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Der Makedonier

Der Makedonier

Titel: Der Makedonier
Autoren: Nicholas Guild
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sagst das so, als würden aus Knaben nie Männer werden.«
    »Aus einigen nicht.«
    »Hast du vor, meine Söhne zu töten?« fragte sie, als erwartete sie eine unterhaltsame Antwort. »Willst du an ihrer Stelle König werden? Die Versammlung der Makedonier wählt den König. Was werden die Männer denken, wenn sie das Blut von drei königlichen Prinzen an deinen Händen sehen?«
    Als wäre ihr das alles ziemlich gleichgültig, zuckte sie mit den nackten Schultern und hob die Trinkschale an ihre Lippen.
    »Da es nur die Macht ist, die du willst, sollst du sie auch haben. Ich werde dafür sorgen, daß du in der nächsten Regierung weit oben stehen wirst. Aber wenn du leben willst, um diese Macht auch zu genießen, dann zügle deinen Ehrgeiz – zu deinem eigenen Wohl, wenn schon nicht zu meinem, denn ich weiß ja, wie wenig ich dir bedeute. Und sprich nicht noch einmal so, als wolltest du meinen Söhnen etwas antun.«
    Seine Schale war leer, und sie goß ihm neuen Wein ein. Dann küßte sie ihn voll innigster Zärtlichkeit auf die Lippen.
    »Doch nimm dich vor Philipp in acht. Mach nicht den Fehler zu glauben, daß er, nur weil er noch ein Knabe ist, nicht dein gefährlichster Feind ist.«
    Ptolemaios wußte, daß sie recht hatte. Er spürte die Wahrheit ihrer Worte in der kalten Angst, die seine Eingeweide gepackt hatte.
    »Er kann sich immer noch den Hals brechen«, sagte er schließlich. »Es kann passieren. Einige Pferde lassen sich nie wirklich zähmen – sie warten nur den richtigen Zeitpunkt ab, und dann töten sie.«
     
    Philipp lagen solche Befürchtungen fern. Er besaß ein prächtiges neues Pferd, und er stand auf der Schwelle zum Mannesalter. Keins von beiden jagte ihm Angst ein, und er wußte noch nicht, daß das Leben mehr für ihn bereithalten konnte. Der König und seine Mutter waren für ihnentfernte Gestalten, und seinen Vetter Ptolemaios kannte er kaum. Was seine Zuneigungen betraf, bestand seine Familie aus Glaukon und Alkmene, die ihm die Eltern ersetzten, aus Alexandros und Perdikkas und aus seinem Halbbruder Arrhidaios, seinem engsten Freund.
    Und so war es auch Arrhidaios, dem er einige Tage später von seinem jüngsten Triumph berichtete. Er hatte seinem neuesten Besitz, der nun den Namen Alastor trug, beigebracht, nicht nur auf die Zügel, sondern auch auf Kniedruck zu reagieren.
    »Siehst du?« Philipp verschlug es vor Freude fast die Stimme, als der schwarze Hengst sich langsam nach links bewegte. »Das wird er bald auch im Galopp können, und dann habe ich immer die Hände frei, sogar bei einem Angriff zu Pferd.«
    Arrhidaios lachte. »Nur gut, daß du nie König wirst«, sagte er. »Du bist so vernarrt in den Krieg, daß deine Herrschaft ein einziges Blutvergießen wäre.«
    Aber Philipp schien ihn nicht zu hören. Er glitt vom Pferd, und seine nackten Füße trafen den Boden, als wollte er sich dort fest verankern.
    »Willst du ihn ausprobieren?«
    Arrhidaios schüttelte nur den Kopf und legte seine langen Arme über Kreuz auf den Nacken seines gescheckten Wallachs. Er war zwei Jahre älter als Philipp und von Natur aus vorsichtiger, wie es sich für den zweiten Sohn der zweiten Frau des Königs gehörte.
    »Er weiß, daß er in dir seinen Meister gefunden hat, aber alle sagen, daß er ein Dämon ist. Wer weiß, ob er sich nicht bei einem anderen Reiter dafür rächt?« Er hob die breiten, knochigen Schultern. »Alastor- das sieht dir ähnlich, daß du dein Pferd nach einem Rachegeist benannt hast. Du möchtest wohl, daß wir alle Angst vor dir bekommen, was?«
    Philipp legte dem Hengst die Hand auf den Hals, als wollte er zeigen, wie sanftmütig er war.
    »Sei doch kein solcher Feigling«, sagte er. »Probier ihn doch aus. Siehst du? Er ist friedlich wie ein Ochse.«
    »Mir reicht, was ich habe, vielen Dank. Ich habe keine Lust, mich von diesem schwarzen Ungeheuer zertrampeln zu lassen.«
    Nun lachten sie beide, und Philipp packte die Mähne des Hengstes und schwang sich wieder hinauf.
    »Laß uns ein Wettrennen machen zum Fluß und wieder zurück«, rief Philipp, dessen Pferd bereits ungeduldig tänzelte.
    »Da hätte ich doch keine Chance. Mein Gaul schnauft doch wie ein Blasebalg, wenn er mehr als im Trab laufen muß.«
    »Dann laß uns jagen.«
    Aber so nahe an Pella gab es kaum Wild, und was es noch gab, war auf der Hut vor Männern auf Pferden. So gaben die beiden königlichen Prinzen bald die Hoffnung auf, ihre eisenbeschlagenen Speere für etwas anderes als für Zielübungen
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