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Der Mann, der's wert ist

Der Mann, der's wert ist

Titel: Der Mann, der's wert ist
Autoren: Eva Heller
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Werbung—es
ist klar, daß das Restaurant von Hotelgästen allein nicht leben kann, es muß
allgemein bekannt werden. Alfred wird dafür zu sorgen haben, daß jeder, der
einmal bei ihm gegessen hat, wiederkommen will. Alfred ist total optimistisch:
»Unzufriedene Gäste leisten wir uns einfach nicht.«
     
    Bärbel Schnappensiep, die mich,
seit wir uns duzen, gern als mütterliche Freundin berät, empfahl mir dringend,
auf die Balleinladungskarten >Dunkler Anzug oder Smoking< drucken zu
lassen, sonst käme womöglich, entsetzlich, einer der Herren in Jeans, und das
würde nun gar nicht zu meinem absolut bezaubernden Kleid passen. Sie selbst
möchte ein hinreißend schönes, langes Winter-Abenddirndl tragen, das sie bei
Harrods in London gekauft hat. Wie immer ein Winter-Abenddirndl aus London
aussehen mag, ein Herr in Jeans wäre dazu unpassend. Es würde genügen, erklärte
Bärbel, >Dunkler Anzug oder Smoking< zu schreiben, die Damen wüßten damit
automatisch, daß ihrerseits mindestens ein anständiges Cocktailkleid
erforderlich, aber auch ein Ballkleid möglich sei. »Machen wir«, sagte ich.
    Zwei Tage später rief sie wieder
an und empfahl, unten auf die Karten nicht >U. A. w. g.< zu drucken, was
die vornehme Abkürzung von >Um Antwort wird gebeten< sei, sondern >R.
S. V. P.<, das sei noch vornehmer, weit internationaler und bedeute répondez
s’il vous plaît<. Machen wir nicht. Rufus fand das zu affig, auf die Karten
wird gedruckt: »Bitte bald antworten.«
    Die meisten Zusagen kommen
sofort, telefonisch, Waltraud fragt an, ob sie noch zwei PR-Leute von
Sotheby’s, wichtige Leute, die ebenfalls internationale Klienten in einem
schönen Hotel unterbringen wollen, mitbringen kann? Nichts lieber als das.
    Tanja möchte außer Detlef ihren
Juwelier Werner mitbringen. Gerne. Werner möchte unser sogenannter Hotel- und
Hofjuwelier werden, sagt er, und zweitens seine neue Flamme mitbringen. Darf
er.
    Frau Masur ruft an, sie hat von
Bärbel gehört, welch Ereignis bevorsteht, und möchte spaßeshalber auch zum Ball
kommen, und zwar mit ihrer Freundin, die spaßeshalber Herrn Lehmann
kennenlernen will. Um Herrn Lehmanns Bestellung wird sich Frau Masur selbst
kümmern. Und sie möchte im Hotel übernachten, wünscht ein Zimmer mit
französischem Bett — für sich und ihre Freundin, natürlich nicht für Herrn
Lehmann —, aber Bärbel Schnappensiep soll das nicht unbedingt erfahren,
eigentlich überhaupt auf keinen Fall, sagte Frau Masur, Bärbels konservativer
Moral sei solches Wissen vorzuenthalten.
    Da wir alle Gäste, die hier
übernachten, bitten wollen, am Ballabend ihre Zimmer kurz zur allgemeinen
Besichtigung freizugeben, wird kaum zu verheimlichen sein, wenn Frau Masur mit
ihrer Freundin statt mit Herrn Lehmann ein französisches Bett teilt. Also geben
wir Frau Masur und Freundin nebeneinanderliegende Zimmer. »Damit ist offiziell
der Abstand beziehungsweise der Anstand gewahrt«, sagte Rufus. Sie bekommen die
15 und die 16, beides Zimmer, in denen Bilder aus der Schönheiten-Galerie
hängen, das wird ihnen gefallen.
    Für Elisabeth und Peter
reservierte ich zuerst im ersten Stock das Zimmer mit der gelben Moirétapete,
ein Zimmer, in dem nichts gemustert ist, das nur vom Farbkontrast
Gelb-Weiß-Schwarz Power bekommt, aber dann entscheide ich entgegen Elisabeths
Wunsch, ihr das Landhauszimmer Nr. 8 zu geben — Elisabeth muß einmal erleben,
wie schön es ist, zwischen Blumensträußen auf der Tapete aufzuwachen. Meine
Eltern bekommen das Zimmer mit den schönsten Saurierbildern — es ist an der
Zeit, daß mein Vater sein Wissen über Saurier erweitert.
    Sonst wird niemand hier
übernachten, für das Wochenende der Eröffnung haben wir keine Buchungen
angenommen. Außerdem bekommt Walkwoman den Auftrag, diskret alle Zimmer nach
der allgemeinen Besichtigung abzuschließen, Rufus will nicht am Morgen nach dem
Ball sämtliche Hotelbetten nach uneingeladenen Champagnerleichen durchsuchen.
     
    Wir verschickten auch
Einladungen an die Gesellschaftsressorts aller Zeitungen und Journale der
Gegend, je mehr über die Eröffnung berichtet wird, um so besser. Ein
zusätzlicher Anreiz ist die Ausstellung von Harald Sommerhalters Bildern.
Tatsächlich sagten fünf Presseleute sofort zu. Wir bestellten außerdem einen
Fotografen, der alle Gäste fotografieren soll.
    Was fehlte noch? Die
Druckvorlagen für den Prospekt sind fertig, Rufus hatte die neue Preisliste
gemacht, sie soll dem Prospekt extra beigelegt werden,
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