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Der Mann im braunen Anzug

Der Mann im braunen Anzug

Titel: Der Mann im braunen Anzug
Autoren: Agatha Christie
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aber ich hielt es nicht für nötig, ihr das zu sagen.»
    Harry warf mir einen Blick zu. Ich verstand und trat näher zu Sir Eustace.
    «Ja», fuhr dieser fort, «Sie haben entschieden kein Glück! Dies ist, wenn ich mich recht entsinne, unser dritter Zusammenstoß.»
    «Stimmt», sagte Harry. «Zweimal haben Sie mich übertölpelt – haben Sie noch nie davon gehört, dass sich beim drittenmal das Blatt wendet? Dies ist meine Runde – Anne, halt ihn in Schach!»
    Ich war bereit. In einer Sekunde hatte ich den Revolver herausgezogen und hielt ihn Sir Eustace an die Schläfe. Die beiden Wachen sprangen vor, doch Harry befahl ihnen, stehen zu bleiben.
    «Einen Schritt weiter – und er ist ein toter Mann! Schieß, Anne, sobald sie sich bewegen, zögere nicht!»
    «Du kannst dich darauf verlassen, wenn ich auch vor dem Abdrücken ein wenig Angst habe.»
    Sir Eustace schien meine Angst zu teilen, er zitterte am ganzen Körper.
    «Stehenbleiben!», rief er seinen Leuten zu, und sie gehorchten blind.
    «Schicken Sie sie fort!», befahl Harry.
    Sir Eustace tat es ohne langes Zögern, und Harry verschloss die Tür hinter ihnen.
    «So, jetzt wollen wir uns unterhalten», sagte er mit grimmiger Miene, während er zu mir herüberkam und mir den Revolver aus der Hand nahm.
    Sir Eustace seufzte erleichtert auf und wischte sich die Stirn mit einem Taschentuch.
    «Ich bin in keiner guten Verfassung», klagte er. «Eine kleine Herzschwäche, wissen Sie. Mir ist wohler, den Revolver in einer geübten Hand zu wissen. Zu Miss Anne hatte ich wenig Vertrauen. Und nun, mein junger Freund, können wir uns unterhalten, wie Sie es wünschen. Ich gebe zu, dass Sie eine Runde gewonnen haben. Der Teufel mag wissen, wo diese Waffe herkommt. Das Gepäck des Mädchens ist genau untersucht worden – und vor einer Minute noch war sie nicht in ihrem Besitz.»
    «O doch», gab ich zu, «ich hatte sie im Strumpf versteckt.»
    «Ich weiß viel zu wenig über Frauen», sagte Sir Eustace. «Ob Pagett wohl darauf verfallen wäre?»
    Harry klopfte auf den Tisch. «Spielen Sie nicht den Narren! Sie dürfen es Ihren grauen Haaren danken, dass ich Sie nicht zum Fenster hinauswerfe, Sie verdammter Schuft. Aber graue Haare oder nicht, ich…»
    Er trat einen Schritt vor, und Sir Eustace duckte sich behände hinter seinen Schreibtisch.
    «Ihr jungen Leute seid gleich so heftig», beschwerte er sich. «Lassen Sie uns vernünftig reden. Im Augenblick haben Sie die Oberhand, doch das wird nicht so bleiben. Überall im Haus sind meine Leute, und Sie sind in der Minderheit. Ihr augenblicklicher Vorteil ist bloß ein Zufall…»
    «Wirklich?», sagte Harry. «Ich glaube, diesmal haben Sie das Spiel verloren. Hören Sie das?» Er machte eine leichte Kopfbewegung zur Tür.
    Ein lautes Hämmern an der Haustür, Schreie, Flüche, dann das Geräusch von Schüssen. Sir Eustace wurde bleich.
    «Was bedeutet das?»
    «Race und seine Leute. Sie konnten natürlich nicht wissen, dass Anne und ich Geheimzeichen vereinbart hatten, um sofort zu erkennen, ob briefliche oder telegrafische Mitteilungen echt waren oder nicht. Telegramme sollten mit Andy unterzeichnet werden und Briefe ein durchgestrichenes und aufweisen. Anne wusste also sofort, dass Ihr Telegramm eine Fälschung war. Sie kam aus freiem Willen her und tappte absichtlich in die Falle, in der Hoffnung, Sie in Ihrer eigenen Schlinge zu fangen. Ehe sie jedoch Kimberley verließ, sandte sie sowohl an Colonel Race als auch an mich ein Telegramm. Seitdem hat Mrs Blair ständig in Verbindung mit uns gestanden. Annes Brief war genau das, was ich erwartet hatte. Sie sehen, Sir Eustace – das Spiel ist aus!»
    Sir Eustace wandte sich heftig um.
    «Sehr schlau, meine Hochachtung! Doch ich habe noch ein Wort zu sagen. Gut, ich habe das Spiel verloren – aber Sie ebenfalls. Sie werden niemals den Beweis erbringen können, dass ich Nadina umgebracht habe. Sie können höchstens sagen, ich sei an dem betreffenden Tag in Marlow gewesen, und Pagett wird es wohl bestätigen – das ist aber auch alles. Kein Mensch weiß, ob ich diese Frau überhaupt kannte. Sie aber kannten sie genau. Sie hatten ein Motiv, sie zu töten, und haben obendrein einen schlechten Ruf. Sie gelten noch immer als Dieb, vergessen Sie das nicht! Und vielleicht ist Ihnen eine Kleinigkeit noch unbekannt: Die Diamanten sind in meinem Besitz.
    Ich bin jedoch bereit, ein Abkommen mit Ihnen zu treffen. Sie haben mich in die Enge getrieben. Wenn Race mich in diesem
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