Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mann im braunen Anzug

Der Mann im braunen Anzug

Titel: Der Mann im braunen Anzug
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
geschworen, dass Sie im Hotel beim Diktat waren, als ich mich hinausstahl.»
    «Ja, Minks hatte großen Erfolg als Miss Pettigrew, und außerdem ist er ein vorzüglicher Stimmenimitator. Meine Stimme hat er jedenfalls ausgezeichnet getroffen.»
    «Eines möchte ich gern wissen: Wie haben Sie es fertig gebracht, dass Pagett ausgerechnet Miss Pettigrew engagierte?»
    «Oh, das war ganz einfach, sie passte Pagett auf dem Korridor der Handelskammer ab, machte ihm weis, dass ich vor ein paar Minuten dort angerufen hätte und dass man sie für die Stelle ausgewählt habe. Pagett schluckte den Köder.»
    «Sie sind sehr offen zu mir», sagte ich und sah ihn scharf an.
    «Es besteht nicht der geringste Grund für mich, es nicht zu sein.»
    Sein Ton missfiel mir sehr.
    «Anscheinend glauben Sie fest an den Erfolg Ihrer Revolution? Sonst hätten Sie nicht alle Brücken hinter sich abgebrochen.»
    «Für eine so kluge junge Dame ist das eine sehr dumme Bemerkung. Nein, mein liebes Kind, ich glaube nicht an diese Revolution. Ich gebe ihr höchstens noch ein paar Tage, dann wird sie schmählich verpuffen und im Sande verlaufen.»
    «Also ein Misserfolg für Sie?», fragte ich spöttisch.
    «Sie sind wie alle Frauen: vom Geschäft keine Ahnung. Meine Aufgabe war es, Waffen und Sprengstoffe zu liefern, und ich versichere Ihnen, ich bin gut dafür bezahlt worden. Außerdem sollte ich gewisse Personen bis zum Halse belasten, und auch das habe ich erfolgreich durchgeführt. Im Übrigen ließ ich mir meine Bezahlung natürlich im Voraus anweisen. Ich bin in der Tat sehr überlegt vorgegangen, denn ich gedenke, mich nach diesem letzten Coup endgültig vom Geschäft zurückzuziehen.»
    «Und was geschieht mit mir?», fragte ich.
    «Das ist eine gute Frage», sagte Sir Eustace sanft. «Was geschieht mit Ihnen? Der einfachste Weg – und für mich der angenehmste – wäre, Sie zu heiraten. Eine Frau kann, wie Sie wissen, nicht gegen ihren Ehegatten aussagen. Sehen Sie mich bitte nicht so böse an. Dieser Plan sagt Ihnen also nicht zu?»
    «Nein!»
    «Schade, ewig schade! Sie hätten eine so entzückende Lady Pedler abgegeben. Die anderen Möglichkeiten sind leider recht grausam.»
    Ich fühlte ein leises Kribbeln auf dem Rücken. Natürlich hatte ich genau gewusst, welch großes Risiko ich einging. Würde alles so verlaufen, wie ich es geplant hatte, oder würde ich scheitern?
    «Ich habe tatsächlich eine gewisse Schwäche für Sie», fuhr Sir Eustace fort, «und würde nur ungern zum Äußersten greifen. Ich bin nämlich ein gutmütiger Mensch, solange ich nicht bedroht werde. Aber denken Sie an Nadina. Auch Nadina wusste zu viel. Nadina hat mich bedroht und verraten, als ich kurz vor dem Gipfel meines Erfolgs stand. Erst wenn sie tot war und die Diamanten sich in meiner Hand befanden, durfte ich mich wieder sicher fühlen.
    Aber leider habe ich die Sache selber verpfuscht. Dieser Idiot von Pagett mit seinen vier Kindern! Ich hatte seit Jahren das Gefühl, dass es besser wäre, ihn los zu sein, aber ich konnte mich nie entschließen, ihn zu entlassen. Für diese meine Gutmütigkeit wurde ich nun gestraft.
    Doch ich bin schon wieder abgeschweift. Kommen wir zur Hauptfrage zurück, nämlich was mit Ihnen geschehen soll. Wie gesagt, ich würde höchst ungern… Am besten, Sie erzählen mir Ihre ganze Geschichte von Anfang an, aber bitte die Wahrheit!»
    Es kam mir gar nicht in den Sinn, etwas anderes zu sagen, denn ich hatte einen gewaltigen Respekt vor seiner Schlauheit. Ich erzählte ihm alles bis zu meiner Rettung durch Harry. Als ich geendet hatte, nickte er beifällig.
    «Ihr Bericht war bewundernswert klar, aber eines haben Sie vergessen: Wo befinden sich die Diamanten jetzt?»
    «Harry Rayburn hat sie», sagte ich und beobachtete ihn genau. Sein Gesicht blieb gleichmütig.
    «Hm – ich brauche sie aber.»
    «Ich sehe nicht recht, wie sie in Ihren Besitz gelangen könnten, Sir Eustace», erwiderte ich.
    «Nein? Da bin ich aber anderer Meinung. Ich möchte Sie nicht erschrecken, doch ich gebe Ihnen zu bedenken, dass es hier keineswegs auffallen wird, wenn man ein totes Mädchen findet. Einer meiner Männer ist Fachmann auf diesem Gebiet. Aber Sie sind doch eine vernünftige junge Dame. Ich mache Ihnen einen Vorschlag: Setzen Sie sich an den Schreibtisch, und senden Sie Harry Rayburn ein paar Worte des Inhalts, dass er sich hier mit Ihnen treffen soll und die Steine mitbringt…»
    «Ich werde nichts dergleichen tun!», rief ich mit
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher