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Der Metzger kommt ins Paradies: Kriminalroman (German Edition)

Der Metzger kommt ins Paradies: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Metzger kommt ins Paradies: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Thomas Raab
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Krainer, das ist kein Gabentisch, das schaut nach Ablasszahlungen aus, was wissen bitte Sie über all diese Herrschaften?«
    Um 21 Uhr hält Krainer seine Rede, dann beginnen die beiden Musiker zu spielen. Um 22 Uhr taucht Dr. Konrad Maier, begleitet von einem kräftigen Herrn im Anzug, auf, entschuldigt seine Frau Maria, übergibt eine Magnum-Flasche vom teuersten Champagner, löst damit bei einer Vielzahl der Besucher den Gedanken aus: »Schad um das viele Geld«, schart in Windeseile eine Glocke alter Bekannter und solcher, die es noch werden wollen, um sich.
    Keine halbe Stunde später ist es für den Metzger dann so weit.
    Zeichen Nummer eins: Josef Krainer stürmt zu Dr. Maier, packt ihn aufgeregt am Ellbogen, zieht ihn zu sich in ein Eck, der Metzger setzt seine Kopfhörer auf und deutet den Musikern. Und schon wird aufgegeigt ohne Unterlass.
    »Wissen Sie, was mein schönstes Geburtstagsgeschenk ist. Wir haben sie«, flüstert Krainer euphorisch Dr. Maier zu.
    »Darya? Wo?«, kann der hohe Herr es kaum fassen.
    »Kommen Sie!«
    Und er kommt, der Dr. Maier. Sein massiver Personenschützer aber kommt nicht weit, denn der Gang abwärts, hinunter in den Weinkeller, hat so seine Tücken, unter anderem einen im Schatten hinter einem Eck verborgenen, äußerst schlagkräftigen Schulze.
    Unten angelangt, geht es durch eine Tür, hinein in einen weitaus ungemütlicheren Raum wie der des Weinguts Sahlbruckner. Austoben kann man sich hier allerdings genauso gut.
    »Schön, dass Sie es einrichten konnten, Dr. Maier. Ah, fein, und da ist ja auch schon mein Kollege Schulze!«, hört der Metzger nun die Stimme Josef Krainers in seinen Kopfhörern. Die Leitung herauf also funktioniert.
    »Bevor wir zu reden beginnen, möchte ich mich kurz vorstellen«, ist eindeutig die Stimme Heinzjürgen Schulzes zu vernehmen. Danach sind zwei dumpfe Schläge und ein Ächzen zu hören.
    »Was, was …«, will Maier im Anschluss daran offenbar von sich geben.
    »Sie sind noch nicht dran mit Reden, zuerst kommen wir.«
    Das ist das Zeichen Nummer zwei. Der Metzger hebt die Hand, die Musiker beenden ihren Beitrag, Petar Wollnar steckt die Kabel um, und all das, was Willibald Adrian Metzger ins Ohr dringt, hören von nun an alle im Raum Anwesenden, mit dem Unterschied, dass für den Restaurator diese Geschichte nichts Neues ist. Seit drei Tagen raubt sie ihm den Schlaf, sitzt sie in seinem Geist wie ein Dämon und lässt keine Freude mehr zu.
    Ruhig wird es im Pavillon des Heurigen, aus erstaunten werden erschütterte Gesichter, aus stehenden, tanzenden werden sitzende, ermattet an die Wand gelehnte Menschen, da hat Dr. Maier noch kein einziges Wort sprechen müssen.
    Erst als Krainer und Schulze das Ende ihrer Ausführungen erreichen, erklärt er mit eiskalter Stimme: »Ihr wollt euch mit mir anlegen?«
    Verächtlich dröhnt es aus den Boxen heraus durch den Pavillon: »Ich mach euch fertig. Glaubt ihr Witzfiguren tatsächlich, ihr könnt es mit mir aufnehmen, keine zwei Tage geb ich euch noch. Ihr habt keine Vorstellung davon, wer mir da draußen alle zu Dank verpflichtet ist. Also: Wo ist das Baby? Das Leben meiner Tochter hängt davon ab. Leben, das einen Wert hat, kapiert ihr das, Leben, auf das eine Zukunft wartet …«
    Nur ein Nicken reicht, und Petar Wollnar versteht. Es ist Zeit zu gehen, nichts von alldem will Willibald Adrian Metzger nun hören. Der Nachhall dieser menschenverachtenden Stimme, die mit Inbrunst und aus voller Überzeugung über den Wert und Unwert des Lebens referiert, hat in seinem Inneren nichts verloren.
    Er wird wochenlang davon in der Zeitung lesen, wird erfahren, dass jene Spender, die ohne das entnommene Organ überleben konnten, in eigens dafür errichteten Zellen des Krankenhauskellers so gut es geht auf Vordermann gebracht und danach, oft in Gruppen, im Laderaum eines Transporters bis an die Sohle des Stiefels zurückgebracht wurden, von wo aus für sie der Transfer zurück ans Festland ihres Heimatkontinents begann und ihre lange Reise ein Ende nahm. Er wird hören, dass Eichner nur einer von vielen ist, dass die Menschenfischer nicht nur an der Adria unterwegs sind, dass nicht nur die Privatklinik des Dr. Lorenz Operationen durchführt und dass die Größe der Organisation ein Ausmaß zu haben scheint, dem möglicherweise so schnell nicht Herr zu werden ist. Er wird zu lesen aufhören müssen, der Metzger, zu sehr verändert es seine Sicht. Die ihn umgebende Welt anzusehen, so wie sie ist,
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