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Der Mann aus dem Safe

Der Mann aus dem Safe

Titel: Der Mann aus dem Safe
Autoren: Steve Hamilton
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weißen Polohemden. So unauffällig und austauschbar wie möglich. Wie all die anderen gesichtslosen Angestellten, die ihre Arbeitstage damit verbrachten, andere zu bedienen.
    Ramona und Lucy dagegen zeigten viel Haut in ihren kurzen Shorts und Bikinioberteilen. Um für größtmögliche Ablenkung zu sorgen.
    Wir marschierten über den langgestreckten Kai, jeder mit vollbeladenen Armen. Im Vorbeigehen sahen wir hier und da Besatzungsmitglieder auf den Booten, die die Decks abspritzten. Wir sahen reiche Leute mit gebräunten Knöcheln und Segelschuhen, die hoch über uns ihr Frühstück genossen, während die Möwen um sie herum nach Brosamen schrien. Wir gingen weiter.
    »Ich sehe sie nicht«, sagte Julian. »Wo ist die verdammte Jacht?«
    Ziemlich am Ende der Kaimauer spannte sich eine große Gangway, die zu dem größten Boot im Hafen führte. Es musste gut sechzig Meter lang sein und lag mit dem Bug zum Meer. Die Gangway führte hinauf zum zweiten Achterdeck. Zwei Männer standen am Fuß des Stegs. Beide bullig, beide ganz in Schwarz, beide mit professionell unfreundlichem Stierblick.
    »Das ist es nicht«, sagte Julian. »Das ist nicht unser Boot.«
    »Muss es aber sein«, sagte Gunnar. »Fragen wir nach.«
    Gunnar ging auf die beiden Männer zu und schlüpfte dabei in seine Rolle. Ein nicht besonders heller Auslieferer, der einfach nur seine Pakete loswerden will.
    »Hey Jungs, was geht? Ich frage mich, ob das wohl das Schiff ist, das wir suchen.«
    Einer der beiden zog eine Augenbraue hoch.
    »Gut möglich, dass wir eine andere Hochseejacht beliefern sollen«, sprang ihm Julian bei. »Diese Leute sind früher auf der
Skylla
gefahren.«
    »Das war letztes Jahr«, sagte der eine. »Das hier ist das neue Boot. Entschuldigung, die neue ›Hochseejacht‹.«
    Die beiden wechselten einen Blick. Dann bemerkten sie Ramona und Lucy, worauf die ganze Situation zu unseren Gunsten umschlug.
    »Wir sollen all diese Sachen hier an Bord bringen und arrangieren«, sagte Gunnar. »Wenn ihr nichts dagegen habt …«
    »Ja, schon gut«, sagte der Wächter. »Macht nur. Lasst euch Zeit.«
    Gunnar stieg die Gangway hinauf. Julian und ich folgten ihm, während Ramona und Lucy noch für einen kleinen Extraplausch zurückblieben. Zwischen dem Kai und dem Heck des Schiffes klafften ein, zwei Meter Abstand, merkte ich, als wir über dem Wasser waren. Die Gangway schwankte bei jedem Schritt unter meinen Füßen. Als wir endlich das Deck erreichten, stellten wir unsere Kisten auf der Bar dort ab.
    »Ich kenne dieses Boot nicht«, sagte Julian. »Das könnte ein Problem sein.«
    »Ach, Quatsch«, sagte Gunnar. »Die Einrichtung ist bestimmt die gleiche, oder? Wir müssen einfach nur den Safe finden.«
    Ramona und Lucy erschienen auf dem Schiffsdeck.
    »Ein Wahnsinnsboot«, bemerkte Ramona.
    »Es ist noch größer als das vom letzten Jahr«, sagte Julian. »Denkt daran, euch aufzuteilen, wenn wir wieder runtergehen, nicht alle auf einmal.«
    Julian und Ramona blieben an der Bar, packten ohne Hast den Wein aus und hielten dabei die Augen offen. Lucy, Gunnar und ich gingen hinein zu den Kabinen. Lucy stieß die erste Tür auf und setzte ihren Präsentkorb ab. Der Raum war klein, aber gemütlich. Ein Einzelbett. Ein Fernseher. Alles mit Edelholz und poliertem Messing ausgekleidet.
    Gunnar öffnete die nächste Tür, blickte schnell nach links und rechts in den Gang und deutete auf die letzten Kabinen. Er nahm mir meinen Präsentkorb ab und ließ mich dort im Gang stehen.
    Ich steckte meinen Kopf in jede Kabine. Sah weitere Betten, weiteres Edelholz, weiteren Luxus.
    Keine Safes.
    »Wir können nicht allzu lange bleiben«, sagte Gunnar, als wir uns wieder im Gang trafen. »Das würde Verdacht erregen.«
    Wir gingen zurück zur Bar, wo Gunnar kurz den Kopf in Julians Richtung schüttelte, und stiegen wieder die Gangway hinunter. Julian wartete noch ein paar Minuten, bevor er nachkam. Zurück am Auto, beluden wir uns erneut mit Weinkisten und Geschenkkörben.
    »Ihr zuerst«, sagte Julian. »Wir müssen noch mehr ausschwärmen.«
    Gunnar und ich keuchten den Kai entlang. Ramona und Lucy hatten die Wächter inzwischen in einen Schwatz verwickelt und fragten sie, wohin das Boot fuhr, wer alles an Bord war und wie oft sie trainierten, um so knackige Bodys zu kriegen. Die beiden fraßen ihnen aus der Hand.
    Ich musste wieder ins Wasser hinunterstarren, als ich über den Steg ging, machte unversehens einen Schritt zu dicht an den Rand und fühlte, wie
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