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Der Maedchenmaler

Der Maedchenmaler

Titel: Der Maedchenmaler
Autoren: Monika Feth
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fühlen.
    Ich schlüpfte in meinen Jogginganzug und ging in die Küche. Vielleicht würde mir ein Kaffee gut tun. Die Katzen strichen mir maunzend um die Beine. Sie hatten ständig Hunger. Seit sie von Merles Gruppe aus einem Versuchslabor befreit worden waren, hatten sie sich von zitternden, mageren, unansehnlichen Geschöpfen in prächtige, selbstbewusste Persönlichkeiten verwandelt. Ihr Fell glänzte und ihre Augen waren klar und blank.
    Wir hatten uns so an ihre Gesellschaft gewöhnt, dass ich mir ein Leben ohne sie nicht mehr vorstellen konnte. Ich machte eine Dose Katzenfutter auf und füllte einen Napf für Donna und einen für Julchen. Sie waren zwar durchaus bereit, sich ihr Futter schwesterlich zu teilen, aber Donna fraߟ so schnell, dass für Julchen nie genug übrig blieb.
    Die Espressomaschine veranstaltete einen Höllenlärm, doch selbst das ertrugen die Katzen mittlerweile. Sie zuckten nicht einmal, wenn das Getöse losging, sondern fraߟen seelenruhig weiter.
    Der Kaffeeduft stieg mir in die Nase und machte mich endgültig wach. Ich zog mir einen der Küchenstühle ans Fenster und sah auf die Straߟe hinunter, während ich langsam und genüsslich trank.
    Die Menschen hasteten über die Straߟe, als wollten sie vor der Kälte davonlaufen. Dabei spürte ich noch die Hitze des Sommers in mir. Ich hatte kein Gefühl für die Zeit, die vergangen war. Es kam mir so vor, als wäre ich monatelang durch einen langen dunklen Flur gekrochen, zu beiden Seiten lauter verschlossene Türen.
    Vielleicht sollte ich mich anziehen und ein bisschen aufräumen. Wir bekamen am Nachmittag Besuch von diesem Mike Soundso, der sich die Wohnung angucken wollte. Es widerstrebte mir, ihm unser tägliches Chaos vorzuführen.
    Wir hatten nicht vorgehabt, irgendwas an Caros Zimmer zu verändern. Aber dann waren Caros Eltern gekommen und hatten es leer geräumt. Sie hatten keine Beziehung zu ihrer Tochter gehabt, als sie noch lebte. Caros Tod hatte daran nichts geändert. Am Ende zerstörten sie auch noch das, was von ihr übrig geblieben war.
    Das leere Zimmer erinnerte uns jeden Tag daran, dass Caro nicht mehr da war. Wir hielten die Tür geschlossen, doch das machte es nur schlimmer. Zu wissen, hinter dieser Tür war nichts... Fast war es, als hätte Caro nie gelebt.
    Dann, eines Tages, hatte meine Mutter gesagt: »Ich glaube, Caro hätte gewollt, dass wieder jemand in ihrem Zimmer wohnt. Sie hätte gewollt, dass ihr mit Freude an sie denkt, nicht mit Trauer.«
    Merle und ich sahen uns an und wussten, sie hatte Recht. Aber wir konnten uns nicht dazu überwinden, nach einer neuen Mitbewohnerin zu suchen.
    »Weil ihr jedes Mädchen mit Caro vergleicht«, sagte meine Mutter.
    Auch das stimmte. Und so war die Idee entstanden, das Zimmer nicht an ein Mädchen, sondern an einen Typen zu vergeben. Einen, der besonders war. Der zu uns passte. Obwohl wir keine Ahnung hatten, wie dieser Jemand sein sollte.
    »Lasst euch überraschen«, sagte meine Mutter. »Und hört auf euer Gefühl. Dann wird alles gut.«
    Und sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.
    Jedenfalls hatten wir eine Anzeige aufgegeben, das Telefon war heiߟ gelaufen und wir hatten mit drei Jungen Termine vereinbart. Dieser Mike war der Erste und er würde um vier Uhr kommen. Das war gerade noch genug Zeit, um ein wenig Ordnung zu schaffen.
    »Also los jetzt«, sagte ich zu mir selbst und scheuchte mit meiner Stimme die Katzen auf, die sich in der Stille eingerichtet hatten und sich gemütlich putzten. »Schluss mit dem Lotterleben.«
    Ganz weit hinten in meinem Kopf flackerte ein vages Interesse auf, und ich versuchte, mir diesen Mike vorzustellen. Vielleicht war es ja wirklich gar nicht so übel, ein bisschen frischen Wind in unser Leben zu bringen. Obwohl - war es nicht zu viel, was ich da von einem Wildfremden erwartete?
     

Kapitel 3
    Nachdem die Architektin die Rollläden hochgefahren hatte, war staubiges Sonnenlicht durch die Fenster gefallen. Hier und da lag noch der eine oder andere Gegenstand auf dem Boden, stand noch das eine oder andere Möbelstück vergessen an der Wand, als hätten die früheren Besitzer das Haus fluchtartig verlassen.
    Die Wohnräume hatten Holzböden, glanzlos, zerkratzt und verwohnt, an einigen Stellen brüchig. Ruben hoffte, man würde sie retten können, denn die alten Dielen machten einen groߟen Teil der Stimmung in diesem Haus aus. Die Fenster waren original
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