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Der Metzger holt den Teufel

Der Metzger holt den Teufel

Titel: Der Metzger holt den Teufel
Autoren: Thomas Raab
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Gedanken, und dann wohnt auch noch der Kommissar bei Ihnen, da stehen die Dinge schon mal kopf! Im Grund ist das ja einmal eine schöne Geschichte. Freuen Sie sich, der Täter hat auf seinem Rollbrett also plötzlich einen moralischen Umkehrschub erlitten und Ihnen schnurstracks Ihre Sachen zurückgebracht. Eine Adresse herauszufinden, das ist für jemanden, der sich im Internet ein wenig auskennt, wirklich kein Problem mehr. Also, das Sakko ist zurück, ist doch eine feine Sache, Herr Metzger!«
    Trotz der beruhigenden Art dieses jungen Beamten zweifelt er, der Willibald: »Glauben Sie?«
    »Natürlich. Aber da haben Sie schon recht, es muss nicht unbedingt der Dieb persönlich gewesen sein. Es gäbe natürlich auch andere Theorien! Zum Beispiel könnte der flüchtige Bursche von einem Auto leicht touchiert worden sein, dabei das Sakko verloren haben und gleich weitergefahren sein. Und dann hat sich der Lenker des Fahrzeugs seiner Bürgerpflichten erinnert und die Sachen gleich selbst zurückgebracht. Oder, anderer Ansatz: Die Mutter hat beim Zusammenräumen im Zimmer ihres missratenen Sohnes das Diebesgut entdeckt und heimlich das entwendete Eigentum seinem Besitzer zurückgebracht. Oder …! «
    »Ist schon recht. Sie brauchen die Gegenstände also nicht, um Spuren zu entnehmen?«
    »Unter uns gesprochen: Die Spurensicherung ist mit den schweren Verbrechen völlig ausgelastet. Nehmen Sie die Dinge, wie sie sind, seien Sie froh über den Zufall, und lassen Sie auf jeden Fall das Schloss wechseln.«
    »Das passiert morgen!«
    Herbert Homolka hebt die Gegenstände auf, drückt sie dem Metzger in die Hand und fordert ihn auf, einen Blick in die Geldbörse zu werfen. Bis auf den letzten Cent genau zählt der Metzger 123 Euro und schüttelt verwundert den Kopf: »Da fehlt nichts. Ein bisserl komisch ist das schon, oder?«

9
    Z UM G LÜCK HAT D ANJELA D JURKOVIC die bereits gelesenen Seiten ihres Ratgebers verinnerlicht und folglich am Telefon die richtigen Worte parat: »Kommt alles so oft zurück, bis ist erledigt!«
    Hat er es also wieder, sein Sakko, dieses Zeugnis der verblichenen väterlichen Existenz. Wahrscheinlich führt deshalb an diesem Abend auch das Unterbewusstsein den Kochlöffel und lässt den Metzger die einzige Mahlzeit zubereiten, die auch sein Vater hat kochen können. Nach einer flotten würzigen Eierspeis mit Schnittlauch, einer steinharten Scheibe Schwarzbrot mit Butter und einem Gute-Nacht-Viertel-Rot landet er gegen dreiundzwanzig Uhr mit dem Gedankenfehler im Bett, in seinen vier Wänden sei alles beim Alten. Lange dauert es nämlich nicht, und der Tag endet ebenso unerfreulich, wie er schon begonnen hat.
    Heftig pocht es an der Eingangstür: »Metzger, ich bin’s  – ich hab den Schlüssel vergessen!« Grinsend, mit einer Zigarette im Mundwinkel und einer gigantischenSporttasche in der Hand, steht Eduard Pospischill im Türrahmen.
    »Pospischill! Nun denn, es war also doch kein böser Traum. Bleibst du hier auf Sommerlager? Was brauchst du so viel Gepäck für ein paar Tage? Und seit wann bitte hast du einen Schlüssel?«
    »Eben! Wie soll ich da in die Wohnung kommen!«
    »Als Luftverpester sind die Chancen auf Einlass sowieso gleich null.«
    Zwischen Schuhsohle und Steinboden endet der Nikotinkonsum.
    »Was noch?«
    »Auf heben, oder wer soll das sonst wegräumen?«
    Mit übertriebenem Keuchen bückt sich Eduard Pospischill, setzt seinen freundlichsten Blick auf und fällt in Anbetracht seiner Situation zumindest verbal auf die Knie: »Hast ja recht, oh du, mein Hausherr! Darf ich jetzt rein?«
    »Jedenfalls für heute!«
    Es dauert nicht lange, dann beginnt ein erschöpft sich am Chesterfieldsofa niederlassender einsamer Kommissar seinem Mitteilungsbedürfnis nachzukommen: »Das wird eine harte Nuss, das sag ich dir. So Spinner, die eine Leiche derart präparieren, haben einen Plan und sind schwer zu finden. Stell dir vor, Galina Schukowa war laut Gerichtsmedizin mit ihren achtundzwanzig Jahren noch Jungfrau. Sie wurde also nicht vergewaltigt.«
    »Pospischill, ich weiß nicht, ob ich um diese Uhrzeit deine schockierenden Berichte wirklich hören möchte.«
    »Wart’s ab, denn nach Zufall sieht das nicht aus: Bei dieser haarsträubenden Strawinsky-Komposition, die wir gestern zu ertragen hatten, geht es um ein Jungfrauenopfer. Und dann finden wir eine Jungfrau mit durchgeschnittenerKehle! Denk mal nach, ist dir während des Konzerts irgendetwas aufgefallen?«
    »Aufgefallen bist dort
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