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Der Matarese-Bund

Der Matarese-Bund

Titel: Der Matarese-Bund
Autoren: Robert Ludlum
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Finger spielten mit den Haaren seines Kinnbartes, der jetzt schon mehr grau als braun war. »Ich glaube, gestern nacht habe ich mich verbrannt«, sagte er.
    »Das hättest du beinahe!« lachte die Frau. »Zum Glück hat unser Sohn meinen Bauerninstinkt geerbt. Wenn er Feuer sieht, denkt er nicht lange über die Ursache nach. Er löscht es einfach!«
    »Ich erinnere mich noch, wie er mich ansprang.«
    »Das hat er wohl.« Juriewitschs Frau stellte das Tablett aufs Bett. Dann schob sie die Beine ihres Mannes zur Seite, um Platz zu bekommen. Sie setzte sich und griff nach seiner Stirn. »Du bist ganz heiß, aber du wirst's überleben, mein Kosake.«
    »Gib mir eine Zigarette.«
    »Nicht vor dem Fruchtsaft. Du bist ein sehr wichtiger Mann; alle Schränke sind mit Fruchtsaft gefüllt. Unser Leutnant sagt, sie dienen wahrscheinlich dazu, die Zigaretten auszulöschen, mit denen du dir den Bart verbrennst.«
    »Die Mentalität von Soldaten wird immer die gleiche bleiben. Wir Wissenschaftler verstehen das. Der Fruchtsaft ist da, damit man ihn mit Wodka mischt.« Dimitri Juriewitsch lächelte wieder, ein Lächeln, das ein wenig verloren wirkte. »Eine Zigarette, Liebste? Du darfst sie sogar anzünden.«
    »Du bist unmöglich!« Sie holte ein Päckchen Zigaretten vom Nachttisch, schüttelte eine heraus und schob sie ihrem Mann zwischen die Lippen. »Paß auf, daß du nicht ausatmest, wenn ich das Streichholz anreiße, sonst explodieren wir beide. Man wird mich in Unehren begraben, weil ich den prominentesten Kernphysiker der Sowjetunion getötet habe.«
    »Meine Arbeit lebt nach mir fort; sollen die mich mit Rauch begraben.« Juriewitsch inhalierte tief, während seine Frau ihm das Streichholz hinhielt. »Wie geht es unserem Sohn heute morgen?«
    »Sehr gut. Er ist schon früh aufgestanden und hat die Gewehre geölt. Seine Gäste kommen in etwa einer Stunde. Die Jagd fängt gegen Mittag an.«
    »Du lieber Gott, das hab' ich vergessen«, sagte Juriewitsch und stemmte sich im Bett hoch, bis er aufrecht saß. »Muß ich wirklich mitkommen?«
    »Du gehst doch mit ihm zusammen. Erinnerst du dich nicht mehr, wie du gestern abend allen gesagt hast, daß Vater und Sohn das beste Stück schießen würden?«
    Dimitri zuckte zusammen. »Das muß wohl mein schlechtes Gewissen gewesen sein. All die Jahre, die ich in den Labors verbracht habe, während er irgendwo hinter meinem Rücken aufwuchs.«
    Seine Frau lächelte. »Es wird dir guttun, wenn du an die Luft kommst. Jetzt rauch deine Zigarette zu Ende, iß dein Frühstück und zieh dich an.«
    »Weißt du was?« sagte Juriewitsch und griff nach der Hand seiner Frau. »Ich fange erst langsam an, es zu begreifen. Das ist wirklich Urlaub. Ich kann mich gar nicht erinnern, wann wir den letzten hatten.«
    »Ich weiß gar nicht, ob es je einen gab. Ich habe noch nie einen Mann gekannt, der so viel arbeitet wie du.«
    Juriewitsch zuckte die Schultern. »Nett, daß unser Sohn Urlaub bekommen hat.«
    »Er hat ihn sich ausgebeten. Er wollte mit dir zusammen sein.«
    »Das war schön von ihm. Ich liebe ihn, aber ich kenne ihn kaum.«
    »Alle sagen, daß er ein sehr guter Offizier ist. Du kannst stolz auf ihn sein.«
    »Oh, das bin ich auch. Es ist nur so, daß ich nicht weiß, was ich zu ihm sagen soll. Wir haben so wenig gemeinsam. Der Wodka hat das gestern abend leichter gemacht.«
    »Ihr habt einander fast zwei Jahre nicht gesehen.«
    »Ich hatte meine Arbeit, das weiß jeder.«
    »Du bist ein Wissenschaftler.« Sie drückte Dimitris Hand. »Aber heute nicht. Und die nächsten drei Wochen auch nicht! Keine Labors, keine Wandtafeln, keine nächtelangen Sitzungen mit eifrigen jungen Professoren und Studenten, die allen erzählen wollen, daß sie mit dem großen Juriewitsch gearbeitet haben.« Sie nahm ihm die Zigarette aus dem Mund und drückte sie aus. »Jetzt iß dein Frühstück und zieh dich an. Die Jagd im Schnee wird dir guttun.«
    »Meine liebe Frau«, protestierte Dimitri und lachte, »wahrscheinlich werde ich mir den Tod dabei holen. Ich hab' seit zwanzig Jahren kein Gewehr mehr abgefeuert!«
    Leutnant Nikolai Juriewitsch stapfte durch den tiefen Schnee auf das alte Gebäude zu, das früher einmal als Stall der Datscha gedient hatte. Er wandte sich um und blickte auf das riesige dreistöckige Hauptgebäude. Es glitzerte im Licht der Morgensonne, ein kleiner Alabasterpalast in einer Alabasterlichtung, die man aus dem schneebeladenen Wald herausgearbeitet hatte.
    Moskau hielt große Stücke
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