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Der Mann von Nebenan

Der Mann von Nebenan

Titel: Der Mann von Nebenan
Autoren: Amelie Fried
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gehabt!«
    Der älteste der drei Jungen unterbrach die sich anbahnende Auseinandersetzung, indem er schrie: »Wann gibt’s endlich Essen?«
    »Sobald du den Tisch gedeckt hast«, gab Malise zurück, und murrend verschwand er im Haus. Mit einem Tablett voller Geschirr kehrte er zurück und begann, den Tisch zu decken.
    »Sieben«, murmelte Malise. »Eine ungerade Zahl. Nicht gerade günstig.«
    Kate stand auf. »Soll ich besser gehen?« fragte sie und sah Malise herausfordernd an. Was, zum Teufel, hatte die Frau gegen sie?
    Malise erwiderte ihren Blick auf eine Weise, die Kate nicht zu deuten wußte.
    »Wir zählen den Säuger mit«, sagte sie schließlich und zeigte auf das Baby, das auf ihrem Schoß eingeschlafen war. »Dann sind wir acht.«
    »Komm, bleib da«, sagte Inge und zog die widerstrebende Kate auf ihren Stuhl zurück.
    Malise servierte Fisch, Salat und Weißbrot; die Frauen erhoben ihre Gläser.
    »Wie hat es dich eigentlich hierher verschlagen?« fragte Inge und nahm einen kräftigen Schluck.
    Kate erzählte von ihrer Scheidung.
    »Geschieden?« fragte Malise.
    Zum ersten Mal zeigte sie Interesse.
    »Ja, seit … knapp zwei Wochen«, rechnete Kate schnell aus.
    »Willkommen im Club«, sagte Malise.
    »Ich bin nicht geschieden!« beeilte sich Rita zu sagen.
    »Noch nicht«, konterte Malise trocken und biß die Spitze eines Zigarillos ab.
    Rita zog ein beleidigtes Gesicht.
    In diesem Moment tauchte der Kopf von Mattuschek hinter dem Gartenzaun auf.
    »Guten Appetit, die Damen! Darf ich Sie darauf hinweisen, daß dies bereits der vierte Grillabend in diesem Monat ist?«
    »Na, und?« fragte Rita schnippisch.
    »Ich stelle es nur fest. Sie kennen ja die Regeln. Schönen Abend, Frau Nachbarin!«
    Die letzten Worte galten Kate. Dann verschwand er um die Ecke.
    Rita verdrehte die Augen, Inge nahm einen weiteren Schluck, Malise spuckte ein paar Tabakkrümel in seine Richtung.
    »Was stört ihn denn?« fragte Kate überrascht.
    »Der Rauch«, antwortete Rita grinsend, »aber du solltest besser fragen, was ihn nicht stört. Ich kann gar nicht mehr zählen, wie oft er sich über das Geschrei des Babys beschwert hat oder darüber, daß unsere Katze über sein Grundstück gelaufen ist.«
    »Oder darüber, daß irgendwelche Bäume zuviel Schatten machen oder daß meine Waschmaschine beim Schleudern quietscht oder …«
    »Ist ja gut«, unterbrach Malise Inges Aufzählung.
    »Komisch, zu mir war er bisher sehr hilfsbereit«, sagte Kate überrascht.
    »Stimmt«, sagte Malise mit sarkastischem Unterton, »es ist kaum zu übersehen, wie sympathisch Ihr Euch seid. Spricht leider nicht für dich.«
    Jetzt hatte Kate genug. Sie stand auf.
    »Danke für die Einladung«, sagte sie förmlich.
    »He, sei nicht sauer«, sagte Rita und Inge knuffte Malise in die Seite. »Was ist denn los mit dir?«
    Malise blieb stumm. Sie schnippte den Zigarillo über den Zaun, wo es in einem von Mattuscheks Blumentöpfen landete. Für einige Minuten stieg ein dünnes Rauchfähnchen auf, bevor der Tabak verglüht war.
     
    Mitten in der Nacht schreckte Kate aus dem Schlaf. Sie hatte etwas Wichtiges vergessen, aber sie wußte nicht, was es war. Aufrecht saß sie im Bett und dachte nach. Sie fühlte sich seltsam schutzlos, ohne sagen zu können, woher das Gefühl kam.
    Schlagartig fiel es ihr ein: die Haustür! Sie hatte die Haustür nicht abgeschlossen. In den wenigen Tagen ihres Aufenthaltes hatte sie sich angewöhnt, die Tür tagsüber offenzulassen, wenn sie da war. So konnte jeder Besucher hereinkommen, ohne zu klingeln. Der Postbote hatte schon mehrfach Gebrauch davon gemacht; leider hatte er bisher nur Post für Nellis abgegeben.
    Die ermordete Frau fiel ihr ein, und ihr wurde kalt vor Angst. Schnell lief sie die Treppe hinunter und stürzte zur Haustüre. Sie drehte den Schlüssel um. Schwer atmend blieb sie stehen und wartete, bis ihr Puls sich beruhigt hatte.
    Drüben bei Malise war Licht. Überrascht sah Kate auf die Uhr, es war kurz nach eins.
    Sie bemerkte, daß es nicht so dunkel war wie ein paar Tage zuvor; der Himmel war übersät mit Sternen, der Mond war voll und wirkte unnatürlich groß.
    Plötzlich sah sie, wie sich die Terrassentür öffnete und Malise in einem hellen Gewand in den Garten trat. Ein Feuerzeug flammte auf, und im nächsten Moment erhellte der Schein einer Fackel ihr Gesicht. Sie steckte das Holz in den Boden und bewegte sich mit tänzelnden Schritten um die Flamme. Irgendwas hielt sie in der Hand, Kate konnte
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