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Der Lustmolch

Der Lustmolch

Titel: Der Lustmolch
Autoren: Christopher Moore
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Stockwerk tiefer waren die Deputies bei der Arbeit zu hören.
    »Ich kann einfach nicht glauben, daß sie so was je tun würde«, sagte Joseph.
    Theo streckte den Arm aus und drückte den Bizeps des gramgebeugten Gatten. »Es tut mir wirklich leid, Joe. Sie hat wohl nie etwas gesagt, das darauf hingedeutet hätte, daß sie mit dem Gedanken spielte, so was zu tun?«
    Ohne aufzublicken, schüttelte Joseph den Kopf. »Es ging ihr allmählich besser. Val hatte ihr irgendwelche Tabletten gegeben, und es schien, als würde es ihr allmählich bessergehen.«
    »Valerie Riordan?« fragte Theo. Valerie war der einzige Psychiater in Pine Cove. »Wissen Sie, was für Pillen das waren?«
    »Zoloft«, sagte Joseph. »Das ist wohl ein Antidepressivum.«
    Theo notierte den Namen des Medikaments. »Bess hatte also Depressionen?«
    »Nein, sie hatte nur diesen Putzfimmel. Alles mußte jeden Tag saubergemacht werden. Sie hat irgendwas geputzt, und fünf Minuten später gleich noch mal. Sie hat mir und den Mädchen das Leben zur Hölle gemacht. Wir mußten Schuhe und Strümpfe ausziehen und die Füße in einer Wanne waschen, bevor wir das Haus betreten durften. Aber Depressionen hatte sie keine.«
    Theo schrieb »Verrückt« in seinen Notizblock. »Wann war Bess zum letzten Mal bei Val?«
    »Vor sechs Wochen, glaube ich. Damals hat sie auch die Pillen zum ersten Mal bekommen. Und es ging ihr daraufhin auch wirklich besser. Zumindest schien es so. Sie hat einmal sogar das Geschirr über Nacht in der Spüle gelassen. Ich war richtig stolz auf sie.«
    »Wo sind diese Pillen, Joseph?«
    »Im Medizinschrank.« Joseph deutete in Richtung Badezimmer.
    Theo entschuldigte sich und ging ins Bad. Außer Desinfektionsmitteln und ein paar Q-Tips befand sich nur das braune
    Fläschchen mit dem Rezeptaufkleber im Medizinschrank. Es war etwa halb voll. »Die werde ich mitnehmen«, sagte Theo und steckte die Pillen ein. »Die Beamten des Sheriffs werden Ihnen vermutlich noch mal die gleichen Fragen stellen, Joseph. Erzählen Sie ihnen einfach, was Sie mir gesagt haben, okay?«
    Joseph nickte. »Ich glaube, ich sollte mich um die Mädchen kümmern.«
    »Es wird nicht lange dauern, okay? Ich schicke den zuständigen Beamten rauf.«
    Theo hörte, wie vor dem Haus ein Wagen gestartet wurde, und ging zum Fenster. Ohne Sirene und Blaulicht fuhr der Krankenwagen los, um die tote Bess Leander zum Leichenschauhaus zu bringen. Er wandte sich wieder an Joseph. »Rufen Sie mich an, wenn Sie was brauchen. Ich werde mich mal mit Val Riordan unterhalten.«
    Joseph erhob sich. »Theo, erzählen Sie niemandem, daß Bess Antidepressiva genommen hat. Sie wollte nicht, daß irgend jemand davon erfährt. Sie hat sich deswegen geschämt.«
    »Keine Sorge. Rufen Sie mich an, wenn Sie mich brauchen.« Er ging aus dem Zimmer. Als er die Treppe herunterkam, traf er auf einen adrett gekleideten Polizeibeamten in Zivil. An der Marke an seinem Gürtel konnte Theo ablesen, daß er Detective Sergeant war.
    »Sie sind Crowe. John Voss.« Er streckte die Hand aus, und Theo ergriff sie. »Wir sind von jetzt an mit dem Fall betraut«, sagte Voss. »Was haben Sie bis jetzt?«
    Theo fühlte sich gleichzeitig erleichtert und vor den Kopf gestoßen. Sheriff Burton nahm ihm den Fall weg, ohne ein Wort darüber zu verlieren. »Kein Abschiedsbrief«, sagte Theo.
    »Ich hab euch angerufen, zehn Minuten, nachdem mir der Fall gemeldet wurde. Joseph sagt, sie hatte keine Depressionen, nahm aber Medikamente. Er ist zum Frühstück nach unten gekommen und hat sie gefunden.«
    »Haben Sie sich hier schon mal umgesehen?« fragte Voss. »Alles blitzblank. Nirgendwo ein Fleck oder ein Staubkörnchen. Als hätte jemand den Tatort blank gewienert.«
    »Das war sie«, sagte Theo. »Sie hatte einen Putzfimmel.«
    Voss schnaubte verächtlich. »Sie hat einen Hausputz veranstaltet und sich dann aufgehängt? Also bitte.«
    Theo zuckte mit den Achseln. Dieser ganze Polizeikram gefiel ihm überhaupt nicht. »Ich werde mich mal mit ihrer Psychiaterin unterhalten. Ich sag Ihnen dann, was die erzählt.«
    »Sie reden mit niemandem, Crowe. Das hier ist meine Untersuchung.«
    Theo lächelte. »Okay. Aber sie hat sich aufgehängt und weiter nichts. Blasen Sie's nicht unnötig auf, die Familie hat schon genug mitgemacht.«
    »Ich bin Profi«, sagte Voss in einem Ton, der seine Verachtung für Theos kriminalistisches Stümpertum kaum verhüllte. Und wenn man es genau betrachtete, war dieser Vorwurf so ungerechtfertigt
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