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Der Maedchenmaler

Der Maedchenmaler

Titel: Der Maedchenmaler
Autoren: Monika Feth
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sich auf keinen Fall zu verspäten, packte er sofort seine Sachen zusammen und machte sich auf den Heimweg. Eine kluge Entscheidung, denn die Autobahn war mal wieder dicht. Stoߟstange an Stoߟstange schoben sich die Wagen voran. Bert blickte in erschöpfte, gestresste, frustrierte Gesichter.
    Er schaltete das Radio an. Manchmal gelang es der Musik, seine Stimmung selbst im Berufsverkehr aufzuhellen. Berufsverkehr. Dafür gab es einen englischen Begriff, der sich inzwischen selbst ad absurdum führte. Bert kramte in seinem Gehirn, das automatisch blockierte. Das passierte ihm neuerdings immer häufiger. Eine Alterserscheinung?
    Wenn man alt werden will, dachte er, darf man sich nicht darüber beklagen, dass man altert. Und wie zum Lohn für diese Erkenntnis fiel ihm der Begriff ein, den er suchte. 
Rushhour
. Er grinste vor sich hin. Na bitte!
    Morgen würde er als Erstes Jette anrufen. Er hatte ihr nichts Wichtiges mitzuteilen. Er wollte nur den Kontakt zu den jungen Leuten halten. Damit sie ihm nicht wieder dazwischenfunkten. Er drehte den Ton lauter, lehnte sich zurück und sang lauthals mit.
     
    Im Traum sah sie Mike. Er überquerte eine breite Straߟe mit starkem Verkehr. Die Autofahrer hupten, wichen ihm aus. Mike ging unbeirrt weiter. Er blickte nicht nach rechts und nicht nach links. Mit schlafwandlerischer Sicherheit fand er durch das Chaos.
    Die Straߟe verwandelte sich in einen Fluss. Mike watete durch das Wasser und schien gar nicht zu bemerken, dass er von Krokodilen umgeben war. Wie Baumstämme lagen sie im Wasser und beobachteten ihn aus verschleierten Augen. Das Wasser reichte ihm schon bis an die Brust.
    Mike kam nur noch langsam voran.
    »Schwimm doch!«, rief Ilka ihm vom Ufer aus zu. »Schwimm!«
    Er war auf dem Weg zu ihr. Und sie konnte ihm nicht helfen. Sie war schon so lange nicht mehr im Wasser gewesen. Vielleicht würde sie versinken wie ein Stein?
    Jemand schrie.
    Ilka fuhr auf. Und stellte fest, dass es ihr eigener Schrei gewesen war, der sie geweckt hatte. Schwer atmend lehnte sie sich an die Wand. Ihr Hals brannte, ihr Kopf schien zu zerspringen.
    Sie schleppte sich in die Küche und trank aus dem Wasserhahn. Dann kroch sie ins Bett zurück. Sie hatte Angst davor, wieder einzuschlafen, aber es gelang ihr nicht, wach zu bleiben. Ihre Augen waren zu schwer.
     
    Judith war nicht mehr da. Ihr schwarzer Smart parkte sonst immer im Carport. Jetzt war er nirgends zu entdecken. Ruben fuhr nicht in die Garage. Er stellte den Wagen am Straߟenrand ab. Den Carport lieߟ er aus alter Gewohnheit für Judith frei, obwohl sie ihn heute nicht mehr nutzen würde. Ruben war nicht enttäuscht. Im Gegenteil. Er war erleichtert. Es wäre ihm schwer gefallen, unbefangen mit ihr zu reden. Sie kannte ihn zu gut. Sie hätte ihm seine Nervosität angemerkt.
    Neben dem Telefon lag ein Zettel.
    Hallo, Ruben, wenn du mich heute nicht mehr brauchst, würde ich den Abend gern für mich haben. Ruf mich an, wenn du Zeit hast. Liebe Grüߟe, Judith.
    Er ging in sein altes Atelier. Es hatte sich nicht verändert, denn er hatte kein einziges Möbelstück mit ins neue Haus genommen. Sogar einen Teil seiner Bilder hatte er hier gelassen. Trotzdem war alles anders. Der Geruch nach Farbe war verblasst, die Unordnung statisch geworden.
    Ruben verrückte ein paar Gläser, schob Stifte von der einen auf die andere Seite, blätterte in den Zeichnungen, die er für eine Buchausgabe zusammengestellt hatte. Plötzlich überfiel ihn das Gefühl, am falschen Ort zu sein. Er musste sich zusammenreiߟen, um nicht fluchtartig das Haus zu verlassen.
    Er schlenderte durch den nassen, kalten Garten zurück und betrat eben das Wohnzimmer, als das Telefon klingelte. Es war der Redakteur von 
LebensKunst
.
    »Schön, dass es endlich mit einem Termin geklappt hat«, sagte er. »Ich weiߟ, dass Sie ein viel beschäftigter Mann sind, Herr Helmbach.«
    Ruben lieߟ sich auf den Sessel fallen und konzentrierte sich. Man musste der Meute hin und wieder einen Brocken hinwerfen. Das hielt sie bei Laune und verschaffte einem den nötigen Spielraum.
    Manchmal fühlte er sich wie ein Gott. Dann hatte er vor gar nichts Angst. Höchstens vor sich selbst.
     

Kapitel 24
    Imke hatte den Tag am Schreibtisch verbracht. Eigentlich sehnte sie sich nach Erholung, doch dazu fehlte ihr die innere Ruhe. Tilo hatte ihr angeboten, sich ein paar Tage freizunehmen.
    »Komm«, hatte er gesagt. »Wir lassen den Winter hinter uns und fliegen
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