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Der Mann, der sich in Luft auflöste

Der Mann, der sich in Luft auflöste

Titel: Der Mann, der sich in Luft auflöste
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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wir uns in die Wolle gekriegt.« Er verstummte. Zuckte mit den Schultern. »Ich möchte am liebsten nicht darüber sprechen.«
    »Warum haben Sie sich in die Wolle gekriegt?«, fragte Kollberg.
    »Er ... er hat mich fuchsteufelswild gemacht.«
    »Inwiefern?«
    Eine schnelle Veränderung in den blauen Augen. Unbeherrscht und alles andere als ungefährlich.
    »Er hat sich benommen wie ein ... Naja, er hat gewisse Dinge gesagt.
    Über meine Verlobte. Augenblick, ich kann erklären, wie es angefangen hat. Wenn Sie mal rechts in die oberste Schreibtischschublade schauen ... da liegen ein paar Fotos.« Martin Beck zog die Schublade auf und fand die Bilder. Er holte sie vorsichtig heraus. Sie waren irgendwo an einem Badestrand aufgenommen, und es waren genau solche Fotos, wie Verliebte sie an einem Badestrand eben knipsen, an dem sie absolut ungestört sind. Er blätterte die Abzüge rasch durch, ohne sie genauer anzusehen. Das unterste Bild war geknickt und beschädigt. Die Frau mit dem hellen Blick lächelte den Fotografen an.
    »Ich war auf der Toilette, und als ich zurückkam, stand er hier und schnüffelte in meinen Schubladen. Er hatte ... diese Fotos gefunden und wollte eins davon einstecken. Ich war sowieso schon sauer auf ihn, aber da bin ich ... ausgerastet.« Der Mann machte eine kleine Pause und sagte bedauernd: »Ich erinnere mich leider nicht mehr genau an die Details.«
    Martin Beck nickte.
    »Ich habe ihm die Fotos aus der Hand gerissen. Dann fing er an, lauthals schweinische Bemerkungen über Ann-Louise loszulassen. Natürlich war jedes Wort eine Lüge, aber ich konnte es nicht ertragen, mir das anhören zu müssen. Er sprach sehr laut. Brüllte fast. Wahrscheinlich hatte ich auch Angst, dass die Nachbarn aufwachen.«
    Der Mann senkte den Blick noch weiter. Sah auf seine Hände. Dann sagte er:
    »Nun, das war ja nicht so wichtig. Aber es spielte vielleicht mit hinein, ich weiß nicht. Muss ich wiederholen, was ...«
    »Die Details heben wir uns für später auf«, sagte Kollberg. »Was ist passiert?«
    Gunnarsson betrachtete unentwegt seine Hände.
    »Ich habe ihn erwürgt«, sagte er sehr leise.
    Martin Beck wartete zehn Sekunden. Dann strich er sich mit dem Zeigefinger über den Nasenrücken und sagte:
    »Und dann?«
    »Ich war mit einem Mal stocknüchtern, oder glaubte es zumindest. Er lag hier auf dem Fußboden. Tot. Da war es ungefähr zwei Uhr. Ich hätte selbstverständlich die Polizei rufen müssen. Aber so einfach war das in diesem Moment nicht.« Er überlegte einen Augenblick. »Es wäre ja alles aus gewesen.«
    Martin Beck nickte und schaute auf die Uhr. Das schien den anderen anzutreiben.
    »Jedenfalls habe ich wohl so ungefähr eine Viertelstunde dagesessen und überlegt. Auf diesem Stuhl. Ich habe mich einfach geweigert zu akzeptieren, dass die Situation aussichtslos war. Alles war so ...
    überraschend passiert. Es kam mir so sinnlos vor. Ich konnte gar nicht richtig begreifen, dass ich es war, der plötzlich ... Nun ja, darüber können wir später sprechen.«
    »Sie wussten, dass Matsson nach Budapest fahren wollte«, sagte Kollberg.
    »Ja, sicher. Den Pass und die Tickets hatte er bei sich. Er wollte nur noch kurz nach Hause fahren und seine Tasche holen. Ich glaube, es war seine Brille, die mich auf die Idee gebracht hat. Sie war heruntergefallen und lag hier auf dem Boden, es war eine ganz eigenartige Brille, die sein Aussehen irgendwie veränderte. Dann fiel mir der alte Bauernhof da draußen ein. Vor meinem Umzug hatte ich ein paarmal von meinem Balkon aus zugesehen, wie die Feuerwehr dort übte: Sie zündeten das Haus an und löschten es wieder. Ich wusste, dass sie den kleinen Rest, der noch übrig war, bald ganz niederbrennen würden. Das war sicherlich billiger, als es auf die übliche Weise abzureißen.« Gunnarsson warf Martin Beck einen ruhelosen, verzweifelten Blick zu und sagte schnell:
    »Ich habe also den Pass genommen, die Tickets, seine Auto-schlüssel und seine Wohnungsschlüssel. Dann ...« Er erschauerte, fing sich aber gleich wieder. »Dann habe ich ihn ins Auto verfrachtet. Das war das Schwie-rigste, aber ich hatte ... jetzt hätte ich beinahe gesagt: Glück. Und dann bin ich nach Hagalund gefahren.«
    »Zu dem Abbruchhaus?«
    »Ja, die Gegend da draußen war wie ausgestorben. Ich habe ... Alf auf den Dachboden getragen, das war gar nicht so einfach, weil von der Treppe fast nichts mehr übrig war. Und dann habe ich ihn hinter einer halb eingestürzten Wand unter
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