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Der Metzger holt den Teufel

Der Metzger holt den Teufel

Titel: Der Metzger holt den Teufel
Autoren: Thomas Raab
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anderes, lass ihn rein, denn sein Hygieneservice und seine Jausenstation bin ich nicht!«
    Zum Pospischill gewandt, setzt er fort: »Und du zieh deine Hosen an, gewaschen wird bei mir erst, wenn ich eine Maschine voll hab. Schlüssel bekommst du keinen, Straßenschuhe kommen nicht weiter als bis ins Vorzimmer, wenn du hier bist, wird nicht herumgeschnüffelt, es wird kein einziges Kleidungsstück irgendwo anders liegen gelassen als im Kleiderschrank oder Schmutzwäschekorb, nicht einmal ein Solosocken, die Schlafzimmertür bleibt zu, da drinnen hast du nichts verloren, am Häusel wird immer gesessen, und auch diese Tür steht nie offen, kapiert, geraucht wird am Gang, keine Barthaare im Waschbecken, keine Überschwemmung nach der Dusche, wenn du nicht drauf schläfst, ist das Sofa picobello leer geräumt, die Bettwäsche kommt in die Kommode, du benutzt niemals das Festnetz, schon gar nicht dienstlich, wenn mich die Danjela besucht, bist du weg, wenn sie hierübernachtet, bist du weg, wenn ich außer Haus geh, bist du weg. Du bist eigentlich gar nicht da!«
    »Muss ich salutieren, wenn du an mir vorbeigehst?«
    »Die Grundstellung reicht.«
    »Danke für den Internatsplatz!«
    »Für Schwererziehbare!«, vervollständigt der Metzger, verschwindet am WC und weiß dabei natürlich nicht, wie froh er am Ende noch sein wird, mit Eduard Pospischill sozusagen unter einem Dach gewohnt zu haben.
    »Natürlich kannst du heute ohne Schlosswechsel außer Haus, oder glaubst du, der Junge liegt mit Feldstecher gegenüber unter dem Dachbalken und wartet, bis er endlich in die Wohnung kann, um deinen alten Teppich zu klauen? Gibt ja eh nichts zu holen hier, keinen Fernseher, keine Stereoanlage, nicht einmal ein Radiowecker, traurig ist das.« So dauert es nicht lange, bis die beiden Männer an diesem frühen Morgen aus jeweils dienstlichen Gründen die Wohnung verlassen. Früher, in der Lebensepoche ohne seine Danjela, verbrachte er die Sonntage ohnedies regelmäßig im heimeligen Gewölbekeller seiner Restauratorenwerkstatt. Wenn aber eines Tages ein Traum wahr wird und sich durch ein derartiges Prachtweib der Stau unerfüllter Sehnsüchte auf löst, staut es sich zwangsweise an anderen Stellen, das ist ein ehernes Gesetz. So weiß sich der Metzger nun also zu beschäftigen, obwohl das helle Geklingel der Glocke über seiner Eingangstür derzeit bedenklich selten ertönt. Kleinteile werden geordnet, Arbeitsgeräte gepflegt, die Arbeitsmaterialien auf ihren Bestand geprüft und eine Einkaufsliste erstellt. Richtig entspannen kann es hier, sein Hirn. Dann klingelt das Telefon.
    »Ja, Metzger hier!«
    Stille. Wobei es in diesem Fall zwei Sorten von Stille gibt:
    – Die Stille, bei der die Verbindung hörbar in einem geräuschlosen, dumpfen, von einem gelegentlichen Knacken unterbrochenen Irgendwo gelandet ist. Der Metzger nennt das immer: »Anruf bei Gott« und beginnt allen ihm nahestehenden Verstorbenen, vorrangig seiner Mutter, herzliche Grüße auszurichten.
    – Und die Stille, bei der die Verbindung hörbar wie gewünscht hergestellt wurde, sich der Anrufer aber so anstellt, als wäre ihm in letzter Sekunde vor der bevorstehenden Liebeserklärung an die heiß verehrte Deutschlehrerin, der längst fälligen Morddrohung an den Vermögensberater oder der notwendigen Entschuldigung bei einem gekränkten Herzen ein kleines Angsttröpferl ins Höschen gegangen.
    Und weil der Metzger unheimlicherweise weitaus öfter seiner Mutter auf diesem Weg liebe Grüße ausrichten kann, als so einem fremden Schnaufen zu lauschen, ist er nun entsprechend unsicher: »Ja, hallo? Ich kann Sie hören. Was kann ich für Sie tun?«
    Gleichmäßig wird weitergeatmet.
    »Hören Sie mich denn nicht? Hallo! – Wissen Sie was, ich bin noch ein Weilchen hier, wenn Sie es sich überlegen und doch eine Auskunft brauchen, rufen Sie einfach noch einmal an! Ja?«
    Und da hat er jetzt mehr gesagt, als ihm lieb ist, denn die gewünschte Auskunft hat er nun bekommen, der Anrufer.
    Das setzt sich auch beim nächsten Telefongespräch fort, mit dem Unterschied, dass seine Danjela im Anschluss an das ihr Erzählte bedeutend wortreicher ausdem Hörer heraustönt: »Bist du geritten von Teufel? Pospischill auf Chesterfieldsofa, meine geliebte Chesterfieldsofa! Und wie lange darf meine Willibald jetzt spielen Kindermädchen von Polizistenjunge?«
    »Maximal ein paar Tage, und wenn du bei mir bist, schmeiß ich ihn raus. Du wirst von ihm also nichts merken!«
    »Ist keine
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