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Der Lüge schöner Schein

Der Lüge schöner Schein

Titel: Der Lüge schöner Schein
Autoren: Reginald Hill
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Andy. Er sagt, er sei gestern Abend wegen eines Falles aufgehalten worden.«
    »Traurig, aber wahr. Hat ihm nicht besonders gefallen, aber der Junge hat Verantwortungsbewusstsein. Er war bis zirka halb zehn da. Dann waren wir bis zur Sperrstunde einen trinken. Reicht dir das?«
    »Ich glaube schon. Wir warten noch auf das Ergebnis der Obduktion, aber der Arzt war sehr sicher, dass es gestern Abend passiert ist. Ich habe mir keine ernsthaften Gedanken wegen des Sergeants gemacht, aber ich wollte ganz sicher gehen. Er könnte uns eine große Hilfe sein.«
    »Komm bloß nicht auf blöde Ideen!«, sagte Dalziel drohend. »Wir liegen hier auch nicht auf der faulen Haut. Mit so was Spektakulärem wie mehrfachem Mord können wir zwar nicht aufwarten, aber irgendjemand muss ja auch die Einbrecher fangen. Und ich brauch Pascoe. Montag sollte er wieder da sein, und Montag erwart ich ihn auch.«
    »Ein paar erfahrene Kriminalbeamte haben wir schon auch«, erwiderte Backhouse kühl. »Ihn brauchen wir, weil er den Vermissten kennt.«
    »Vermissten?«
    »Habe ich das nicht erwähnt? Einer fehlt uns. Der Gastgeber. Der, dem das Cottage gehört. Colin Hopkins. Der Busenfreund von deinem Sergeant.«
    »Aha«, sagte Dalziel. »Du glaubst also, er ist euer Mann?«
    »Ich würde mich gern mit ihm unterhalten«, antwortete Backhouse vorsichtig.
    »Das glaub ich dir aufs Wort!! Egal – du willst also, dass Pascoe euch hilft, seinem Kumpel das anzuhängen? ’n bisschen viel verlangt, meinst du nicht?«
    »Immerhin sind Freunde von ihm ums Leben gekommen«, merkte Backhouse an.
    »Also, er ist ein anständiger Kerl. Ist er da? Lass mich mal mit ihm reden.«
    Backhouse überlegte, mit was für Grobheiten Dalziel jetzt wohl sein Beileid bekunden mochte.
    »Momentan ist er bei Miss Soper. Sie hat einen schweren Schock erlitten.«
    »Dann eben später. Aber Montag will ich ihn wiederhaben. Klar? Ich werde vor der Glotze nach dir Ausschau halten.«
    Sentimentaler Trottel, dachte Dalziel, als er auflegte. Methodisch kratzte er sich von oben bis unten die linke Wade, aber es half nichts.
Ihr Juckreiz kommt von innen
, hatte einmal jemand zu ihm gesagt, dessen Position ihm so viel Kühnheit gestattete. Angewidert blickte er auf den Aktenstapel auf seinem Schreibtisch. Plötzlich erschien er ihm völlig belanglos. Blöde Arschlöcher, die ein Vermögen für hübschen Plunder ausgaben, und sich dann nicht darum scherten, ob er sicher verwahrt war. Da steckte ein System dahinter, ein fehlerhaftes Muster. Immer war irgendwo ein Fehler drin. Hinter diesem Stapel verbarg sich ein Mann, und sie würden ihn schließlich finden. Aber heute, in diesem Augenblick, schien das belanglos.
    So ein Gefühl hatte er nicht oft. Er war nicht der Typ, der seine Arbeit auf die leichte Schulter nahm. Doch jetzt stand er auf und machte sich auf die Suche nach jemandem, mit dem er eine Tasse Tee trinken und über Fußball oder Politik reden konnte.
     
    Die Ungeheuerlichkeit des Geschehenen war Ellie erst richtig zu Bewusstsein gekommen, als sie schon wieder zum Cottage zurückgekehrt war. Sie war nicht hineingegangen, sondern an der weiß getünchten Garage entlang in den Garten. Am Ende des taufeuchten Rasens war ein Wasserlauf zu hören, wenn auch nicht zu sehen, tief eingeschnitten und von Erlen und Salweiden bestanden. Das murmelnde Wasser, der morgenfrische Garten, noch nicht aufgeheizt vom zitronenfarbigen Sonnenlicht, der Abflug eines Weißbrauenstärlings von einem reich tragenden Apfelbaum, all das trug dazu bei, die tote Frau am Fuß der Sonnenuhr und den neben ihr knienden Mann unwirklich erscheinen zu lassen. Allein der Stab der Sonnenuhr, der die duftende Luft wie eine Haifischflosse zerschnitt, hatte etwas Bedrohliches.
    Im Gras rund um die Leiche glänzte mehr als nur der Tau. Glasscherben. Ihr erster Gedanke war intimer, ja häuslicher Natur. Pascoe könnte sich die Hose zerreißen, oder, schlimmer noch, die Knie verletzen.
    Sie wusste, seit ihrem ersten Blick aus dem Fenster, dass Rose tot war. Den Rettungswagen zu rufen, war nichts weiter als eine Geste gewesen, der letzte Versuch eines Ertrinkenden, sich an den Kamm der Welle zu klammern, die ihn hinabziehen wird. Die Hässlichkeit dieser Wahrheit, die sich jetzt offenbarte, als Pascoe die Frau wieder ins Gras legte, versetzte ihr einen viel größeren Schock. Selbst den bewältigte sie vorübergehend, als sie sich auf der Suche nach den anderen zum Cottage umwandte. Pascoe hinderte sie daran, das
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