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Der Mann ohne Vergangenheit

Der Mann ohne Vergangenheit

Titel: Der Mann ohne Vergangenheit
Autoren: Charles L Harness
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anzuzeigen, daß die Minute vorüber war.
    Der vor kurzem noch nachdenkliche und schweigende Haze-Gaunt erhob sich und klatschte zweimal in die Hände. „Bravo, Thurmond. Ein sauberer Stoß. Wenn du Zeit hast, kannst du mich begleiten.“
    Thurmond übergab seinen geröteten Degen einem Haussklaven und verbeugte sich über der Leiche.
     
    Der Mann saß wie in Trance in der durchsichtigen Plastikkuppel. Der Sicht Keiris’ war sein Gesicht teilweise durch einen kegelförmigen Gegenstand aus Metall entzogen, der von der Kuppeldecke herabhing und am unteren Ende mit zwei Sehlinsen versehen war. Der Mann starrte in höchster Konzentration in die Linsen.
    Sein Kopf war groß, groß selbst für den großen Körper, auf dem er saß. Sein Gesicht bestand aus einer abstoßenden Masse von roten Narben, denen es an bestimmbaren Zügen mangelte. Seine unbehaarten Hände waren gleichermaßen narbenübersät und mißgestaltet.
    Keiris rutschte in dem Halbkreis der Zuschauer unbehaglich im Sessel hin und her. Zu ihrer Linken befand sich Thurmond, schweigend und unbewegt. Ihr zur Rechten saß Haze-Gaunt unbeweglich in seinem Stuhl, die Arme über der Brust verschränkt. Es war klar, daß er ungeduldig wurde. Hinter ihm war Shey, und hinter Shey befand sich ein Mann, den sie als Gaines, den Staatssekretär für den Weltraum, erkannte.
    Haze-Gaunt wandte den Kopf leicht Shey zu. „Wie lange soll das noch weitergehen?“ Sein pelziges Schoßtierchen schnatterte nervös, lief ihm den Ärmel hinab, dann wieder die Schulter hinauf.
    Shey, das Gesicht in ewiges Lächeln gehüllt, hob eine feiste Hand. „Geduld, Bern. Wir müssen den Abschluß der laufenden Mikrofilmauswertungen abwarten.“
    „Warum?“ fragte Thurmond mit einem Gemisch von Neugierde und Gleichgültigkeit.
    Der Psychologe lächelte gütig. „Derzeit liegt das Mikrofilmgehirn in tiefer Selbsthypnose. Es jetzt ungewöhnlichen äußeren Einflüssen auszusetzen, würde einige seiner unbewußten Nervennetze zerstören, und darunter würde sein Nutzen für die Regierung als Integrator von unzusammenhängenden Tatsachen ernstlich leiden.“
    „Außerordentlich“, sagte Thurmond abwesend.
    „Es ist außerordentlich“, gab der rundliche Psychologe mit liebenswertem Eifer zurück. „Man kann es von hier aus natürlich nicht erkennen, aber jedes der Augen des Gehirns sieht sich einen anderen Mikrofilmstreifen an, und jeder Streifen läuft mit einer Geschwindigkeit von vierzig Aufnahmen pro Sekunde durch das Sehgerät.
    Ein Vierzigstel einer Sekunde – das ist ungefähr die Geschwindigkeit, mit der sich der Sehpurpur der Retina umstellen kann, und das ist die Obergrenze für die Funktionsfähigkeit des Mikrofilmgehirns. Seine tatsächlichen Denkprozesse sind natürlich weitaus schneller.“
    „Ich verstehe allmählich“, murmelte Haze-Gaunt, „wie das Gehirn in einer Stunde eine Enzyklopädie verschlingen kann, aber ich verstehe noch immer nicht, warum er unter Autohypnose arbeiten muß.“
    Shey strahlte. „Eine der Haupteigenschaften des menschlichen Geistes, die ihn zum Beispiel von deinem Schoßtierchen unterscheidet, ist seine Fähigkeit, Unwichtiges auszuscheiden. Wenn sich der Durchschnittsmensch an die Lösung eines Problems macht, schließt er automatisch alles aus, was sein Bewußtsein als belanglos ansieht.
    Ist aber dieses verworfene Material wirklich belanglos? Lange Erfahrung lehrt uns, daß wir uns nicht auf das verlassen können, was das Bewußtsein verwirft. Darum sagen wir ja auch: ‚Überschlafen wir es’. Das gibt dem Unterbewußtsein die Möglichkeit, etwas in die Aufmerksamkeit des Bewußtseins zu zwingen.“
    „Sie wollen also einfach sagen“, meinte Haze-Gaunt, „daß das Mikrofilmgehirn deswegen so effektiv ist, weil es auf der Ebene des Unterbewußten funktioniert und die gesamte Summe menschlichen Wissens auf jedes ihm vorgelegte Problem anwendet.“
    „Genau das!“ rief der Psychologe mit Befriedigung.
    „Ich glaube, daß das Lesegerät eingezogen wird“, bemerkte Thurmond.
    Sie harrten erwartungsvoll, daß sich der Mann in der Kuppel langsam aufrichte. Dann starrte er sie, noch immer erst halb sehend, an.
    „Beachtet sein Gesicht und seine Hände“, plapperte der Psychologe. „Bei einem Zirkusbrand hat er schwere Verbrennungen erlitten. Bevor ich ihn entdeckte, war er bloß eine Zirkusattraktion. Jetzt ist er das nützlichste Instrument in meiner ganzen Sklavensammlung. Aber paß auf, Bern, er bespricht etwas mit Gaines. Hör
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