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Der Maskensammler - Roman

Der Maskensammler - Roman

Titel: Der Maskensammler - Roman
Autoren: C.H.Beck
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nach Rumänien unterwegs. Wart ihr mal inRumänien? Fahrt nicht hin, wenn es nicht unbedingt sein muss. Schlechte Straßen, schlechte Hotels, schlechtes Essen. Wirklich kein Vergnügen.» Den Kaffee trank er kochend heiß, ohne Milch und Zucker. Er zwinkerte Maria zu: «Wann werde ich endlich Großvater?» Und dann zu Axel: «Ruf für mich in der Werkstatt an, in der ich früher mal gearbeitet habe. Sag ihnen, dass ich meinen Lkw über Nacht bei ihnen unterstellen will. Und frag, wann sie den Laden schließen.»
    Axel sollte mit ihm kommen: «Du musst mir helfen, die Plane zu wechseln … Maria, du kochst uns was. Irgendwas. In zwei Stunden sind wir zurück.» Er legte einen Fünfzig-Mark-Schein auf den Tisch und erhob sich.
    Dem Werkstatt-Meister schüttelte Jean-François die Hand wie einem alten Bekannten. Als er am Pinnbrett seine Ansichtskarte aus Hunspach sah, strahlte er wieder: «Ich kenne hier jeden Schraubenschlüssel persönlich … Du siehst k.o. aus, Chef», sagte er zum Werkstatt-Meister. «War sicher ein langer Tag. Du kannst unbesorgt nach Hause gehen. Wir amüsieren uns hier ein bisschen. Dann machen wir das Licht aus und legen den Schlüssel unter die Matte, wo er immer liegt … Komm schon! Du kannst dich auf einen alten Kumpel verlassen.» Mit diesen Worten drückte er ihm zwei Flaschen in die Hand und schlug ihm freundschaftlich auf die Schulter.
    Als der Werkstatt-Meister gegangen war, machten sich Jean-François und Axel an die Arbeit. Im fahlen Licht der Neonbeleuchtung wurden die Kennzeichen ausgetauscht und die Plane der französischen Speditionsfirma durch eine neutrale Plane ersetzt. «Es ist wegen des Zolls», sagte Jean-François. «Mein Chef hat was gegen Zollgebühren.» Er gab noch ein paar Anweisungen, dann waren sie fertig. Jean-François nahm einen Karton Wein von der Ladefläche: «Auf einen mehr oder weniger kommt’s nicht an.»
    Zurück in Marias Wohnung ließ Jean-François es sich schmecken.Mit aufgestützten Ellenbogen, den Kopf über den Teller gebeugt, saß er da. Während Maria versuchte, ein Gespräch zustande zu bringen, und Axel gegen ein ungutes Gefühl ankämpfte, aß er mit sichtlichem Appetit. Fünf Flaschen Wein hatte er geöffnet. «Trinkt!», rief er. Und schon mit geröteten Augen: «Auf meine Enkeltochter!» Maria wollte protestieren, aber Jean-François war schon bei einem anderen Thema: «Morgen müsst ihr mir die Daumen drücken, dass ich gut über die Grenze komme … Die Frachtpapiere sind auf hundert Kartons Elsässer Wein ausgestellt. Aber …» – er senkte die Stimme – «… es sind nur vierzig Kartons, dahinter habe ich originalverpackte Elektrowerkzeuge geladen, die aus einem Baumarkt in der Nähe von Straßburg stammen.» Wieder lachte er und setzte die halb volle Flasche an den Mund.
    Maria wechselte einen Hilfe suchenden Blick mit Axel und zuckte die Schultern. In der Schreibartikel-Großhandlung war einmal ein Fahrer mit gefälschten Frachtpapieren erwischt und auf der Stelle fristlos entlassen worden. Gefeuert, er durfte sich nicht einmal von den Kollegen verabschieden. Von einer Anzeige hatte Herr Schäfer nur wegen der drei noch kleinen Kinder des Fahrers abgesehen. Gerne hätte sie gewusst, was es mit den originalverpackten Elektrowerkzeugen auf sich hatte, aber sie fragte nicht. Nachts hörte sie Jean-François im Wohnzimmer auf dem Sofa schnarchen. Er hatte getrunken, bis ihm die Zunge schwer wurde. Sie hatte ihm die Schuhe ausgezogen und die Beine hochgelegt. Da war er schon eingeschlafen.
    ***
    Der Tag, an dem die Geschwister sich verabredet hatten, war ein Freitag, und er fiel auf den dreizehnten. Keiner hatte auf das Datum geachtet, niemand war abergläubisch, aber ein gutes Omen war es nicht.
    Ursula traf als Erste ein, diesmal in Begleitung ihrer Freundin Ruth. Sie hatte sie vorbereitet, hatte ihr den Zustand von Haus und Hof geschildert, doch noch bevor sie aus dem Auto stieg, sagte Ruth: «Das sieht ja schlimm aus! Sicher gibt es hier Mäuse.» Und als hätte es einer Bestätigung bedurft, lagen tatsächlich nur wenige Schritte entfernt im sprießenden Unkraut die Reste einer Maus. «Oh, wie ekelig!» – Ruth hielt sich die Nase zu.
    Es war ein unerwartet heißer Tag. Ursula zog die Strickjacke aus, gleich würden sich unter den Achseln ihrer grünen Bluse dunkle Flecken zeigen. Mit einem Mal erschien ihr das Treffen mit den Geschwistern in Katrins Wohnung, das sie doch selbst vorgeschlagen hatte, als eine unangemessene
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