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Der Mann, der seine Frau vergaß

Der Mann, der seine Frau vergaß

Titel: Der Mann, der seine Frau vergaß
Autoren: John O'Farrell
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Ich habe nicht mit ihr geschlafen!« Eine Gruppe halbwüchsiger Mädchen in Hularöckchen warf mir im Vorbeigehen befremdete Blicke zu. In meiner Euphorie breitete ich die Arme aus, um Maddy an meine Brust zu drücken, doch sie verschmähte die Einladung.
    »Und warum«, fragte sie mit vorwurfsvoller Stimme, »hast du dir eingebildet, dass du mit dieser Yolande eine Affäre hattest?«
    »Ich weiß es nicht – frag meine Neurologin! Du willst mir doch nicht allen Ernstes Vorhaltungen machen, weil ich von einer anderen Frau fantasiert habe? Wie so ziemlich jeder andere Mann auf diesem Planeten …«
    »Deine Sexfantasien interessieren mich nicht.«
    »Hallo, Mrs. Vaughan«, sagte ein Freund von Jamie, der einen Soldaten spielte.
    »Hallo, Danny. Die erste Frage lautet: Hast du von Yolande fantasiert, weil du scharf auf sie warst?«
    »Hallo, Mrs. Vaughan!«
    »Hallo, Ade. Ich höre.«
    »Was?! Nein!«
    »Wirklich?«
    »Das darf doch wohl nicht wahr sein. Ich komme dahinter, dass ich unschuldig bin und mein Gehirn mir einen Streich gespielt hat, und du machst mir die Hölle heiß wegen etwas, das ich gar nicht getan habe?«
    »Fandest du die kleine Austauschlehrerin Yolande nun scharf oder nicht?«
    »Ja, natürlich fand ich Yolande scharf. Wie alle anderen auch – sie sah schließlich verdammt gut aus.«
    »Danke.«
    »Noch erbärmlicher finde ich allerdings die Tatsache, dass mein Unterbewusstsein offenbar allen Ernstes überzeugt war, dass ein hübsches junges Ding wie Yolande mit einem alten Sack wie mir eine Affäre anfangen würde! Das ist absurd – wie konnte ich nur so naiv sein, meinem eigenen Gehirn zu glauben?«
    In diesem Moment flog die Tür der Aula auf, und das Publikum strömte in den Speisesaal der Schule, wo die Schüler des Hauswirtschaftskurses in der Pause Getränke und durchweichte Canapés verkauften. Maddy und ich ließen uns von der Flut mitreißen und erschraken fast zu Tode, als uns jemand zu Dillies wundervoller Darbietung gratulierte.
    »Also, dieses Bühnenbild! Einfach grandios«, sagte Maddy laut, als wir in Hörweite des zuständigen Kunstlehrers gerieten.
    »Kommst du nach Hause?«, fragte ich. »Damit wir wieder eine richtige Familie sind?«
    »Und die Kostüme erst! Das muss ja ein Riesenaufwand gewesen sein.«
    »Maddy – komm nachher mit Jamie, Dillie und mir nach Hause. Du hast ihnen schrecklich gefehlt. Mir fehlst du auch.«
    »Möchtest du ein Glas Orangensaft?«
    »Nein, verdammt, ich möchte keinen Orangensaft. Du wolltest unserer Beziehung noch eine Chance geben, wir haben es an die große Glocke gehängt, und dann war plötzlich alles vorbei, weil ich dir von einem dunklen Punkt in meiner Vergangenheit erzählt habe. Du hast quasi zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Erstens war ich dir nicht untreu, und zweitens weißt du jetzt, dass ich dir einen Seitensprung jederzeit gestehen würde.«
    »So einfach ist das nicht.«
    »Und ob das so einfach ist. Du hast mich verlassen, weil ich eine Affäre hatte. Jetzt stellt sich heraus, dass ich doch keine Affäre hatte. Also kannst du ebenso gut zu mir zurückkehren …«
    »Hat Dillie auf der Bühne nicht fantastisch ausgesehen? Sie sind bestimmt furchtbar stolz«, sagte ein Lehrer, den ich nicht kannte.
    »Ja, sie schauspielert für ihr Leben gern. Vielen Dank.«
    »Und Jamie in der Band nicht zu vergessen. Ein großer Abend für die Vaughans!«
    »Noch ist er ja nicht zu Ende …«, bemerkte ich, vielleicht etwas zu spitz.
    »Ein wunderbares Musical, nicht wahr?«, sagte Maddy, sichtlich dankbar für die Unterbrechung. »Was für großartige Songs!«
    »Ja, die Songs sind einfach herrlich.«
    »Sag mal, Maddy, welche Nummer hat dir besser gefallen?«, fragte ich. »›I’m Gonna Wash That Man Right Outa My Hair‹ oder ›I’m in Love with a Wonderful Guy‹?«
    Höflich wartete der Lehrer die Antwort auf diese interessante Frage ab.
    »Ich würde sagen, die beste Nummer kommt erst noch. ›You’ve Got to Be Carefully Taught‹.«
    »Gut gebrüllt, Löwin«, meinte der Lehrer.
    Andere Elternpaare, die wir vom Sehen kannten, gesellten sich zu uns, und ich war ein wenig frustriert, weil ich nicht mehr dazu kam, vor dem zweiten Akt noch einmal mit ihr zu sprechen. Madeleine unterhielt sich absichtlich mit einer anderen Mutter, als wir zu unseren Plätzen zurückgingen, und weigerte sich hartnäckig, auch nur ein Wort mit mir zu wechseln, während auf der Bühne »Happy Talk« gegeben wurde. Schließlich, als das Publikum
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