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Der Mann von Nebenan

Der Mann von Nebenan

Titel: Der Mann von Nebenan
Autoren: Amelie Fried
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mußte sich in aller Eile fortgepflanzt haben, denn jetzt waren es plötzlich acht oder zehn Exemplare, die in der Nähe der Spüle umherschwirrten. Kate öffnete vorsichtig die Schranktür unter der Spüle und fuhr angeekelt zurück. Süßlicher Modergeruch stieg ihr in die Nase. Nellis hatte vergessen, die Mülltüte wegzuwerfen.
    »Pfui Teufel!« fluchte sie, griff nach einem Küchentuch und versuchte, die Tüte aus dem Eimer zu ziehen. Eine Wolke von Schimmel stieg auf wie ein Atompilz.
    Den Würgreiz unterdrückend, packte sie den ganzen Eimer, hielt ihn mit weit ausgestreckten Armen von sich weg und lief hinaus zur Mülltonne.
     
    Wenig später betrat Kate den gutsortierten Krämerladen des Dorfes, um sich mit dem Nötigsten einzudecken. Zuerst sollte es darum gehen, das Haus auf Vordermann zu bringen. Alles andere würde sich finden.
    Sie packte Scheuerpulver, Gummihandschuhe, Putzlappen, Spülbürste und Staubtuch in einen Korb, dann stellte sie sich an der Wurst-und-Käse-Theke an. Die Verkäuferin musterte Kate über den Rand ihrer Brillengläser hinweg.
    »Biiitte schöööön?«
    Sie dehnte die Worte so lange, bis sie die Fremde von oben bis unten in Augenschein genommen hatte. In der Tat mußte Kate in dieser Umgebung exotisch wirken, mit ihrer hochaufgeschossenen Figur, dem bodenlangen, bestickten Rock und ihrem roten Haar, das in großen Locken bis auf die Schultern fiel.
    »Sind Sie nicht die … Ich habe Sie schon mal im Fernsehen gesehen. Sie sind Schauspielerin. Oder nein, Sportlerin, hab ich recht?«
    Kate errötete. Es war ihr unangenehm, erkannt zu werden. Gleichzeitig wunderte sie sich, daß sich noch immer viele Leute an sie erinnerten. Es war alles schon so lange her. Allerdings war sie vor ein paar Monaten mal Gast in einer Sendung gewesen, in der ehemalige Berühmtheiten hervorgezerrt worden waren. Hinterher hatte sie es bereut.
    »Ja, ja«, sagte sie und hoffte, die Frau würde ihr jetzt nicht all die Fragen stellen, die die Leute immer stellten.
    »Zu Besuch im Dorf?« fragte die Verkäuferin statt dessen, während sie die Salami aufschnitt, viel zu dick für Kates Geschmack, aber sie traute sich nicht, etwas zu sagen.
    »Mmmh.« Kate nickte.
    »Sind Sie in der Dorfschenke abgestiegen?«
    »Nein, bei einem Freund.«
    Wieder musterte die Verkäuferin Kate mit ihrem inquisitorischen Blick, wohl um herauszufinden, wem im Dorf eine solche Freundin zuzutrauen sei.
    »Beim Resch Peter?«
    »Nein, beim Herrn März.«
    »Ach, beim Nellis! Ist der nicht auf Reisen?«
    »Doch, und ich hüte sein Haus«, beeilte Kate sich zu sagen, um weiteren Fragen zuvorzukommen.
    »Also dann, schönen Aufenthalt!« wünschte die Verkäuferin freundlich, reichte ihr die Tüte mit Aufschnitt und wandte sich der nächsten Kundin zu.
    Kate bezahlte bei einem wortkargen, düster aussehenden Mann, offenbar dem Ladenbesitzer. Wenn er neugierig war, so ließ er es sich jedenfalls nicht anmerken.
    Als sie, bepackt mit drei riesigen Tüten, aus dem Auto stieg, riß jemand das Gartentor für sie auf.
    »Danke!« sagte Kate erfreut und lächelte den Mann an. Im nächsten Moment hatte er ihr die Tüten abgenommen. Er stellte sie an der Haustür ab und reichte Kate die Hand.
    »Mattuschek, Willi Mattuschek. Ich wohne da drüben.«
    Er zeigte auf eines der Doppelhäuser auf der rückwärtigen Seite.
    »Allgöwer«, stellte Kate sich vor. Im gleichen Moment fiel ihr ein, daß sie gar nicht mehr so hieß. Es war Bernds Name, und seit einer Woche war sie von Bernd geschieden. Sie hieß wieder wie früher »Moor«.
    »Sind Sie eine … Bekannte von Nellis?« Ein prüfender Blick aus hellen, grauen Augen traf sie.
    »Ich wohne für eine Weile hier. Nellis ist zur Zeit in Australien.«
    »Ja, ja, immer in der Weltgeschichte unterwegs. Und inzwischen verkommt sein Haus. Und der Garten erst!«
    Mit resignierter Geste wies der Mann auf das wuchernde Grün ringsum.
    Kate sah ihn sich genauer an. Plötzlich beschlich sie ein merkwürdiges Gefühl. Irgend etwas an ihm kam ihr bekannt vor. Hatte sie ihn schon mal gesehen? Erinnerte er sie vielleicht an jemanden? Nein, sie kam nicht drauf.
    Nun ja, vielleicht hatte Nellis sie einander vorgestellt, bei einem ihrer seltenen Besuche hier draußen. Es konnte Jahre her sein.
    »Sagen Sie«, begann Kate und setzte ihr strahlendstes Lächeln auf, »kennen Sie sich mit Heizungen aus?«
    »Selbstverständlich«, gab Mattuschek zurück. Zehn Minuten später brummte die Heizungsanlage.
    »Heizöl
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