiniert.
     
    Christian Schwarz wohnte in einem der neuen Backsteinhäuser, die das Giebelmuster der Altstadt kopierten. Teure Eigentumswohnungen als Kapitalanlage für Leute, denen Aktienspekulation und Zinssteuerflucht ins Ausland zu sehr an die Nerven gingen.
    Bei den Schwarz’ hatte es nur zu einer kleinen Zweizimmerwohnung unter dem Dach gereicht. Christian begrüßte mich mit einem schiefen Grinsen: »Sie sind also der große Detektiv. Ich hab Sie mir eindrucksvoller vorgestellt, so mit schwarzer Lederjacke und Schlapphut.«
    »Die Sonnenbrille und den finsteren Gesichtsausdruck nicht zu vergessen. Damit auch jeder merkt, mit wem er es zu tun hat.«
    »Sie haben recht«, gab er freundlich zu. »Ein Detektiv, den man sofort erkennt, wäre blöd.«
    Er wirkte auf den ersten Blick nicht unsympathisch. Ein langer, dünner Schlaks mit herzigen Rehaugen und bronzefarbenen, in einem Zopf verstauten Haaren. Der schlichte graue Pullover und die Markenjeans passten zu der Einrichtung der Wohnung: kreativ genug, um nicht spießig zu wirken, dabei so unauffällig, dass die praktische Eleganz nicht ins Auge stach.
    Wir setzten uns auf zwei dunkelblaue Ledersessel.
    »Nette Bude«, sagte ich.
    »Die Wohnung gehört meinem Vater.« Es klang wie eine halbe Entschuldigung.
    Ich nickte. »Herr Schwarz, ich weiß nicht, ob Sie sich des Ernstes Ihrer Lage bewusst sind.«
    »Doch, das bin ich. Mein Vater hat eine Stunde seiner kostbaren Zeit geopfert, um sie mir klarzumachen.«
    »Immerhin ist er selber betroffen.«
    »Deshalb hat er ja so lange mit
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