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Der Matarese-Bund

Der Matarese-Bund

Titel: Der Matarese-Bund
Autoren: Robert Ludlum
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um die Spuren irgendeines Tieres. Der Leutnant lächelte bei der Vorstellung, daß ein Tier aus dem Wald hier Korn suchte, hier, in dieser gepflegten Reliquie, als die man die Stallungen der großen Datscha bezeichnen mußte. Die Tiere hatten sich nicht verändert, nur Rußland.
    Nikolai sah auf die Uhr; es war Zeit, zum Hause zurückzugehen. Bald würden die Gäste kommen.
    Alles lief so gut, daß Nikolai es kaum zu glauben vermochte. Es gab überhaupt nichts Peinliches. Dies war in hohem Grade seinem Vater und dem Mann aus Moskau zuzuschreiben. Oberst Drigorin schien anfänglich etwas unsicher – ein Kommandeur, der sich einem wohlbekannten, oder mit guten Verbindungen versehenen Untergebenen aufgedrängt hatte –, aber Juri Juriewitsch verhinderte das Aufkommen einer verlegenen Stimmung. Er nahm den Vorgesetzten seines Sohnes auf wie ein besorgter – wenn auch berühmter – Vater, der nichts anderes im Sinne hat, als den Sohn zu fördern. Nikolai war beinahe amüsiert; sein Vater tat dies sehr auffällig. Mit dem Fruchtsaft und dem Kaffee wurde Wodka serviert. Nikolai hatte ein scharfes Auge auf etwa herunterfallende Zigaretten.
    Die große Überraschung war der Freund des Obersten aus Moskau, ein Mann namens Brunov. Ein Parteifunktionär von hohem Rang bei der militärisch-industriellen Planung. Nicht nur, daß Brunov und Nikolais Vater gemeinsame Freunde hatten; bald stellte sich auch heraus, daß ihre Einstellung zum größten Teil der Moskauer Bürokratie dieselbe war – und dazu gehörten natürlich viele jener gemeinsamen Freunde. Nicht lange, und Gelächter erfüllte den Raum. Jeder Rebell versuchte den anderen mit beißenden Bemerkungen über diesen Kommissar, der anstelle eines Kopfes einen Hohlraum trug, und jenen Wirtschaftsbürokraten, der nicht einmal einen Rubel in der Tasche halten konnte, auszustechen.
    »Wir sind böse, Brunov!« rief Nikolais Vater, während es in seinen Augen schalkhaft funkelte.
    »Das ist wahr, Juriewitsch!« pflichtete der Mann aus Moskau ihm bei. »Schade, daß wir recht haben.«
    »Aber seien Sie vorsichtig, wir haben Soldaten in unserer Gesellschaft. Die werden uns melden!«
    »Dann werde ich ihre Löhnung zurückhalten, und Sie konstruieren eine Bombe, die nach hinten losgeht.«
    Dimitri Juriewitschs Gelächter verstummte einen Augenblick lang. »Ich wünschte, man brauchte überhaupt keine Bomben.«
    »Und ich, daß man keine so großen Beträge für das Militär ausgeben müßte.«
    »Genug«, sagte Juriewitsch. »Die Waldhüter sagen, die Jagd hier sei ausgezeichnet. Mein Sohn hat versprochen, für mich Ausschau zu halten. Ich habe versprochen, das größte Stück Wild zu schießen. Kommen Sie jetzt, wir haben hier alles, was Ihnen fehlt. Stiefel, Pelze… Wodka.«
    »Aber nicht während wir schießen, Vater.«
    »Weiß Gott, Sie haben ihm wirklich etwas beigebracht«, sagte Juriewitsch und lächelte dem Oberst zu. »Übrigens, meine Herren, es kommt gar nicht in Frage, daß Sie heute schon wieder abreisen. Sie bleiben natürlich über Nacht. Moskau ist großzügig; es gibt hier Braten, frisches Gemüse und was das Herz sonst begehrt…«
    »Und genügend Wodkaflaschen, hoffe ich.«
    »Nicht Flaschen, Brunov, Fässer! Ich sehe es Ihren Augen an. Wir werden beide Urlaub machen. Sie bleiben.«
    »Ich bleibe«, sagte der Mann aus Moskau.
    Schüsse schallten durch den Wald, hallten in ihren Ohren wider. Auch den Wintervögeln blieben sie nicht verborgen; ihr Kreischen und das Flattern ihrer Flügel vermischten sich mit dem Echo. Nikolai konnte auch erregte Stimmen hören, aber sie waren zu weit entfernt, als daß man sie hätte verstehen können. Er wandte sich seinem Vater zu.
    »Wenn sie etwas getroffen haben, sollten wir binnen sechzig Sekunden das Pfeifsignal hören«, sagte er. Sein Gewehr hing nach unten, der Lauf wies in den Schnee.
    »Eine Schande ist das!« erwiderte Juriewitsch in gespieltem Ärger. »Die Waldhüter haben mir geschworen – ganz geheim natürlich –, daß das ganze Wild in diesem Abschnitt des Waldes wäre, nahe beim See. Dort drüben sei nichts! Deshalb habe ich darauf bestanden, daß die dorthin gehen.«
    »Du bist ein alter Schurke«, sagte der Sohn und musterte die Waffe seines Vaters. »Du hast entsichert. Warum?«
    »Ich dachte, ich hätte dort hinten etwas rascheln gehört. Ich wollte schußbereit sein.«
    »Sei mir nicht böse, Vater, aber leg den Sicherungshebel wieder um. Warte, bis du das siehst, was du gehört hast, ehe du eine
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