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Der Lilienpakt

Der Lilienpakt

Titel: Der Lilienpakt
Autoren: Corina Bomann
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ein, wo Papa, meine Brüder und Monsieur Blanchet bereits auf uns warteten. Wieder starrte er mich an. Es war fast so, als wäre ich eine Komödiantin in einem Stück, das nur er kannte.
    Wir setzten uns vor den großen Kamin, in dem das Feuer heftig prasselte.
    »Eure Tochter ist beinahe erwachsen«, hob Blanchet an, nachdem er einen Schluck von dem Gewürzwein genommen hatte, den uns eine Magd gebracht hatte. »Wie sehen Eure Pläne für sie aus? Wollt Ihr sie schon bald verheiraten?«
    Maman blickte zu Papa, dann antwortete sie: »Ich werde mit ihr verreisen, Italien soll zu dieser Zeit wunderschön sein.«
    Diese Worte überraschten mich so sehr, dass ich den Kandiszucker, den ich mir gerade in den Mund schieben wollte, fallen ließ. Als ich meine Mutter fragend ansah, wich sie meinem Blick aus.
    »Eine Reise wird Eurer Tochter sicher guttun«, pflichtete Blanchet ihr bei.
    »Natürlich!«, platzte es aus Papa hervor. Etwas heftig für meinen Geschmack. »Den Damen wird es guttun, die Mauern dieses Schlosses einmal zu verlassen. Neue Eindrücke beflügeln die Seele.«
    Was wurde hier gespielt? Wieso sprachen sie vom Reisen, wo es um unsere Finanzen doch alles andere als gut stand? Wollten sie Blanchet beeindrucken? Das passte nicht zu ihnen!
    Unser Gast musterte Papa und Maman eindringlich, dann hob er seinen Becher an die Lippen und trank. Ich blickte zu Antoine, doch der erforschte offenbar den Grund seines Weinbechers.
    Hier stimmte etwas ganz und gar nicht!
    »Vielleicht sollten wir jetzt über die Aufnahme Eurer Söhne bei den Musketieren sprechen«, beendete Blanchet das unangenehme Schweigen. »Lange werdet Ihr nicht mehr warten wollen, oder?«
    Erwartungsvoll hoben Antoine und Roland die Köpfe.
    »Nein, überhaupt nicht mehr lange«, entgegnete Papa. »Ich wäre Euch sogar sehr verbunden, wenn die Aufnahme so schnell wie möglich vonstattengehen würde. Habt Ihr bereits mit Monsieur de Troisville gesprochen?«
    Blanchet nickte. »Er freut sich darauf, Eure Söhne in seine Obhut zu nehmen. Zumal ihm zu Ohren gekommen ist, dass sie hervorragende Fechter sind. Wenn Ihr wollt, können die jungen Herren bereits nächste Woche in die Kaserne kommen. Ihre Plätze im Zweiten Regiment sind so gut wie sicher, nachdem der Kommandant von ihren Fechtkünsten gehört hat.«
    Nächste Woche! Das war eine Überraschung.
    »Aber Vater!«, platzte es aus Roland heraus. »Ich dachte, wir sollten erst in einem Monat …«
    »Eine Woche geht vorbei und ein Monat ebenfalls«, entgegnete Papa und deutete auf Antoines Arm. »Nachdem ihr heute wieder einmal bewiesen habt, dass eurer Kopf voller Flausen ist, bin ich zu dem Schluss gekommen, Monsieur Blanchets Angebot anzunehmen. Es wird Zeit, dass richtige Männer aus euch gemacht werden, denen die Pflicht wichtiger ist als das Vergnügen.«
    »Papa, wir …«, fing Roland erneut an und warf Bernard einen vorwurfsvollen Blick zu. Immerhin war die Jagd dessen Idee gewesen.
    »Das ist mein letztes Wort, Monsieur Blanchet wird alles für euren Einzug vorbereiten. Und ihr werdet die kommende Woche damit verbringen, zu packen.«
    Auf einmal wurde es still, Antoine stürzte eilig seinen Wein hinunter, Roland sah aus, als hätte er sich den Magen verdorben. Auch mir gefiel es nicht, dass sie jetzt schon gehen sollten. Wer sollte Wache halten, wenn ich im Weiher baden wollte? Bei wem sollte ich mich beklagen, wenn Bernard wieder versuchte mich zu erziehen? Wem konnte ich die Grimassen der Madame Poussier vorführen und mit ihm darüber lachen?
    Ich suchte Antoines Blick, aber er sah zu Roland, Bernard wirkte von allen noch am heitersten, doch er musste das Schloss ja auch nicht verlassen. Wir hingegen wurden fortgeschickt.
    Ich wünschte mir auf einmal, Blanchet wäre unterwegs von Räubern überfallen worden.
    Den restlichen Abend verbrachten wir mit Anekdoten aus dem Quartier der Musketiere, Politische Themen kamen nicht zur Sprache. Auch vom nahenden Tod des Königs wurde nicht geredet.
    Da Monsieur Blanchet in aller Frühe aufbrechen wollte, beendeten wir unsere Runde zwei Stunden vor Mitternacht und zogen uns in unsere Gemächer zurück.
    Das heißt, die anderen zogen sich zurück, ich huschte jedoch zu Antoines Schlafkammer und kratzte an der Tür.
    Als er öffnete, waren seine Augen gerötet. Was war los?
    »Darf ich hineinkommen?«, fragte ich. »Ich möchte mir deinen Arm noch einmal anschauen.«
    Antoine nickte und trat beiseite. Sein Zimmer war unordentlich. Hatte er bereits
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