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Der Mann ohne Vergangenheit

Der Mann ohne Vergangenheit

Titel: Der Mann ohne Vergangenheit
Autoren: Charles L Harness
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erwarte für mein Geld eine gute Gegenleistung. Tue dein Bestes.“
    „Werde ich, Exzellenz.“
    Keiris wandte sich Haze-Gaunt zu, der steif in dem Stuhl neben ihr saß, die Arme über der Brust verschränkt. „Sag1 mir, Bern, frank und frei: Kommt es dir nicht so vor, daß das Duell heutzutage nur noch ein pervertierter Sport ist? Ist in ihm nicht jeder Ehrbegriff verlorengegangen?“ Sie sprach mit leiser Stimme, für die Ohren der anderen unhörbar.
    Er betrachtete sie mit seinen harten, intelligenten Augen forschend, um herauszufinden, ob es ihr mit der Frage ernst war. Er kam zu dem Schluß, daß sie es ernst meinte; das war kein Versuch, ihn zu ärgern.
    „Die Zeiten haben vieles geändert“, erwiderte er. Er entschied sich, ihr ohne Umschweife zu antworten. „Jawohl, die Traditionen sind zum größten Teil verlorengegangen. Feigheit und Mut sind nicht mehr die Haupttriebfedern.“
    „Dann ist das Duell zu einem bloßen barbarischen Zeremoniell herabgesunken.“
    „Wenn das der Fall ist, haben wir es den Dieben zu verdanken.“
    „War es aber jemals mehr?“
    „Einst stand das Duell in hohem Ansehen.“ Er beobachtete Thurmond und seinen Gegner bei der Auswahl ihrer Waffen. „Zwar gab es das Duell schon im Altertum, aber das moderne persönliche Duell entwickelte sich erst aus dem Gerichtsduell. Im Frankreich des sechzehnten Jahrhunderts war es nach der berühmten Herausforderung Franz I. an seinen Gegner Karl V. sehr verbreitet. Danach schien es jeder Franzose für seine Pflicht zu halten, bei der geringsten ihm zugefügten Unbill zur Verteidigung seiner Ehre das Schwert zu ziehen.“
    „Das war aber in Europa“, meinte Keiris hartnäckig, „in den alten Tagen. Das hier ist Amerika.“
    Haze-Gaunt sah weiterhin den zwei Männern zu, die sich auf ihren Kampf vorbereiteten. Er schien die Frau neben sich vergessen zu haben, seine Antwort glich mehr einem Selbstdozieren. „In keinem Teil der Welt hat man das Duell ernsthafter betrieben als in Amerika. Zweikämpfe fanden unter allen möglichen Bedingungen und mit allen nur denkbaren Waffen statt. Die meisten von ihnen endeten tödlich. Das hat dazu geführt, daß Gesetze erlassen wurden, durch die das Duell bis zur Gründung des Kaiserreichs ausgerottet wurde.“
    Er wandte sich ihr zu. „Es ist überhaupt nichts Bemerkenswertes daran, daß es neuerlich aufkam.“
    „Aber jetzt hat es jedes moralische Ansehen verloren“, sagte sie unter Ausnützung ihrer weiblichen Prärogative, ihre Meinung als Tatsache auszugeben. „Es ist lediglich eine Einladung zum legalisierten Mord.“
    „Wir haben Gesetze“, erwiderte er. „Niemand ist gezwungen, sich zu duellieren.“
    „Wie jener arme Kerl“, sagte Keiris und deutete mit blitzenden schwarzen Augen auf den Fechter in der Mitte des Saales.
    „Wie er.“ Haze-Gaunt nickte nüchtern. „Sei jetzt still. Sie sind bereit zu beginnen.“
    „En garde!“
    Stoß, Parade, Finte, Stoß, Parade …
    Das Tempo nahm rasant zu.
    Thurmonds Klinge zeigte die verzauberte Mühelosigkeit eines mit seinem Träger verwachsenen Instruments. Der Mann war unglaublich leichtfüßig; er balancierte mühelos auf den Zehenspitzen – eine außerordentliche Leistung für einen Fechter – während sich sein bronzener Körper, selbst ein Degen, im gedämpften Licht des Raums funkelnd kräuselte. Seine Augen lagen hinter schweren Lidern, das Gesicht war eine ausdruckslose Maske. Falls er atmete, konnte Keiris es nicht bemerken.
    Sie wandte ihre Aufmerksamkeit dem Sklavenfechter zu und stellte fest, daß der Mann seine Verzweiflung abgeworfen hatte und sich mit ungestümer Präzision verteidigte. Bislang hatte ihm sein neuer Besitzer nicht einmal einen Kratzer zugefügt. Vielleicht war er als freier Mann ein gefährlicher Duellant gewesen. Dann zeigte sich auf der linken Brustseite auf magische Weise eine winzige Blutspur. Und dann auf der rechten Brust.
    Keiris hielt den Atem an und ballte die Fäuste. Thurmond berührte jeden der sechs Abschnitte, in die der Körper des Fechters willkürlich eingeteilt wird – eine Demonstration, daß er den anderen nach Belieben töten konnte.
    Dem Verlorenen fiel das Kinn herunter, und seine Bemühungen wandelten sich von der Wissenschaft zur Raserei. Als auf seiner linken Bauchseite die, sechste Wunde erschien, schrie er auf und sprang seinen Peiniger körperlich an.
    Er war schon tot, bevor noch die ihm aus der Hand geschlagene Klinge zu Boden geklirrt war.
    Ein Gong ertönte, um
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