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Der Mann, der sich in Luft auflöste

Der Mann, der sich in Luft auflöste

Titel: Der Mann, der sich in Luft auflöste
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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einen Haufen Gerumpel gelegt, sodass ihn niemand findet. Er war ja tot. Da macht es nicht viel aus, dachte ich.«
    Martin Beck sah unruhig auf die Uhr. »Weiter«, sagte er.
    »Es wurde schon langsam hell. Ich fuhr in die Fleminggatan und holte die Tasche, sie war fertig gepackt, und verstaute sie in Alfs Auto. Dann fuhr ich hierher, räumte auf, nahm die Brille und seinen Mantel, der noch in der Diele hing. Ich beeilte mich, wieder nach draußen zu kommen. Traute mich nicht, länger zu bleiben als nötig. Dann fuhr ich mit seinem Auto nach Arlanda und stellte es dort ab.«
    Gunnarsson warf Martin Beck einen flehentlichen Blick zu und sagte:
    »Es ging alles so leicht, wie von selbst. Ich setzte die Brille auf, aber der Mantel war mir zu klein. Deshalb legte ich ihn mir über den Arm und ging durch die Passkontrolle. An die Reise selbst erinnere ich mich nicht mehr genau, aber es kam mir weiterhin alles so einfach vor.«
    »Wie hatten Sie geplant, von dort wegzukommen?«
    »Ich wusste nur, dass es irgendwie gehen musste. Ich dachte, es sei das Beste, mit dem Zug zur österreichischen Grenze zu fahren und zu versuchen, illegal hinüberzukommen. Meinen eigenen Pass hatte ich in der Tasche, damit konnte ich von Wien aus nach Hause fahren. Ich war schon mal dort, daher wusste ich, dass sie den Pass bei der Ausreise normalerweise nicht stempeln. Aber ich hatte wieder Glück. Dachte ich.« Martin Beck nickte.
    »Die Zimmer waren knapp da unten, und Alf hatte zwei verschiedene Hotels gebucht, das eine nur für die erste Nacht. Ich weiß nicht mehr, wie es hieß.«
    »Ifjüsäg.«
    »Ja, gut möglich. Jedenfalls wohnte dort eine Gruppe von Leuten, die Französisch sprachen. Ich glaubte zu verstehen, dass sie am selben Tag angekommen waren, nur ein paar Stunden früher. Sie sahen wie Studenten aus, etliche der Jungs hatten einen Bart. Als ich Alfs ... als ich Matssons Pass abgab, war der Empfangschefgerade dabei, einen Stapel Pässe in die Schlüsselfächer zu sortieren. Solche, die bereits registriert waren. Ich blieb in der Halle, und als er mal einen Moment hinausging, nutzte ich die Chance, einen dieser Pässe an mich zu nehmen. Schon der dritte, den ich aufschlug, war meiner Meinung nach geeignet. Es war ein belgischer Pass, der Typ hieß Roederer oder so ähnlich. Egal, der Name erinnerte jedenfalls an eine Champagnermarke.«
    Martin Beck schaute vorsichtig auf die Uhr. »Und am nächsten Morgen?«
    »Da bekam ich Alfs ... Matssons Pass zurück und fuhr zu dem anderen Hotel. Es war groß und nobel. Düna hieß es. Ich gab den Pass, also den von Alf, an der Rezeption ab und stellte seine Tasche aufs Zimmer. Ich blieb nicht länger als eine halbe Stunde. Dann verließ ich das Haus. Ich hatte mir einen Stadtplan besorgt und ging zum Bahnhof. Auf dem Weg merkte ich, dass ich den Zimmerschlüssel noch in der Hosentasche hatte.
    Er war groß und lästig, und als ich an einem Polizeirevier vorbeikam, warf ich ihn dort vor die Tür. Ich hielt das für eine gute Idee.«
    »War es wohl eher nicht«, sagte Kollberg. Gunnarsson lächelte müde.
    »Ich erwischte gerade noch den Schnellzug nach Wien. Er brauchte nur vier Stunden. Zuerst nahm ich natürlich Alfs Brille ab und rollte seinen Mantel zusammen. Ich benutzte nun den belgischen Pass, und das klappte ebenfalls gut. Es waren sehr viele Leute im Zug, und die Passkontrolle hatte es eilig. Es war übrigens eine Frau. In Wien fuhr ich mit dem Taxi vom Ostbahnhof direkt zum Flughafen und bekam einen Platz in der Nachmittagsmaschine nach Stockholm.
    »Was haben Sie mit Roeders Pass gemacht?«, fragte Martin Beck.
    »Den habe ich zerrissen und die Fetzen auf dem Ostbahnhof im Klo hinuntergespült. Die Brille ebenfalls. Ich habe die Gläser zertrümmert und das Gestell zerbrochen.«
    »Und den Mantel?«
    »Den habe ich in der Bahnhofscafeteria an einen Haken gehängt.«
    »Und am Abend waren Sie wieder hier?«
    »Ja, da bin ich in die Redaktion gegangen und habe ein paar Artikel abgeliefert, die ich schon vorher geschrieben hatte.«
    Es wurde still im Zimmer. Schließlich fragte Martin Beck:
    »Haben Sie das Bett ausprobiert?«
    »Wo?«
    »Im Düna.«
    »Ja. Es hat geknarrt.«
    Gunnarsson betrachtete wieder seine Hände. Dann sagte er leise:
    »Ich war in einer sehr schwierigen Lage. Nicht nur meinetwegen.«
    Er sah schnell auf das Foto.
    »Wenn nichts ... dazwischengekommen wäre, hätte ich am Sonntag geheiratet. In einer Woche. Und ...«
    »Ja?«
    »Es war praktisch ein
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