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Der Memory Code

Der Memory Code

Titel: Der Memory Code
Autoren: M.j. Rose
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Taille, auf ihre vollen Brüste. Kaum hatte sie sich ihrer Sachen entledigt, da schwang sie sich auch schon über ihn wie eine Besessene, verzweifelt bemüht, ihre Furcht, ihre Qual an ihm abzureagieren. So starrte sie mit glühendem Blick auf ihn herab, die Augen, aus denen noch immer ein endloser Tränenstrom auf seine Brust tropfte, weit aufgerissen. Josh fühlte, wie er in ihr versank, erstaunt über die Hitze, die ihn umloderte. Es fiel ihm schwer, sich ihrem Rhythmus anzupassen; sie bewegte sich fast wie in einer rauschhaften Trance. Er überließ sich ihrem Tempo. Ständig in einen anderen Takt verfallend, mal langsamer werdend, mal nahezu reglos, hielt sie ihn permanent auf des Messers Schneide, um dann auf ihm zu reiten, als müsste sie ein Rennen gewinnen, und immer wenn ihm war, als müsse der Druck sich jeden Moment entladen, da ließ sie nach, ließ einen Moment lang locker, ohne die Hüften zu bewegen, die Beine, den Körper, um dann allein mit der Kraft ihrer Muskeln erneut in Galopp zu verfallen.
    Hemmungslos war sie und wie von Sinnen, und Josh vermochte nicht mehr zu erkennen, ob sie überhaupt noch wusste, wer er war – außer dass er ihr inmitten all ihrer Schrecken und Ängste Erlösung und Atempause bot. Ihre verzweifelte Sehnsucht, ihr Drängen, ihre Leidenschaft, all das bewegte ihn zutiefst. Im Augenblick wusste sie sich nicht anders zu helfen, und er war entschlossen, sie dabei nach besten Kräften zu unterstützen.
    Schließlich warf sie den Kopf in den Nacken, bohrte Josh ihre Nägel in die Schultern. Es schmerzte wie Messerstiche. Ein dumpfes Stöhnen löste sich tief in ihrem Inneren, dort, wo sie sich beide mischten und vermengten, und aus den Tiefen stieg es empor, lauter und immer lauter werdend, drängender und wilder, als wollte sie genau das ausdrücken, was er empfand, als sollte die Welt zugleich explodieren und implodieren. Kummer und Sehnen und Hilflosigkeit, jahrelang aufgestaut, stießen aufeinander, brachen sich Bahn, schraubten sich hoch zu einem Klagen, welches den Raum erfüllte, bis Josh den Kopf abwandte und gemeinsam mit ihr den Tränen freien Lauf ließ.
    Josh erwachte allein, immer noch nackt unter den Laken, und dachte an den vergangenen Abend. Nicht so sehr die verzweifelte Leidenschaft selbst, sondern vielmehr das Danach. Wie Gabriella eingeschlafen war, ermattet und erschöpft in seine Armbeuge geschmiegt. Wie er selber wach gelegen, sie betrachtet und sich gewünscht hatte, die Juwelen wären schon fort und Quinn wieder da und dass das hier sein Leben sein würde.
    Als er nach unten kam, saß Gabriella in der Küche bei einem Kaffee, zwar angezogen, das Haar aber noch feucht und lockig das Gesicht umrahmend. Sie blickte zu ihm auf und rang sich ein Lächeln ab, ein Ausdruck inniger Herzlichkeit, der ihn quer durch den Raum hindurch umfing wie eine Umarmung.
    “Hast du schon was von Rollins gehört?”, fragte er. Es war das einzig Entscheidende.
    Sie nickte. “Er ist fast fertig. Gott sei Dank.”
    “Hat sonst noch jemand angerufen?”
    “Nein. Ich werde noch verrückt.”
    “Die melden sich schon, Gabriella. Warte nur ab.”
    “Möchtest du Kaffee?” Sie schickte sich an aufzustehen.
    “Lass nur, ich hole mir einen.”
    “Nein, lass mich das machen. Dann habe ich wenigstens etwas zu tun.”
    Nachdem sie ihm eingeschenkt hatte, servierte sie ihm die Tasse und nahm ihm gegenüber Platz. “Ich kann mir das nicht erklären. Das letzte Nacht.”
    “Du würdest dich wundern, wenn du wüsstest, was Kummer bei Menschen auslöst.”
    Sie blickte in ihren Becher, als könne sie darin eine Erklärung finden. “Aber … ich war …”
    “Es war ein Hilfeschrei. Du musstest Druck ablassen. Dafür brauchst du dich nicht zu entschuldigen. Du stehst unter Stress wie nie zuvor in deinem Leben. Geh nicht zu sehr mit dir ins Gericht.”
    “Es ist nur …” Endlich hob sie den Blick und sah Josh an. In ihren Augen standen Kummer und Verwirrung. “Ich habe dich nicht benutzt, Josh.”
    “Im Zen-Buddhismus gibt es einen Koan, ein Lehrstück: Auf einem Tisch stellt man eine Reihe Kerzen auf. Die ganz rechts brennt, die zur Linken nicht. Wenn die brennende Kerze fast zu Ende gebrannt ist, entzündet ein Mönch mit der Flamme die nächste in der Reihe, mit der dann wieder die nächste und so fort. Die Frage lautet: Ist die Flamme der letzten Kerze dieselbe wie die der ersten? Oder die zweite?”
    “Es ist dieselbe. Was meinst du?”
    “Nicht dieselbe, aber auch
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