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Der Lustmolch

Der Lustmolch

Titel: Der Lustmolch
Autoren: Christopher Moore
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nicht.
    »Haben Sie die Amish-Connection schon mal unter die Lupe genommen?« fragte Theo und versuchte, keine Miene zu verziehen. Vielleicht hätte er sich heute das Kiffen doch lieber sparen sollen.
    »Was?«
    »Ach so, Sie sind ja der Profi«, sagte Theo. »Hatte ich ganz vergessen.« Und damit verließ er das Haus.
    Als er wieder in seinem Volvo saß, nahm Theo das dünne Telefonbuch von Pine Cove aus dem Handschuhfach und schlug die Adresse von Dr. Valerie Riordan nach, als über Funk ein Notruf durchkam. Schlägerei im Head of the Slug Saloon. Es war 2 Uhr 30.
    MAVIS
    Unter den Stammgästen des Head of the Slug ging das Gerücht, daß sich unter Mavis Sands welker, von Leberflecken übersäter faltiger Haut das schillernde Metallskelett eines Terminators verbarg. Es war in den fünfziger Jahren gewesen, als Mavis damit begonnen hatte, ihre Körperteile aufzuwerten. Zunächst war Eitelkeit der Beweggrund gewesen, und es handelte sich dabei um ihre Brüste, ihre Wimpern und ihr Haar. Im weiteren Verlauf der Zeit kam ihr das Konzept der Pflege und Bewah-rung immer mehr abhanden, und so ließ sie jene Körperteile, die ihren Dienst versagten, einfach austauschen, bis nahezu fünfzig Prozent ihres Körpergewichts aus rostfreiem Stahl (Hüften, Ellbogen, Schultern, Fingergelenke, Stützen der Rückenwirbel 5-12), Silikon Chips (Hörgerät, Herzschrittmacher, Insulinpumpe), Polymerharz (Linsenkatarakte, Gebiß), Kevlargewebe (Bauchdeckenverstärkung), Titan (Knie, Fußgelenke) und Schwein (Herzklappe) bestanden. Wäre die von einem Schwein stammende Herzklappe nicht gewesen, so hätte Mavis den nahtlosen Übergang vom Tier zum Mineral geschafft, ohne dabei das ansonsten übliche Übergangsstadium als Gemüse durchmachen zu müssen, das den meisten Menschen blüht. Die Phantasiebegabteren unter den Suffniks im Slug (selbst auch kaum mehr als Gemüse) schworen von Zeit zu Zeit, daß man in den Pausen zwischen den einzelnen Songs aus der Jukebox hören konnte, wie die kleinen, aber starken Servomotoren Mavis hinter der Bar herumzischen ließen. Mavis selbst war darauf bedacht, niemals im Angesicht der Gäste eine Bierdose zu zerquetschen oder ein volles Faß zu bewegen, um so den Gerüchten nicht zusätzliche Nahrung zu geben und auch noch den letzten Rest an mädchenhafter Verletzlichkeit zu zerstören, den zu bewahren sie bedacht war.
    Als Theo das Head of the Slug betrat, sah er die ehemalige Leinwandfurie Molly Michon am Boden, ihre Zähne in das Fußgelenk eines grauhaarigen Mannes verbissen, der kreischte wie eine platt gefahrene Katze. Mavis stand über die beiden gebeugt und schwang ihren Louisville Slugger, und es sah ganz so aus, als würde sie demnächst einen der beiden als Baseballersatz benutzen und ihn in hohem Bogen aus dem Laden dreschen.
    »Theo«, kreischte Mavis, »du hast zehn Sekunden, um diese Irre aus meiner Bar zu schaffen, oder ich zieh ihr eins über den Schädel!«
    »Nein, Mavis.« Theo stürmte auf Mavis zu, stieß den Baseballschläger beiseite und fummelte die Handschellen aus seiner Gesäßtasche. Er zerrte an Mollys Händen, bis sie den Knöchel des Mannes losließ, und fesselte ihr die Hände auf den Rücken. Die Schreie des grauhaarigen Mannes schraubten sich in ungeahnte Höhen hinauf.
    Theo kniete sich auf den Boden und sagte Molly ins Ohr: »Laß los, Molly. Du mußt das Bein von dem Mann da loslassen.«
    Aus Mollys Mund drang ein animalischer Laut, der von Blasen aus Blut und Speichel begleitet wurde.
    Theo strich ihr das Haar aus dem Gesicht. »Ich kann das Problem nicht lösen, wenn du mir nicht sagst, worum es geht, Molly. Und ich kann dich nicht verstehen, solange du das Bein von dem Kerl hier im Mund hast.«
    »Geh aus dem Weg, Theo«, sagte Mavis. »Ich zieh ihr eins über.«
    Theo wehrte Mavis ab. Der grauhaarige Mann schrie noch lauter als zuvor.
    »Hey!« rief Theo. »Jetzt mal halblang, ich versuche mich hier zu unterhalten.«
    Der grauhaarige Mann schraubte seine Lautstärke zurück.
    »Molly, schau mich an.«
    Theo sah, wie eines ihrer blauen Augen den Blick vom Bein des Mannes löste und die Gier nach Blut darin verebbte. Er hatte sie wieder. »Schön so, Molly. Ich bin's, Theo. Also, was haben wir denn für ein Problem?«
    Sie spuckte das Bein des Mannes aus und drehte den Kopf zu Theo. Mavis half dem Mann, sich auf einen Barhocker zu setzen. »Schaff sie hier raus«, sagte Mavis. »Diesmal hat sie sich's endgültig verschissen. Sie hat Lokalverbot - und zwar für
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