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Der Mann, der sich in Luft auflöste

Der Mann, der sich in Luft auflöste

Titel: Der Mann, der sich in Luft auflöste
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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Arlanda. Auf der folgenden Seite, der letzten in dem Pass, standen einige Notizen, unter anderem ein paar Telefonnummern sowie ein kurzer Vers. Die Innenseite des Einbanddeckels war ebenfalls mit Notizen übersät. Die meisten schienen Stichworte zu Autos oder Motoren zu sein, vor langer Zeit und in großer Eile hingekritzelt. Der Vers war quer und mit grünem Kugelschreiber geschrieben. Martin Beck drehte den Pass und las:
    There was a young man from Dundee Who said: »They can't do without me No house is complete Without me and my seat My initials are WC.«
    Der Mann auf der anderen Seite des Tisches verfolgte seinen Blick und sagte erklärend: »Das ist ein Limerick.«
    »Das sehe ich.«
    »Er handelt von Winston Churchill. Es wird behauptet, er habe ihn selbst verfasst. Ich hörte ihn auf dem Flug von Paris und fand ihn so gut, dass ich ihn mir aufschreiben musste.«
    Martin Beck sagte nichts. Er starrte den Vers an. Unter dem Geschriebenen war das Papier etwas heller, und es waren ein paar kleine grüne Punkte darauf, die nicht dorthin gehörten. Sie hätten von einem grünen Stempel auf der Rückseite des Blattes stammen können, aber ein solcher Stempel existierte nicht. Das hätte Stenström auffallen müssen.
    »Wenn Sie in Kopenhagen aus dem Flugzeug gestiegen und mit dem Schiff nach Schweden weitergefahren wären, hätten Sie sich die Mühe sparen können«, sagte er. »Ich verstehe nicht, was Sie meinen.«
    Das Telefon klingelte. Gunnarsson nahm ab. Kollberg kam ins Zimmer.
    »Das ist für einen von Ihnen«, sagte der Mann im Bademantel.
    Kollberg nahm den Hörer, hörte eine Weile zu und sagte: »Aha. Dann sollen sie mal loslegen. Ja, warte da draußen. Wir kommen bald.« Er legte auf.
    »Das war Stenström. Die Feuerwehr hat das Haus am Montag abgefackelt.«
    »Unsere Leute durchsuchen die Brandreste in Hagalund«, erklärte Martin Beck.
    »Nun, was ist?«, fragte Kollberg.
    »Ich verstehe noch immer nicht, was Sie meinen.«
    Der Blick des Mannes war nach wie vor fest und offen. Einen Moment lang war es still, dann zuckte Martin Beck mit den Schultern und sagte:
    »Ziehen Sie sich an.«
    Gunnarsson ging wortlos zur Schlafzimmertür. Kollberg folgte ihm.
    Martin Beck blieb regungslos sitzen. Sein Blick ruhte nachdenklich auf dem Foto. Obwohl es eigentlich keine Bedeutung hatte, war er aus irgendeinem Grund unzufrieden damit, dass das Gespräch so enden sollte. Nachdem er den Pass gesehen hatte, war er sich seiner Sache vollkommen sicher, während die Idee mit der Brandruine lediglich eine Vermutung war, die sich durchaus als falsch erweisen konnte. In dem Fall und wenn der Mann es schaffte, seine Fassung zu bewahren, würde die Ermittlungsarbeit sehr mühsam werden. Trotzdem war dies nicht der Hauptgrund für seine Unzufriedenheit.
    Gunnarsson kam nach fünf Minuten zurück, bekleidet mit einem grauen Pullover und einer braunen Hose. Er schaute auf die Uhr und sagte:
    »Wir können jetzt fahren. Ich bekomme gleich Besuch und wäre dankbar ...«
    Er lächelte und ließ den Satz unvollendet. Martin Beck blieb sitzen.
    »Wir haben es nicht sehr eilig«, erklärte er. Kollberg kam aus dem Schlafzimmer.
    »Die Hose und der blaue Blazer hängen noch im Schrank«, sagte er.
    Martin Beck nickte. Gunnarsson ging im Zimmer auf und ab. Er bewegte sich jetzt nervöser, aber sein Gesichtsausdruck war so unerschütterlich und ruhig wie bisher. »Die Sache erscheint vielleicht schlimmer, als sie ist«, sagte Kollberg freundlich. »Sie brauchen nicht so resigniert zu sein.«
    Martin Beck warf seinem Kollegen einen raschen Blick zu, dann sah er wieder Gunnarsson an. Natürlich, Kollberg hatte recht. Der Mann hatte aufgegeben. Er wusste, dass das Spiel verloren war, er wusste es seit dem Augenblick, als sie die Wohnung betreten hatten. Vermutlich hatte er sich ganz in dieses Gefühl zurückgezogen, wie in einen Kokon. Trotzdem war er nicht völlig unverwundbar. Aber was getan werden musste, war dennoch sehr unangenehm.
    Martin Beck lehnte sich im Korbstuhl zurück und wartete. Kollberg stand schweigend und regungslos an der Schlafzimmertür. Gunnarsson war mitten im Zimmer stehengeblieben. Er sah auf die Uhr, sagte aber nichts.
    Eine Minute verging. Zwei Minuten. Drei. Der Mann schaute wieder auf seine Armbanduhr. Vermutlich war es eine reine Reflexbewegung, und man sah ihm an, dass er sich darüber ärgerte. Zwei Minuten später war sein Blick schon wieder dort, allerdings versuchte er das Manöver diesmal zu kaschieren,
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